Lebensgemeinschaft im Bröltal Hand in Hand auf dem Eichhof

MUCH · Sina Ringel war vor einem Jahr die Jungfrau des ersten Eichhof-Dreigestirns. Sie arbeitet im Bioladen, der zur Lebensgemeinschaft Eichhof im Bröltal bei Much gehört. Über 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon rund 150 Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung, sind die Stützen des Betriebs. "Ich bin immer bei Monika", erzählt Sina Ringel und lacht die Leiterin des Bioladens an.

 Vertieft in ihre Aufgaben: Katja Lindner gefällt die Arbeit in der Kerzenzieherei (links) und in der Metall-Manufaktur arbeitet Nils Luther konzentriert an einem Kerzenständer.

Vertieft in ihre Aufgaben: Katja Lindner gefällt die Arbeit in der Kerzenzieherei (links) und in der Metall-Manufaktur arbeitet Nils Luther konzentriert an einem Kerzenständer.

Foto: Elisa Miebach

Monika Wenner sagt: "Die Arbeit mit den betreuten Kollegen ist so anstrengend wie auch schön. Ich bin sehr gerne hier. Wir arbeiten Hand in Hand. Sina weiß selbst, was zu tun ist." Gerade füllen die beiden Frauen die Regale auf.

So viele Produkte wie möglich kommen vom eigenen Hof, darunter etwa die Eier von den 120 Eichhof-Hühnern. "In der Landwirtschaft sind 32 Mitarbeiter plus Betreuer beschäftigt", sagt Georg Rothmann, der Geschäftsführer des Eichhofs: "Hier finden auch Menschen mit großem Unterstützungsbedarf Arbeit, die ihren Bedürfnissen angepasst ist."

Der Eichhof beliefert auch Bioläden in der Region und produziert nach Demeter-Standard. Das heißt unter anderem, dass keine Pestizide oder Kunstdünger verwendet werden.

Neben dem heutigen Hühnerstall steht das ursprüngliche Bauernhaus. Eine kleine Elterngemeinschaft hatte dies 1994 gekauft und in zwei Jahren in Eigenleistung renoviert. Aus ihrem Wunsch, für ihre Kinder mit Behinderung einen besonderen Ort zum Leben zu schaffen, ist in neun Jahren ein ganzes Dorf mit vielfältigen Angeboten entstanden.

Dazu gehören eine hofeigene Bäckerei, eine Schreinerei, eine Töpferei, eine Metall- und Universalwerkstatt, eine Kerzenzieherei sowie der eigene Bioladen.

Nach der Ankunft auf dem Eichhof erhält jeder betreute Mitarbeiter eine Einführung in die Abläufe der Werkstatt, vor allem in die Arbeitssicherheit. Dabei werde sehr auf die Fähigkeiten und Neigungen der Beschäftigten geachtet, so Rothmann.

"Ich habe fünf Jahre in der Schreinerei gearbeitet. In der Kerzenwerkstatt gefällt es mir aber besser", sagt etwa Katja Lindner, während sie gekonnt die Enden der Kerzen glättet. Die Produkte werden dann im eigenen Laden, auf Handwerkermärkten oder online verkauft. "Unsere Idee ist es, das Produkt vom Rohstoff bis zum fertigen Objekt hier herzustellen. So wird auch der Wert der Arbeit sichtbar", sagt Rothmann.

Das Holz für die Schreinerwerkstatt stammt beispielsweise aus dem Forst gegenüber dem Eichhof.

Viele Zutaten für das eigene Mittagessen kommen ebenso vom Hof oder aus der Region. "Wir kochen selbst und alles ist bio", erzählt Rolf Mittag, Mitarbeiter in der Küche: "Heute gibt es Bärlauchrisotto mit Schafskäse und Salat." Das Mittagessen wird im Haus der Begegnung zubereitet und serviert.

Im großen Saal finden übers Jahr viele Veranstaltungen statt. "Wir laden gerne Künstler und Gäste auf den Eichhof ein oder bringen selbst etwas auf die Bühne", erzählt Georg Rothmann. Für September ist die Aufführung des Stücks "König Midas" geplant. "Das Theaterspielen fördert gleichzeitig die Sprache, den Ausdruck, Haltung, Konzentration, Selbstbewusstsein und den Teamgeist", sagt Rothmann.

Die Aufführungen der Theatergruppe mit viel Publikum aus der Region seien immer wichtige Erlebnisse der Begegnung. Das eigene Orchester des Eichhofs gibt regelmäßig und erfolgreich Konzerte.

Die 28 Musiker spielten sogar schon bei der Aktion "Bühne frei für Beethoven" des Bonner Beethovenfests. Für die Bewohner gibt es vielfältige Freizeitangebote: von der Reittherapie über die Vorlesegruppe bis hin zu Karate.

"Auf einer der regelmäßigen Vollversammlungen, dem Eichhofkreis, ist die Idee entstanden, einen eigenen Friedgarten für verstorbene Bewohner und ihre Angehörigen anzulegen", erzählt Rothmann. Wie vieles auf dem Eichhof lebe dieses Gremium durch das Engagement aller, so der Leiter.

Einige Jugendliche und junge Erwachsene verbringen im Eichhof ein Praktikum, einen Bundesfreiwilligendienst, ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr. Ein wichtiger Ort der Begegnung ist auch der Bioladen.

"Viele Leute aus der Umgebung verweilen auch noch in unserem Bio-Café", erzählt die Leiterin des Ladens, Monika Wenner. Ihre Kollegin mit Down-Syndrom erkundigt sich gerade nach dem Wunsch eines Gastes. Sina Ringel, die Jungfrau des Eichhof-Dreigestirns 2013/14, fachsimpelt derweil mit Georg Rothmann und einer Kundin über die letzten Fußballergebnisse.

www.eichhof.org

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