Prozess gegen Paar aus Rhein-Sieg-Kreis Bordellbetreiber wegen Steuerhinterziehung vor Gericht

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · Ein Paar aus dem Rhein-Sieg-Kreis soll rund 836.000 Euro Umsatzsteuer unterschlagen haben. Die beiden 55-Jährigen betrieben bis 2016 einen Sauna-Club in Hennef. Nun müssen sie sich vor Gericht verantworten.

 Die Betreiber eines mittlerweile geschlossenen Bordells in Hennef stehen vor dem Landgericht in Bonn.

Die Betreiber eines mittlerweile geschlossenen Bordells in Hennef stehen vor dem Landgericht in Bonn.

Foto: picture alliance/dpa/Andreas Arnold

Die beiden Angeklagten waren wohl eher zufällig ins Rotlichtmilieu gerutscht: Lange Jahre hatte das Paar einen Imbisswagen am Köln-Bonner Flughafen betrieben, dann machten die beiden heute 55-Jährigen Bekanntschaft mit einem Siegburger Clubbetreiber. Der Entschluss, zunächst dessen Etablissement zu übernehmen und dann in einer Nachbargemeinde selbst einen Sauna-Club zu gründen, sei eher spontan gefallen, führten die Anwälte der beiden am Mittwochmorgen aus. Die Geschäftsidee nahm nämlich keinen guten Ausgang und so müssen sich die beiden derzeit vor der 7. großen Wirtschaftsstrafkammer am Bonner Landgericht verantworten. Der Vorwurf: Sie sollen den Finanzbehörden zwischen 2008 und 2015 rund 836.000 Euro Umsatzsteuer vorenthalten haben.

Ganz schlecht kann der exklusive Nachtclub also nicht gelaufen sein. Rund acht Jahre lang zog das Etablissement mit seinen beiden Bars, zwei Saunas und einem Whirlpool die vornehmlich männliche Kundschaft aus der Region an. Zunächst führten die beiden Angeklagten die Geschäfte gemeinsam, nach der Trennung des Paares im Jahr 2012 machte die Angeklagte dann alleine weiter. Bis zu 20 Mitarbeiterinnen sollen für erotische Massagen, Escort-Dienste oder auch Table-Dance-Vorstellungen zuständig gewesen sein. Im Herbst 2015 jedoch klopften die Steuerfahnder an die Bordelltüre.

Die hatten so einiges zu bemängeln, unter anderem eine kreative doppelte Buchführung. Offenbar waren die tatsächlichen Einnahmen im Internet in einer sogenannten „Web-Kasse“ verzeichnet, deren Bestand sich deutlich von dem in den offiziellen Büchern unterschied. Zwar wurden die Daten auf dem Betriebscomputer täglich wieder gelöscht. Die Zugangsdaten zu der „Cloud-Kasse“ fielen den Fahndern aber auf einem Ausdruck auf und die Übersicht der tatsächlichen Einnahmen befand sich noch immer auf den Servern.

Reich geworden sind die beiden Angeklagten mit ihrem Geschäft allerdings nicht: Nachdem das Etablissement 2016 für immer seine Pforten schließen musste, versuchten sie sich erneut erfolglos im Imbissgeschäft. Heute lebt der Mann von staatlichen Transferleistungen und seine frühere Partnerin bezieht eine Witwenrente aus einer früheren Ehe.

Obwohl die Kammervorsitzende eine durchaus nicht zu verachtende kriminelle Energie insbesondere des bereits vorbestraften Mannes konstatierte, fanden Verständigungsgespräche zwischen den beteiligten Parteien statt: Weil sich womöglich auch die Steuerbehörden in der Sache nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, könnten beide mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Das Finanzamt soll nämlich bereits im Jahr 2010 von möglichen Unregelmäßigkeiten erfahren haben. Dazu komme eine gewisse „Zweizüngigkeit“ der Finanzbehörden, sagte die Richterin. Damit spielte sie auf das sogenannte „Düsseldorfer Modell“ an, nach dem die Einnahmen aus Prostitution einer doppelten Besteuerung unterliegen. Neben einer pauschalen Abgabe pro Tag und Dame muss der Bordellbetreiber nämlich die gesamten Einnahmen zusätzlich zu 100 Prozent versteuern.

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