Selfies aus Hennef Ein Selbstporträt der Kamera

Hennef · Der Fotograf Jürgen Novotny aus Hennef macht Kamera-Selfies und kritisiert damit den Trend zur Selbstdarstellung. Internationale Medien sind auf ihn aufmerksam geworden.

 Einfach und minimalistisch: Damit die Kamera-Selfies entstehen können, benötigt es einen Fotografen, eine Kamera und eine passende Tapete.

Einfach und minimalistisch: Damit die Kamera-Selfies entstehen können, benötigt es einen Fotografen, eine Kamera und eine passende Tapete.

Foto: Stephanie Roller

Bereits in der Antike, so munkelt man, soll es erste Selfies – damals noch unter dem Begriff Selbstbildnis bekannt – gegeben haben. In der Renaissance entwickelte sich dieser Trend weiter und etabliert eine eigene Kunstform. Bis zum Einsatz moderner Smartphones: Plötzlich tauchen überall Selfies auf, ein Massenphänomen weitab von Kunst, aber näher an der Selbstdarstellung denn je.

Der Fotograf Jürgen Novotny ließ sich von diesem Trend inspirieren und dreht den Spieß um. Warum nicht einmal eine Kamera sich selbst, statt farbenfroher Teenager, fotografieren lassen? Die Idee zur Karikatur zum aktuellen Selfietrend war geboren. Seine Kritik, und damit das erste Kamera-Selfie, wurde im August 2014 realisiert und schaffte damit die Wende zurück zur Kunst. Novotny platziert eine Bilora Bella aus dem Jahr 1959 im Rahmen ihrer Zeit, selbstverständlich mit passender Tapete. Damit wählte er eine Kamera, die sechs Jahre älter ist, als er selbst.

Novotny wurde 1965 in Köln geboren. Es ist das Jahr, als der Kosmonaut Alexei Archipowitsch Leonow als erster Mensch ein Raumschiff im Weltraum verlässt und im deutschen Kino zum ersten Mal ein Italowestern - selbstverständlich mit Clint Eastwood - läuft.

Vielleicht ein Vorzeichen, welchen Weg Novotnys Leben später einmal nehmen wird. Denn bevor der studierte Diplomingenieur sein Faible für alte Kameras zu Bilde bringt, wagte er als Ingenieur beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt den Blick zu den Sternen.

Die Leidenschaft für die Fotografie packte den heutigen Hennefer bereits in jungen Jahren. „Ich war damals sechs Jahre alt und mit meinen Eltern in Österreich im Urlaub. Mein Vater schenkte mir seine Agfa Silette 1, die ich auch heute noch habe. Mit dieser Kamera habe ich erst einmal herumgespielt. Richtig gepackt hat es mich dann mit zehn, elf Jahren. Da habe ich mich hingesetzt und ein Buch durchgearbeitet. Da wurde mir dann Einiges klarer.“

Novotny hat im Laufe der Zeit viele Motive vor der Linse gehabt. Doch mit den Kamera-Selfies kam die Leidenschaft für Stillleben. „Ich war in einer Galerie in Köln und habe dort Bilder eines Fotografen gesehen, der Figuren aus einem alten Tischfußballspiel ganz nah fotografiert hat.

Da kam mir dann die Idee, Kameras zu fotografieren. Das haben schon viele gemacht, aber ich habe mich gefragt: Habe ich schon mal gesehen, dass Kameras zumindest so tun, als ob sie sich selbst fotografieren?“ Der Fotograf besorgte sich zeitlich passende Tapeten und das Puzzle setzte sich langsam zusammen. Sein Faible für Skurriles war das letzte Teilchen, damit passte alles.

„Ich mag Wes Andersons Bildsprache. Oder Stanley Kubricks. Diese Zentralperspektive und wie sie mit den Farben spielen. Außerdem mag ich Pop Art. Wie man mit wenigen Elementen minimalistische, skurrile Wirkungen erzeugen kann, das finde ich faszinierend.“

Seine Idee kommt an. Nicht nur deutsche Medien sind auf den Hennefer aufmerksam geworden. Internationale Medien wie der amerikanische Fernsehsender CNN, die italienische Zeitung „La Repubblica“ oder das Fotografennetzwerk Lensculture haben seine Fotografien bereits genau unter die Lupe genommen.

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