Abriss der Steimel-Villa in Hennef Ein Trümmerhaufen und der Denkmalschutz

Hennef · Nach dem eigenmächtigen Abbruch der Steimel-Villa in Hennef prüfen Denkmalschützer des Landschaftsverbandes derzeit, was noch zu retten ist. Die Stadt spricht von einem illegalem Abriss und hat die Baustelle versiegelt.

Der Aufschrei war groß, als die bedeutende Villa des Architekten Oswald Ungers von den Eigentümern im März in einer Nacht- und Nebelaktion abgerissen wurde. Schließlich wollte die Stadt den 1962 errichteten Bau an der Beethovenstraße unter Denkmalschutz stellen. Das will sie nach wie vor, auch wenn die Villa nur noch eine Ruine ist. Retten, was zu retten ist, lautet die Devise. Den Eigentümer hat die Stadt über die vorläufige Unterschutzstellung informiert.

Laut Verwaltung sollen die Gebäudereste gesichert werden, damit das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) den Wert des Gebäudes mit dem zugehörigen Garten aus fachlicher Sicht beurteilen kann. Derzeit prüft ein Fachbüro im Auftrag des LVR, welche Teile der Gebäudereste noch schützens- und erhaltenswert sind. Mit Ergebnissen dieser Dokumentation wird in den nächsten Wochen gerechnet.

Außerdem verfolgt die Stadt Hennef den widerrechtlichen Abbruch als Ordnungswidrigkeit und prüft, ob eine Straftat vorliegt. Wie es weiter geht, wie der LVR die Lage einschätzt und was Sophia Ungers, Tochter des Architekten, sagt – das hat der GA zusammengetragen.

Was ist die Ungers-Villa?

Für Architekturfans auf jeden Fall ein „Leckerbissen“, da es sich bei dem Gebäude, das im Volksmund auch Steimel-Villa genannt wird (als Verweis auf den Namen des Besitzers) um ein frühes Werk des international bekannten deutschen Architekten Oswald Mathias Ungers (1926-2007) handelt. Er entwarf und errichtete den modernen Bau 1962 im Auftrag des inzwischen verstorbenen, ehemaligen Besitzers Heribert Steimel.

War die Ungers-Villa ein Denkmal?

Nein, zum Zeitpunkt des Abrisses Mitte März noch nicht. Allerdings hatte es Anfang des Jahres Gespräche mit den Eigentümern zu diesem Thema gegeben, bei denen auch das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) einbezogen war. Es sollte eine Bewertung vorgenommen werden, und für den 31. März war auch ein Treffen der Unteren Denkmalbehörde der Stadt mit den Eigentümern vereinbart worden. Da sollte dann geklärt werden, ob das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wird. Vor diesem Termin hat sich die Eigentümergemeinschaft allerdings entschlossen, das Gebäude abzureißen. Die Eigentümer haben sich auf GA-Anfrage bislang nicht geäußert.

War der Abriss illegal?

Laut Stadt in jedem Fall. „Ab einer Menge von 300 Kubikmetern umbauter Raum ist für einen Abriss eine städtische Genehmigung erforderlich“, sagte Stadtsprecherin Mira Steffan auf GA-Anfrage. „Hier handelt es sich sogar um 800 Kubikmeter umbauten Raum, und eine Abrissgenehmigung lag nicht vor. Deshalb wurde die Baustelle versiegelt.“

Wem gehört die Ungers-Villa?

Nach dem Tod von Hildegard Steimel im vergangenen Jahr sind ihre Erben Besitzer des Gebäudes.

Muss die Erbengemeinschaft mit rechtlichen Konsequenzen rechnen?

Laut Bürgermeister Klaus Pipke, ja. „Der nicht genehmigte Abbruch wird als Ordnungswidrigkeit verfolgt. Darüber hinaus wird geprüft, ob das Vorgehen Straftatbestände erfüllt“, erklärte Pipke.

Wie bewertet der LVR die Vorgehensweise der Erbengemeinschaft?

Für Ulrike Schwarz, Wissenschaftliche Referentin im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland ist dieser Abriss ein „recht ungewöhnlicher Fall“. „Eigentlich stand ja noch ein Besichtigungstermin mit den Besitzern aus, um die Denkmalschutzfrage zu klären“, so Schwarz auf Anfrage. Zwar sehen die Reste des Gebäudes laut Schwarz oberflächlich betrachtet wie ein Trümmerhaufen aus. Allerdings seien Teile des Gebäudes wie Küche und Diele bei den Abbrucharbeiten nicht zerstört worden.

Vorläufig sei das Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen, so die Expertin weiter. Ein Fachbüro überprüft derzeit die Substanz der Gebäudereste. Dazu gehören auch Erdwälle und ein Senkgarten, der von Ungers angelegt worden war. Eine Dokumentation der Prüfungsergebnisse soll dann laut Schwarz Klarheit schaffen. „Zunächst ist eine bauhistorische Untersuchung notwendig, um zu ermitteln, in welchem Umfang die ursprüngliche Bausubstanz noch bewahrt ist und um diese auch zu dokumentieren. Zugleich muss durch ein statisches Gutachten Art, Grad und Umfang der Schäden erfasst werden. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann über die weiteren Maßnahmen entschieden werden“, sagt Schwarz.

Bestehen noch Urheberrechte bei der von Oswald Mathias Ungers entworfenen Villa?

Nein. Laut Sophia Ungers, Tochter des 2007 verstorbenen Architekten Ungers und Leiterin des Kölner Ungers-Archivs, erlischt dieses Urheberrecht „kurioserweise“ bei einem Abriss. Nur bei Veränderungen am bestehenden Gebäude könnte das Urheberrecht geltend gemacht werden.

Wie bewertet Sophia Ungers den Umgang mit der Arbeit ihres Vaters?

„Der Abriss dieses besonderen Hauses ist eine Schande. Und es ist auch eine Schande, wie die Besitzer mit ihrem Elternhaus umgegangen sind“, so Sophia Ungers auf Anfrage. „Ich war äußerst schockiert, als ich von dem Abriss erfuhr. Im Sommer 2016 hatten wir noch eine Ausstellung gezeigt, die sich mit den frühen Arbeiten meines Vaters beschäftigte. Dazu gehörte auch die Hennefer Villa, die alleine aufgrund ihrer Geometrie ein ganz besonderes Haus ist. Ich war auch in Hennef und hatte mir das Gebäude angeschaut. Zwar war die Villa aufgrund eines Brandes sehr renovierungsbedürftig, aber das wäre alles machbar gewesen“, ist sich Sophia Ungers sicher.

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