Schiedsmann in Hennef Friedrich Richter schlichtet seit 30 Jahren Streit

HENNEF · Ruhig und abgeklärt sitzt er da. Dass er in diesem Jahr bereits seinen 85. Geburtstag gefeiert hat, sieht man ihm nicht an. Der Mann, der als Finanzwirt für ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen gearbeitet hat, wollte im Ruhestand nicht untätig sein. So wurde der gebürtige Westerwälder Friedrich Richter vor 30 Jahren zunächst stellvertretender, ab 1984 dann 1. Schiedsmann der Stadt Hennef.

 Vielfach engagiert: Friedrich Richter denkt auch mit 85 Jahren noch nicht ans Aufhören.

Vielfach engagiert: Friedrich Richter denkt auch mit 85 Jahren noch nicht ans Aufhören.

Foto: Ingo Eisner

Am kommenden Montag ehrt ihn Bürgermeister Klaus Pipke in der Ratssitzung für sein ehrenamtliches Engagement. "Ich habe immer gerne meine Ehrenämter ausgefüllt. Es muss einfach Spaß machen", sagt Richter dazu schlicht.

40 bis 50 Fälle habe er während der ersten Jahre seiner Schiedsmann-Tätigkeit bearbeitet. Später wurden es weniger. "Damals war da noch sehr viel Strafrecht dabei. Wenn es in einer Diskothek zwischen zwei Männern eine Auseinandersetzung um eine Frau gab, bei der dann auch mal eine Kopfnuss ausgeteilt wurde, landeten die Kontrahenten meistens bei mir", erinnert sich Richter. Er weiß auch warum. "Wenn die Sache vor Gericht gegangen wäre, hätte es ja für einen unter Umständen eine Vorstrafe und einen Eintrag ins Führungszeugnis gegeben. Bei mir konnte die Angelegenheit ohne diese Konsequenzen beigelegt werden."

Mit gesundem Menschenverstand, Lebenserfahrung, eisernem Nervenkostüm und stoischer Ruhe meisterte Richter auch die kompliziertesten Fälle, ob nachbarschaftliche Auseinandersetzungen oder Rufschädigungen. Für die Verhandlung der einzelnen Fälle hat er im Rathaus ein Büro, seine Sprechstunde hat er auf die Zeit nach 18 Uhr gelegt, "damit sich niemand extra Urlaub nehmen muss". Grundsätzlich gilt in Hennef: Es ist besser sich bei Richter zu einigen, als schlussendlich vor dem Richter zu stehen.

"Gehen sie mal zum Richter" - das sagen auch viele Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder der Polizei, wenn Menschen mit Problemen zu ihnen kommen.

Friedrich Richter hat immer ein offenes Ohr und hilft, wo er kann. Dabei bleibt der Vater von zwei Kindern und fünffache Großvater immer bodenständig und hat viel Verständnis für die Sorgen und Nöte der Menschen. "Nur nicht überheblich werden. Das habe ich auch meinen Kindern beigebracht", sagt der passionierte Briefmarken- und Münzsammler.

Die Schiedsmannaufgabe ist nicht das einzige Ehrenamt des 85-Jährigen: Er hat den Hennefer Altenhilfeverein ins Leben gerufen, ein Seniorenbüro im Rathaus eröffnet und den Verein "Hilfe zur Arbeit" gegründet. "Ein Langzeitarbeitsloser hat mir aus Dankbarkeit dafür, dass ich ihm über den Verein wieder Arbeit verschafft habe, einen Lachs geschenkt, den er für mich gefangen hat", erzählt Richter. Im Zuge der Altenhilfe bietet er regelmäßig in den Hennefer Altenheimen Sprechstunden an. Dann hört er sich die Probleme der Bewohner an, hilft beim Aufsetzen eines Testaments oder einer Patientenverfügung und begleitet sie auch mal zum Notar.

Er habe bereits darüber nachgedacht, sich zur Ruhe zu setzen, aber nächstes Jahr werde er in jedem Fall noch ehrenamtlich tätig sein. "Ich werde eine Vertreterin für die Schiedsmanntätigkeit einarbeiten", kündigt Richter an. Ob der Träger des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland dann wirklich zum Ruheständler wird, bleibt abzuwarten. "Es gibt noch viel zu tun und ich fühle mich noch fit", sagt er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort