Haus "schluckt" nur drei Liter Öl

HENNEF · In Hennef entsteht eine Klima schonende Siedlung, die dem Bau-Standard von 2020 entspricht. In drei Wochen ist Baubeginn der ersten acht Drei-Liter-Häuser im Neubaugebiet "Siegbogen.

 Klimaschutzsiedlung in Troisdorf-Oberlar: Ähnliche Häuser entstehen in Hennef.

Klimaschutzsiedlung in Troisdorf-Oberlar: Ähnliche Häuser entstehen in Hennef.

Foto: Axel Vogel

Das Drei-Liter-Auto ist wohl den meisten bekannt. Dass es aber auch Drei-Liter-Häuser gibt, wissen noch nicht so viele. Dabei ist diese Art des Bauens zukunftsfähig und schont nebenbei Geldbeutel und Umwelt. In drei Wochen ist Baubeginn der ersten acht Drei-Liter-Häuser im Hennefer Neubaugebiet "Siegbogen". Architekt Werner Piel erwirkte Fördermöglichkeiten aus dem Landestopf "100 Klimaschutzsiedlungen für NRW".

"Nach diesen strengen Richtlinien werden die Häuser gebaut", erklärt der Fachmann. Bemerkenswert sind die Zahlen, die sich hinter den bestens gedämmten Fassaden verbergen: Ein Haus, das die Gesellschaft Protec Futur 2001 plant und errichtet, entlässt pro Jahr lediglich neun Kilogramm Kohlendioxid je Quadratmeter Wohnfläche in die Atmosphäre.

"Bei einem herkömmlichen Durschnittshaus sind es zwei Drittel mehr umweltbelastendes Gas." Die "drei Liter" in der Bezeichnung des Hauses deuten auf den tatsächlichen Heizölverbrauch pro Quadratmeter und Jahr hin. Zum Vergleich: In Deutschland verbrauchen Hausbewohner durchschnittlich zwischen 13 und 18 Liter Öl pro Quadratmeter, um die Heizung und die Warmwasserbereitung in Gang zu halten.

"Möglich ist dieser Spareffekt durch die Wärme-Rückgewinnung unseres Heizsystems", erklärt Piel. 60 Prozent des Energiebedarfs des Gebäudes würden so gedeckt. Dank der dreifach isolierten Fenster und einer 24 Zentimeter dicken Wärmedämmung heizen quasi die Bewohner das Haus mit. "Bei solch dichten Gebäuden denken viele natürlich gleich an Kältebrücken und Schimmel wegen zu geringer Lüftung", so Piel.

Diese Sorgen seien jedoch bei den Klimaschutzhäusern unbegründet: Dank eines ausgetüftelten Lüftungssystems bleibe das Klima auch im Inneren des Hauses besser als man denkt. "Viele, die den ganzen Tag über bei der Arbeit waren und abends die Haustür aufschließen, kommen in eine stickige Bude. Unsere Häuser sind jederzeit mit Frischluft belüftet und dabei bestens temperiert."

Kreuzgegenstrom-Wärmetauscher machen es möglich. Dank eines Aktivkohlefilters haben Allergiker eine Sorge weniger: Frische Luft ohne Pollen ist sonst wohl nur in einem entsprechend ausgerüsteten Auto zu kriegen. Sollte zugeheizt werden müssen, wird dies über eine Gasbrennwerttherme geregelt.

Zwischen 102 und 135 Quadratmeter groß werden die Häuser im "Siegbogen" sein, die Nebenkosten sind überschaubar. "Durchschnittlich müssen für die Heizkosten kaum mehr als 50 Euro im Monat ausgegeben werden", berichtet Piel, der selbst ein Haus bewohnt wie es im "Siegbogen" geplant ist.

Für die neuen Bauten werde eine Lebensdauer von 80 Jahren angenommen, genau wie für Häuser konventioneller Bauweise. "Solchen Häusern gehört aber die Zukunft", davon ist Piel fest überzeugt. Schon heute entsprechen die Gebäude den Vorschriften zum Klima schützenden und emissionsarmen Bauen, die in Deutschland ab 2020 aufgrund von EU-Vorschriften gelten werden.

Dass die Anforderungen im Bereich Umweltschutz und Energieeffizienz steigen werden, davon ist unter anderem auch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation überzeugt. Fachleute gehen davon aus, dass in knapp zehn Jahren rund 85 Prozent der Bestandsimmobilien saniert werden müssen.

Entscheidend ist die DämmungNiedrigenergiehäuser, Drei-Liter-Häuser, Passivhäuser - klimaschonende Gebäude sind nach Energieverbrauch klassifiziert. Verbraucht ein Haus maximal sieben Liter Heizöl oder 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr, dann ist es ein Niedrigenergiehaus. Bei einem Verbrauch von drei Litern oder 34 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr gelten Gebäude als Drei-Liter-Häuser, was dem Passivhaus-Standard nahe kommt (1,5 Liter Heizöl/15 Kilowattstunden).

Das Passivhaus, das nach dem Thermoskannen-Prinzip funktioniert, ist damit die sparsamste Variante. Allerdings sei ein Neubau fünf bis zehn Prozent teurer als ein nach dem derzeit gültigen Energiestandard konventionell gebautes Haus, so die Bornheimer Architektin und Energieberaterin Monika Brölingen. Ihr Tipp: "Man muss außer den Investitionskosten auch die Betriebskosten betrachten." Durchschnittlich 20 Prozent höher fallen die Kosten aus, wenn ein Bestandsgebäude nach Passivhaus-Standard saniert wird.

Laut einer Studie der Deutschen Energieagentur kostet die Dämmung der Fassade 75 bis 170 Euro pro Quadratmeter. Die Quadratmeterpreise liegen für die Innendämmung bei 35 bis 60 Euro, für die Dämmung der obersten Geschossdecke bei 20 bis 35 Euro. Beim Dach reicht die Spanne von 100 bis 120 Euro, beim Keller von 15 bis 40 Euro; der Austausch der Fensterverglasung kostet 100 bis 150 Euro pro Quadratmeter. Und beim Einbau eines Wärmetauschers und eines Lüftungssystems werden je nach Größe 12 000 bis 25 000 Euro fällig.

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