Umweltpolitik im Rhein-Sieg-Kreis Hennef erklärt Klimanotstand – Siegburg nicht

SIEGBURG/HENNEF · CDU/FDP stören sich in der Kreisstadt an der Begrifflichkeit und verabschieden im Rat ein ähnliches Paket unter eigenem Namen. Im Hennefer Ausschuss für Klima- und Umweltschutz fällt die Entscheidung einstimmig.

Manchmal hakt es bei Entscheidungen nur an Formulierungen, obwohl sich im Kern doch alle einig sind. Im Fall des Klimaschutzes ist das sowohl in Siegburg als auch in der Nachbarstadt Hennef so. Beide Kommunen halten den Kampf gegen den Klimawandel hoch, beide haben ein Integriertes Klimaschutzkonzept verabschiedet, in beiden Städten gab es nun aber auf politischer Ebene Diskussionen um die Ausrufung des Klimanotstands. Während sich Hennef schließlich doch mit eigenen Akzenten der bundesweiten Initiative anschloss, reihte sich die Kreisstadt nicht in den Reigen ein. Gegen die Stimmen von SPD, Grünen und Linke beschloss der Rat auf Antrag von CDU und FDP lediglich, dass die Stadt unter dem Titel „Siegburg Klimaschutz aktiv“ ihre bisherigen Aktivitäten zum Schutz des Klimas, Projektpläne und weitere Schritte intensiviert.

Es ist der Begriff „Notstand“, an dem sich in Siegburg zumindest die Koalition aus CDU und FDP stört. Wie berichtet, setzte sie daher im Vorfeld des Rates auf einen eigenen Antrag, der vieles aufnimmt, was Attac Rhein-Sieg und Naturschutzorganisationen aus der Region in ihrer Resolution zur Ausrufung des Klimanotstandes fordern. Und zudem auflistet, was die Stadt bereits in Sachen Klimaschutz unternimmt. Überflüssig fand Hans-Werner Müller von den Grünen den CDU/FDP-Antrag. „Er enthält Dinge, die wir alle, fraktionsübergreifend schon einmal beschlossen haben“, sagte er am Donnerstagabend im Rat. Seine Fraktion unterstütze daher den ursprünglichen Attac-Antrag.

Jugendliche halten Plakate hoch

„Wir sind uns doch im Grunde alle einig“, betonte Ömer Kirli (SPD). Das Problem sei in Siegburg erkannt, und der Rat sei sich über alle Fraktionsgrenzen hinweg einig, dass konsequentes Handeln zum Schutz des Klimas nötig sei. Die Ausrufung des Klimanotstandes sei als Signal zu verstehen, ergänzte Michael Keller (SPD), weswegen auch seine Fraktion keine Notwendigkeit für eine Änderung des Attac-Antrags sah.

Doch eben diese Änderung beantragte CDU-Fraktionschef Jürgen Becker – und setzte sie mit den Stimmen der Mehrheitskoalition aus CDU und FDP schließlich auch durch. Weswegen die Frage nach der Ausrufung des Klimanotstands im Siegburger Rat gar nicht erst zur Abstimmung kam.

Abgestimmt hat das Gremium am Ende einer langen Diskussion – während Jugendliche im Wechsel ein „Fridays for future“-Plakat hochhielten – nur noch über den Antrag von CDU und FDP. Die daraufhin im Rat aufbrechende Empörung versuchte Bürgermeister Franz Huhn zu mildern: „Wir sind uns bislang immer bei allen Maßnahmen, die das Klima langfristig positiv beeinflussen, einig gewesen. Ich will nicht, dass der Eindruck entsteht, dass wir uns bei dem Thema auseinanderbewegen.“

Klimaschutz ist nicht kostenlos

Lang war auch die Diskussion, die sich am Vorabend im Hennefer Ausschuss für Klima- und Umweltschutz am Antrag der Grünen zur Ausrufung des Klimanotstands entbrannte. Am Ende einigte sich Ausschuss aber schließlich auf eine Mischfassung aus dem Antrag der Grünen und dem Beschlussvorschlag der Verwaltung. Demnach ruft Hennef wie viele andere Städte den Klimanotstand aus, erkennt die erforderlichen, erhöhten Anstrengungen zur Begrenzung des Klimawandels an und benennt künftig konkrete Handlungsschritte. Dieser von der Verwaltung formulierte Passus fasst die Kernaussage des Grünen-Antrags in der endgültigen Beschlussfassung zusammen.

„Es ist wichtig, dass diese Entscheidung von allen getragen wird“, sagte der Ausschussvorsitzende Matthias Ecke (Grüne). „Klar ist aber auch, dass es Geld kosten wird. Klimaschutz ist nicht kostenlos.“ Die Verwaltung verwies auf die finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt, die nicht komplett ausgeblendet werden dürften. „Daher ist es wichtig, konkrete Handlungsfelder zu benennen“, sagte der Beigeordnete Michael Walter. „Ich muss schon wissen, was wir tun sollen.“ Er stellte heraus, dass in Sachen Klimaschutz in Hennef bereits einiges gemacht worden sei. 2016 hatte die Stadt ein integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen. An der Entwicklung und Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs arbeitet die vor anderthalb Jahren eingestellte Hennefer Klimaschutzmanagerin Heike Behrendt.

Städte wie Bonn, Münster, Konstanz, Kleve, Kiel und Wiesbaden haben den Klimanotstand schon ausgerufen. „Dort wurde nicht mit den Formulierungen gehadert. Wenn wir nichts ändern, wird nichts bleiben wie es ist“, wandte sich Detlev Fiedrich (Grüne) gegen Alexander Hildebrandt (FDP), der für Hennef keine Klimanotstandssituation sieht: „Wir sollten nicht kopflos werden. Vieles ist in Hennef beim Thema Klimaschutz bereits auf dem Weg.“ Peter Ehrenberg (CDU) betonte, dass klar sein müsse, wie Maßnahmen finanziert werden. Alles andere sei „Propaganda“.

„Wir müssen alle aktiv werden. Jeder Bürger sollte begreifen, dass Klimaschutz ein wichtiges Thema ist“, sagte Wolfgang Hartwig von den Unabhängigen. „Wir sollten Symbolpolitik vermeiden und konkrete Handlungsfelder künftig benennen“, betonte Mario Dahm (SPD). Die protestierenden Jugendlichen wollten keine stundenlangen Diskussionen, sondern Antworten. Für den kommenden Doppelhaushalt der Stadt, der im Herbst vom Bürgermeister eingebracht wird, haben die Politiker nun die Aufgabe, Anträge zum Thema Klimaschutz zu stellen.

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