Stadtarchivar Jan Baucke Das Hennefer Stadtarchiv hat einen neuen Leiter
Hennef · Jan Baucke ist seit Januar Nachfolger der langjährigen Hennefer Stadtarchivarin Gisela Rupprath. Die wirft einen Blick zurück und berichtet, warum die Arbeit nie zu Ende ist.
Meditative Ruhe herrscht in dem Raum mit den Rollregalen am Ende der Meys Fabrik. Auf 825 laufenden Metern werden im Hennefer Stadtarchiv Tausende Akten, Katasterkarten und Geburtenbücher gelagert, die eindrucksvoll die Geschichte Hennefs widerspiegeln. An der Wand hängt eine große hölzerne Anwesenheitstafel, die einst im Eingangsbereich des ehemaligen Geistinger Klosters zu finden war und damals den Redemptoristen-Mönchen als eine Art Stechuhr diente, auf der sie mittels Steckkärtchen stundengenau Aufenthaltsort und Tätigkeit erfassten .
Rupprath bleibt ehrenamtlich tätig
32 Jahre lang kümmert sich Gisela Rupprath als Leiterin des Stadtarchivs in diesem Raum um die zahlreichen Dokumente und Fotos zur Stadtgeschichte. Seit Anfang des Jahres ist sie im Ruhestand und die Stadt hat mit Jan Baucke einen Nachfolger gefunden, der Ruppraths „Reich“ übernommen hat. Unterstützung erhält Baucke von Ehrenamtlern sowie der Mitarbeiterin Astrid Junkersfeld. Rupprath wird dem Archiv allerdings erhalten bleiben. „Derzeit komme ich einmal pro Woche und werde später ehrenamtlich tätig sein“, so die langjährige Stadtarchivarin.
Baucke ist sehr dankbar dafür, dass Rupprath ihn umfangreich eingearbeitet hat. „Das ist noch lange nicht überall Praxis“, so der 37-Jährige, der in Hennef-Rott aufwuchs und mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Kaldauen lebt.
Der studierte Historiker sieht sich als Quereinsteiger. „Ich habe nicht Archivwissenschaften studiert, sondern Geschichte und Politik. Aber als ich ein Praktikum im Bonner Stadtarchiv absolvierte, begann ich, mich für diese Tätigkeit zu begeistern“. Auch Rupprath hatte zunächst Germanistik und historische Geografie auf Lehramt studiert. „Da damals eine Lehrerschwemme herrschte und viele keine Stelle fanden, habe ich im Bonner Stadtarchiv ein halbes Jahr lang ein Praktikum absolviert“, erinnert sich Rupprath. Später war sie vier Jahre lang im Königswinterer Stadtarchiv tätig, bevor sie nach Hennef wechselte.
Dass Hennef über ein Stadtarchiv verfügt, ist laut Rupprath dem Archiv-Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, das 1989 in Kraft trat, aber auch dem Hennefer Heimatforscher Helmut Fischer zu verdanken. „Auf seine Anregung hin ist das Stadtarchiv schließlich eingerichtet worden.“ Mit fachlicher und finanzieller Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) konnte das Archiv am 1. Juni 1991 in der damals frisch umgebauten Meys Fabrik an den Start gehen. Seitdem war Rupprath die „Hüterin der Hennefer Stadtgeschichte“.
Heimatkunde, Sprachwissenschaft und Märchenforschung
Nun hat Jan Baucke diese Aufgabe übernommen und weiß: „Die Arbeit in einem Stadtarchiv ist nie beendet, da immer wieder etwas Neues hinzukommt“. So wie die Bibliothek von Helmut Fischer, die er der Stadt bereits 2013 notariell überlassen hat. Dafür wurde im Archiv eigens ein 18 Quadratmeter großer Raum angelegt, in dem bereits einige Schätze aus Fischers Bibliothek im Regal stehen, darunter das aus dem Jahr 1840 stammende Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins von Theodor Josef Lacoblet. Aber auch 640 Publikationen, die Fischer zu den Themen Heimatkunde, Sprachwissenschaft und Märchenforschung in den vergangenen Jahrzehnten geschrieben und veröffentlicht hat, werden dort künftig komplett zu finden sein.
Auch der ehemalige Hennefer Bürgermeister Emil Eyermann hat vor knapp drei Jahren sein umfangreiches Privatarchiv, bestehend aus mehr als 1.000 Reden, 200 Festschriften und rund 600 Karnevalsorden dem Stadtarchiv übergeben. Dabei ist der Archiv-Fundus ohnehin sehr umfangreich. Rund 10.000 Fotos umfasst die Bildersammlung, mindestens genau so viele Akten gibt es zur Stadtgeschichte. Sämtliche Ausgaben der Hennefer Volkszeitung von 1892 bis 1939 sind bis auf vier Jahrgänge ebenfalls vorhanden. Eines der ältesten Stücke dürfte ein sogenanntes Rentbuch aus dem Jahr 1644 sein, in dem viele Details zum Vertragswesen der Stadt Blankenberg stehen.
Einige Akten sind laut Rupprath allerdings der kommunalen Neuordnung 1969 zum Opfer gefallen. „Die Uckerather und die Lauthausener waren gegen den Zusammenschluss. Die Uckerather wollten sämtliche Akten auf den Müll werfen. Helmut Fischer konnte allerdings einige retten“, erinnert sich Rupprath. Das Archiv ist laut Rupprath und Baucke nicht nur „das Gedächtnis der Stadt Hennef“, sondern vor allem für die Bürger da. Rupprath hat mit dem Personenstandsregister sogar Familien wieder zusammengeführt. Allerdings platzt es nach wie vor aus allen Nähten, denn mit knapp 270 Quadratmetern muss auch Jan Baucke künftig auskommen. Zudem lagern weitere Dokumente im Rathaus. „Die Möglichkeiten für eine Erweiterung werden derzeit diskutiert“, sagt Baucke, der sich künftig vor allem mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen und auch die jährlich veröffentlichten VVV-Bücher zur Geschichte der Stadt Hennef betreuen wird.