Ex-Kanzlerkandidat in Hennef Steinbrück nimmt Bürger in die Pflicht

HENNEF · Ein wenig erinnerte das "lockere Gespräch", das der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann am Freitagabend rund eine Stunde mit Peer Steinbrück in der Meys Fabrik führte, an eine kleine Talkshow mit nur einem Gast.

 Dialog in der Meys Fabrik: Sebastian Hartmann (r.) interviewte den früheren Kanzlerkandidat Peer Streinbrück.

Dialog in der Meys Fabrik: Sebastian Hartmann (r.) interviewte den früheren Kanzlerkandidat Peer Streinbrück.

Foto: Ingo Eisner

Steinbrück (68), ehemaliger Bundesfinanzminister und Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens sowie 2013 SPD-Kanzlerkandidat, machte allerdings keinen Hehl daraus, dass er politische Fernsehtalkshows für überflüssig hält, weil sie kein einziges Problem lösen würden. Den Fragen seines Parteikollegen stellte er sich allerdings sehr offen.

Der SPD-Kreisvorsitzende Hartmann, der bei seiner Veranstaltungsreihe "Sebastian Hartmann trifft..." künftig öfter mit Politikern parlieren möchte, übernahm dabei die Rolle des Fragenstellers und Stichwortgebers, der die menschliche Seite hinter den politischen Entscheidungen Steinbrücks erfahren wollte. Am Freitagabend gab sich Steinbrück, wie man ihn kennt: Klartext und um keine Antwort verlegen.

Von 2002 bis 2005 NRW-Ministerpräsident und von 2005 bis 2009 Bundesfinanzminister, der sich mit einer großen Finanzkrise auseinander setzen musste - der Hanseate hat eine politische Karriere hinter sich, die er gerne mit der Kanzlerschaft gekrönt hätte. Im Bundestagswahlkampf unterlag er allerdings Angela Merkel.

Die Diskussion um seine Nebeneinkünfte aus Vorträgen erschwerte Steinbrücks Wahlkampf. Für seine Äußerung, dass er das Gehalt der Bundeskanzlerin gemessen an der Leistung, die sie zu erbringen habe, für zu niedrig halte, hagelte es ebenfalls Kritik.

Genau da hakte Hartmann ein und wollte von Steinbrück wissen, ob Politiker heutzutage noch Klartext reden können. "Einerseits beklagen die Menschen, dass wir mehr Politiker brauchen, die Klartext reden, aber wehe, die Politiker tun das wirklich", sagte Steinbrück.

Beim TV-Duell gegen Angela Merkel "ging es am Ende nicht um Politik, sondern um die Deutschlandkette der Kanzlerin", sagte Steinbrück. "Ein breites Publikum möchte eine moderierte Politik, die Angela Merkel perfekt verkörpert."

Dass viele sich von der Politik abwenden, könne er zwar nachvollziehen. "Das darf allerdings nicht in Verachtung umschlagen. Die Bürger halten wenig von Politikern, haben aber eine hohe Erwartungshaltung gegenüber der Politik, die alle Probleme lösen soll, bis hin zum Liebeskummer", sagte Steinbrück. "Alle müssen sich aktiv dafür einsetzen, dass Dinge funktionieren."

Für die derzeitige Flüchtlingsproblematik fand er klare Worte. "Politisch gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Die Zerreißproben sind absehbar, auch wenn Verwaltungen und Ehrenamtliche derzeit Herausragendes leisten", sagte Steinbrück.

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