Brand bei Shell: Ursache weiter unklar Jetzt kommen die Gutachter

WESSELING · Gespenstisch verlassen wirkt die große Produktionsanlage mit dem meterhohen Turm mitten auf dem Wesselinger Shell-Gelände. Davor steht ein Fahrzeug der Werksfeuerwehr, Wasserschläuche liegen herum. Am Mittwoch hatten die Verantwortlichen der Shell Rheinland Raffinerie zum Ortstermin geladen, um weitere Informationen zum Brand vom vergangenen Sonntag zu geben. Wer allerdings auf neue Erkenntnisse zur Ursache gehofft hatte, wurde enttäuscht.

Ob der Auslöser für den Zwischenfall tatsächlich ein gerissenes Rohr gewesen sei, könne er im Moment "noch nicht absolut bestätigen", sagte Raffineriedirektor Thomas Zengerly. Zwar sehe er zurzeit keine andere Erklärung, räumte aber auch ein: "Wir tappen noch im Dunkeln." Erkenntnisse erhofft sich Zengerly bis zum Monatsende - auch weil auf Anordnung der Bezirksregierung Köln am kommenden Montag unabhängige technische Gutachter die Arbeit aufnehmen werden.

Zugleich werde sich ein internes Untersuchungsteam unter externer Leitung auf die Suche nach der Ursache begeben. "Im Moment kann ich keine menschliche Ursache für den Brand sehen", so Zengerly. Alles weise auf einen technischen Defekt hin.

Wie berichtet, war es am Sonntagnachmittag in einem Ofen auf dem Shell-Gelände in Wesseling zu einem Brand gekommen. Bis nach 21 Uhr waren zahlreiche Feuerwehrleute im Einsatz. Verletzt wurde niemand, allerdings war eine schwarze Rauchsäule viele Kilometer weit zu sehen. Die Bürger, vor allem in Niederkassel und Bornheim, waren aufgefordert, sich möglichst nicht im Freien aufzuhalten sowie Fenster und Türen zu schließen. Erst am Abend konnte Entwarnung gegeben werden, Messungen hatten keine Gefahrstoffe in der Luft festgestellt. Der Brand war in der sogenannten Olefinanlage ausgebrochen. Dort werden Propylen und Ethylen produziert, die für die Herstellung von Kunststoffen benötigt werden.

Laut Zengerly werden in der betroffenen Anlage täglich 800 Tonnen Ethylen und 500 Tonnen Propylen hergestellt. Am Sonntag habe es um 14.20 Uhr die Meldung über einen Defekt an einem Ofen gegeben. Daraufhin sei die Werksfeuerwehr ausgerückt. Die Berufsfeuerwehren der umliegenden Kommunen seien zwei Minuten später informiert worden.

Gemäß Zengerly sei ein Defekt an einem Ofen "nichts Ungewöhnliches" und ließe sich in der Regel gut beherrschen. Um 14.48 Uhr habe es dann allerdings eine "leichte Explosion" gegeben. Entwarnung gab Shell schließlich kurz nach 21 Uhr.

Lobende Worte fanden die Verantwortlichen für den Ablauf des Einsatzes. "Es war alles erfolgreich, die Bevölkerung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet", sagte Claus-Christoph Hoppe, der in der Raffinerieleitung für die Bereiche Gesundheit, Sicherheit, und Umwelt verantwortlich ist. Laut Hoppe werde ein Ofenbrand nicht gelöscht, sondern kontrolliert heruntergebrannt und dabei mit viel Wasser gekühlt. In dem Ofen herrschten Temperaturen bis zu 700 Grad.

Über den Tag verteilt seien 75 Feuerwehrleute vor Ort gewesen, in der Spitze 35 Personen, so Hoppe. 13.000 Liter Wasser seien pro Minute zur Kühlung auf die Anlage gespritzt worden, Löschschaum sei nicht eingesetzt worden. Nach Angaben von Zengerly stammt die betroffene Anlage aus den 1970er Jahren. Allerdings habe es erst im vergangenen Jahr Arbeiten an ihr gegeben und der Tüv habe sie Ende 2014 abgenommen.

Der Vorfall sei "sehr enttäuschend", so der Raffineriedirektor. Zugleich zeigte er sich zerknirscht ob der Kritik, dass eine erste öffentliche Meldung erst nach mehr als einer Stunde nach Auftreten des Defekts erfolgt sei. Zengerly: "Das können wir besser machen." Die gesamte Raffinerie sei eine "komplexe und große Anlage", sagte er. "Dass es auch in Zukunft zu Zwischenfällen dieser Art kommt, ist nicht völlig ausgeschlossen." Man arbeite aber daran, dass sie unwahrscheinlicher werden. Wie hoch der Reparaturaufwand sei, könne er noch nicht abschätzen. Beträchtlich sei aber der Produktionsausfall. Zengerly rechnet mit einem zweistelligen Millionenbetrag.

Laut Freia Johannsen, Pressesprecherin der Bezirksregierung Köln, werden sich drei Experten des Unternehmens Infraserv aus Hürth um die Begutachtung des Schadens kümmern. Zum weiteren Vorgehen der Bezirksregierung wollte sie noch nichts sagen. "Wir müssen abwarten, was das Gutachten ergibt." Bis dahin bleibe die Anlage aber stillgelegt.

Shell lädt Bürger ein

Um sich bei der Bevölkerung für die Vorkommnisse und Unannehmlichkeiten rund um den Brand am vergangenen Sonntag zu entschuldigen, lädt die Rheinland Raffinerie für Sonntag, 17. Mai, von 15 bis 18 Uhr zu Kaffee und Kuchen ein. Auch sollen Raffineriedirektor Thomas Zengerly und weitere Mitglieder der Raffinerieleitung für Fragen zur Verfügung stehen. Um Anmeldung wird gebeten. Kontakt: rheinland-raffinerie@shell.com oder Tel. 0 22 36/75 82 06.

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