Keine Umzüge oder Sitzungen Karneval in Niederkassel – geht das auch leise?

Niederkassel · Keine Sitzungen, Proklamationen oder närrischen Umzüge: Niederkassel flüstert ganz still „Alaaf“. Und bereitet sich schon auf die nächste Session vor.

 Pssst: Karneval ganz leise feiern – das zeigt dieser Clown.

Pssst: Karneval ganz leise feiern – das zeigt dieser Clown.

Foto: Hans-Werner Klinkhammels

Schon im Oktober des vergangenen Jahres hatten sich die Vertreter der Niederkasseler Karnevalsvereine darauf geeinigt, keine öffentlichen Veranstaltungen wie Proklamationen, Sitzungen oder närrische Umzüge durchzuführen. Eine Entscheidung, die damals einstimmig getroffen wurde. Nun stehen die Karnevalsgesellschaften und närrischen Vereine mitten in der Session. Mitten in der Session? Stellt sich doch die Frage, wie sie abläuft, die stillste Session seit vielen Jahren.

Zuletzt waren im Jahre 1991 viele närrischen Umzüge und viele Saalveranstaltungen dem zweiten Golfkrieg zum Opfer gefallen, nun steht also die Corona-Pandemie dem geselligen Frohsinn entgegen. „Hier läuft gar nichts“, so kurz und knapp beschreibt Roland Forst die Situation. Der Vorsitzende des Festkomitees Rheidter Karneval (FRK) spricht zwar von Überlegungen, zum Karnevalssonntag einen närrischen Stream anzubieten, dies sei aber schnell an den Gema-Gebühren gescheitert. Man sei zudem glücklicherweise nicht auf Kosten sitzengeblieben. „Wir haben keine Orden anfertigen lassen, und die TÜV-Gebühren und Kosten für Musikkapellen für den Zug sind gar nicht erst angefallen. Die Musiker freuen sich jetzt aufs nächste Jahr, wenn alles wieder hoffentlich wie gewohnt stattfinden darf“, zieht er das Fazit für das FRK.

Keine finanziellen Ausfälle

Genauso sieht es Uwe Spiller vom Vorstand der KG Rut-Wiess Ranzel: „Wir haben komplett alle karnevalistischen Aktivitäten eingestellt“. Bis vor wenigen Wochen konnte noch das Gardetraining stattfinden, „mittlerweile reduziert sich das auf Online-Training und Skype-Sessions, ersetzt aber natürlich nicht das physische Training“, so der Präsident. Selbst die Jahreshauptversammlung 2020 stehe noch aus. Das Prinzenpaar der vergangenen Session ist noch nicht abgetreten – Sascha und Melanie Weidlich werden also erst in diesem Jahr das Zepter an den kommenden Prinzen weiterreichen. Glücklicherweise gibt es keine finanziellen Ausfälle: Der Sessionsorden ist nur in kleiner Auflage erstellt worden, die für dieses Jahr gebuchten Künstler kommen im nächsten Jahr zum Zug und die bereits gekauften Karten gelten auch in der kommenden Session. Dabei sei es das A und O einer Karnevalsgesellschaft, sich zum geselligen Beisammensein zu treffen. „Wir überlegen nun gemeinsam mit Pfarrer Schäfer, ob man den Karnevalssonntagsgottesdienst zu einer Aktion nutzen kann“, sagt Spiller.

Man will keinen Regelbruch begehen

Auch bei der KG Grün-Weiß Lülsdorf steht die Mitgliederversammlung 2020 noch aus, doch hat die KG zumindest ihre Hofburg coronakonform „eingeweiht“. „Wir haben sie von außen geschmückt und ein Schild mit Trauerflor angebracht“, erzählt Gereon Busch. Der zweite Vorsitzende weiter: „Unsere Tanzgarden können nicht trainieren – maximal ab und zu per Video, der Vorstand trifft sich über die Online-Medien, Absprachen werden per Whatsapp oder Facebook getroffen und schließlich haben auch bereits die Planungen für das nächste Jahr begonnen“. Die kleine KG hat virtuell nichts geplant, schaut gespannt in die Zukunft und überlegt, wie es weitergehen kann.

Vor dieser Frage steht auch die Interessengemeinschaft Karneval Blau-Gelb Niederkassel. „Das Training für die Garden läuft über Zoom. Für die Kinder ist es grundsätzlich schöner, wenn sie auf einer Bühne zeigen dürfen, was sie können. Vor dem TV-Bildschirm entsteht kein Wir-Gefühl, das schmälert auch den Spaß am Tanz“, sagt der 1. Vorsitzende André Neff. „Wir würden gerne etwas zeigen, doch damit verbunden wäre ein Corona-Regelbruch. Und den wollen wir nicht begehen“. Auch das Karnevalszelt muss in diesem Jahr eingepackt bleiben. „Ob es einen virtuellen Rathaussturm gibt, darüber haben wir noch nicht nachgedacht. Die Frage ist: Wem bringt das was?“

Die IG nutzt die Zeit, um Dinge zu erledigen, die bisher liegen geblieben sind. Die Planungen für die nächste Session beginnen, und man kann jetzt stressfrei die Herrichtung der Wagen in Angriff nehmen. „Man muss einfach etwas tun“, sagt er.

„Das wäre unser Tag gewesen“

Genau das ist auch die Einstellung der KG Blau-Weiß Mondorf. „Wir sind noch da“, macht Marc Piel auf die KG aufmerksam. Der Präsident hält gemeinsam mit den Betreuerinnen die jungen Gardetänzerinnen mit Video-Challenges bei Laune. Am 11.11. wurden die Mädels mit Luftschlangen, Orden, Urkunden und Dankesbriefen überrascht, Weihnachten gab es kleine Präsente. „Man muss in Kontakt bleiben“, so Piel weiter, der mit dem Vorstand über Video-Chat und Whatsapp-Gruppen die Geschicke der KG leitet. Und immer mit spontanen Ideen.

So sollen in den nächsten Tagen Sessionsorden in Mondorf verkauft werden. Einerseits will man mit dem Geld die Vereinskinder unterstützen, andererseits komme man auf diese Art „im Dorf wieder ins Gespräch“, erklärt er. Zum Termin der Herrensitzung Anfang Januar hatte er noch über Facebook gepostet: „Das wäre unser Tag gewesen“, und er stellt klar: „Sobald wir irgendetwas machen dürfen, wird mit Sicherheit auch irgendetwas stattfinden.“

Damit spricht er für alle Karnevalisten, denn sie warten nur darauf, wieder gemeinsam feiern und Frohsinn verbreiten zu dürfen. „Wir sind alle ganz heiß“, bemerkt er zum Schluss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Karneval mal ganz anders
Kommentar Karneval mal ganz anders
Aus dem Ressort