Graffiti-Workshop "Eine Ville, viele Wege" Kinder verschönern Bunker mit Kunst

MECKENHEIM · Konzentriert schauen Philipp, Manuel, Annika und Melissa auf die weiße Wand vor sich und verfolgen gespannt, wie der Künstler Kai "Semor" Niederhausen aus einer Flasche einen lila gefärbten Schriftzug auf die Wand sprüht. Sie sind vier der 13 Kinder und Jugendlichen, die an einem Graffiti-Workshop unter dem Motto "Eine Ville, viele Wege" im Zuge der Veranstaltungsreihe Stadt, Land, Fluss des Landschaftsverbandes Rheinland teil nahmen.

 Graffiti-Projekt in der biologischen Station: Melissa, Annika und Manuel (v.l.) füllen die weißen Wände mit Farbe.

Graffiti-Projekt in der biologischen Station: Melissa, Annika und Manuel (v.l.) füllen die weißen Wände mit Farbe.

Foto: Roland Kohls

Das Besondere an dem ganztägigen Lehrgang am Sonntag war allerdings der Ort, ein ehemaliger Bunker aus den Zeiten des Kalten Krieges, den der Bundesnachrichtendienst als Spionageanlage seinerzeit genutzt hat. Von 1981 bis 2001 saßen in dem 330 Quadratmeter großen Bunker "Krummeich" südlich von Meckenheim Abhörspezialisten und steuerten die riesigen Antennen, die auf dem 20 Hektar großen Wiesenareal vor dem Gebäude standen. Mit dem Ende des Kalten Krieges fand auch der Bunker keine Verwendung mehr. 2004 wurde das Gebäude entkernt, seitdem gehört es der biologischen Station, die auf dem Gelände Naturschutz- und kulturelle Maßnahmen realisiert. "Die Wiese ist sehr artenreich. Da finden sich unter anderem zum Beispiel Schachbrettfalter, Lärchen und verschiedene Orchideenarten. Im Bunker leben Fledermäuse. Mit dem Graffiti-Projekt wollten wir den Eingangsbereich verschönern", begründete Dieter Steinwarz, Leiter der biologischen Station, seine Intention, gerade dieses Kunstprojekt zu realisieren.

Und die Kinder hatten ihren Spaß und lernten fasziniert die Unterschiede zwischen Graffiti und Schmiererei kennen. "Ich möchte verstehen, warum man die Kunst nicht differenziert betrachtet. Es gibt schöne Graffiti-Bilder und hässliche. Wir haben hier erfahren, dass jeder Graffiti-Künstler sich vorher ein Thema genau überlegt, eine Skizze anfertigt und dann aus der Schulter heraus sprayen sollte", erklärten Melissa Elmas aus Wesseling und Annika Scherz aus Oberpleis, beide 17 Jahre alt. Nachdem Niederhausen die Konturen von Sonne, Fledermaus und dem Schriftzug "Biostation" vorgesprayt hatte, starteten die Nachwuchskünstler mit der bunten Gestaltung ihres Gesamtkunstwerkes. "Wenn man fertig ist, sieht man, dass es ein Kunstwerk ist. Das fasziniert mich daran", betonte Philipp Kolzem aus Pech (11). Dem konnte der gleichaltrige Manuel Schneider nur zustimmen. "Graffiti ist eine Kunst, auch wenn es nicht alle so sehen".

Jungen Leuten diese Art künstlerischer Gestaltung nahezubringen, ist für den Kölner Künstler, der schon Wände im New Yorker Stadtteil Queens verschönert hat, ein wesentlicher Grund, in seinen künstlerischen Bereich Workshops zu geben. "Die Kinder sollen die Kunstart reflektieren. Nicht alle Graffiti-Künstler sprayen illegal. Man kan es nicht immer als Schmiererei abtun", so Niederhausen. Wichtig bei einem Sprayer sei aber, dass das Bild auch noch nach Jahren zu sehen ist. Wie das Kunstwerk im Bunker.

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