Prävention im Rhein-Sieg-Kreis Initiative „Kurve kriegen“ will Kriminalität bei Jugendlichen verhindern

Rhein-Sieg-Kreis · Auch im Bereich der Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg heißt es jetzt „Kurve kriegen“. Die Initiative des Innenministeriums NRW richtet sich an Kinder und Jugendliche, die drohen, in Kriminalität abzudriften. Die jungen Teilnehmer sollen begreifen: „Knast ist nicht cool.“

 Vorstellung von „Kurve kriegen“: Sebastian Schuster (v. links), Markus Rieger, Jörg Seeger, Jörg Cadsky und Herbert Reul.

Vorstellung von „Kurve kriegen“: Sebastian Schuster (v. links), Markus Rieger, Jörg Seeger, Jörg Cadsky und Herbert Reul.

Foto: Paul Kieras

„Kurve kriegen“ ist eine Initiative des Innenministeriums NRW, die in vielen Städten bereits auf zehn erfolgreiche Jahre zurückblickt. Seit 2016 ist sie im Bereich des Polizeipräsidiums Bonn und im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis eingeführt und nun auch in der Kreispolizeibehörde mit elf rechtsrheinischen Kommunen. NRW-Innenminister Herbert Reul und das Fachkräfteteam der Initiative stellten das Projekt am Freitag vor.

Das Team setzt sich zusammen aus pädagogischen Fachkräften (PFK) der Fachstelle für Suchtprävention Update, der ambulanten Suchthilfe von Caritas und Diakonie in Bonn sowie einem polizeilichen Ansprechpartner (PAP). Die Initiative will kriminalgefährdeten Kindern und Jugendlichen durch Präventionsarbeit helfen, Wege aus der Kriminalität zu finden. „Die Verzahnung von Pädagogen und Polizei“ sei das Erfolgsgeheimnis der Initiative und habe sich bewährt, so Reul. Es sei eine „langwierige, aber lohnende Arbeit“ und vermittle den Teilnehmern: „Knast ist nicht cool.“ Landrat Sebastian Schuster wies darauf hin, dass es nicht nur darum gehe, Kriminalität zu verhindern und die jungen Täter „vor einem kaputten Leben zu bewahren“, sondern auch darum, „die potenziellen Opfer vor den Tätern zu schützen“.

Dass sich die Maßnahmen auch finanziell rechnen, hat die Untersuchung eines Wirtschaftsforschungsunternehmens ergeben. Danach entstehen Kosten pro Jugendlichem in Höhe von rund 26 000 Euro. Dagegen stehen mehr als 1,7 Millionen Sozialfolgekosten, die jeder Täter bis zu seinem 25. Lebensjahr verursacht. „Daher muss die Intervention frühestmöglich erfolgen und zwar noch bevor die Karriere Fahrt aufnimmt“, betonten Jörg Seeger sowie Jörg Cadsky vom Fachteam PAP und Markus Rieger (PFK). „Durch ein umfassendes und standardisiertes Risikoscreening von PAP und PFK können besonders kriminalgefährdete Kinder und junge Jugendliche bereits zu einem frühen Zeitpunkt sondiert werden“, erklärte Seeger.

Grundsätzlich müssten mindestens eine Gewalttat oder drei Eigentumsdelikte bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden sein. Daneben würden unter anderem auch personenbezogene, kulturell bedingte oder umfeldbezogene Faktoren berücksichtigt. Es folge die Information der Staatsanwaltschaft, der Jugendsachbearbeitung im Kriminalkommissariat, des zuständigen Jugendamtes und des Bezirksdienstes über die mögliche Aufnahme und Abfrage, ob Gründe gegen die Aufnahme in das Programm bestehen. Teilnehmen können Kinder und Jugendliche zwischen acht und 18 Jahren, „die in erheblicher Qualität oder Quantität polizeilich in Erscheinung getreten sind und deren Lebensbedingungen derart risikobelastet sind, dass ein dauerhaftes Abgleiten in die Kriminalität droht“, so Rieger. „Die Aufnahme erfolgt in der Regel zunächst für ein Jahr, die durchschnittliche Teilnahmedauer beträgt 24 Monate“, sagte Cadsky. Die Teilnahme sei selbstverständlich freiwillig.

„Individuelle Ressourcen bei den Teilnehmern zu fördern, persönliche Fähigkeiten und Rahmenbedingungen zu verbessern und letztlich Verhaltensänderung herbeizuführen“, nannte Rieger als Ziele der Initiative. Dazu würden passgenaue individuelle Hilfen wie zum Beispiel Coolnesstrainings, Elterncoachings, Lernhilfen oder auch Sprach- und Sportkurse von lokalen Anbietern vermittelt. Vorher findet eine polizeiliche Akquise statt, die nach den Worten Seegers zum Ziel hat, „den Sorgeberechtigten und dem Kind/Jugendlichen die Aspekte der festgestellten Gefährdung deutlich zu machen, die damit verbundene Sorge um die Entwicklung darzustellen und die Initiative vorzustellen.“

Reul lobte die bisherige erfolgreiche Arbeit von „Kurve kriegen“. Fast 1700 Kinder und Jugendliche sowie deren Familien hätten in den vergangenen zehn Jahren in die Teilnahme eingewilligt, fast 800 die Initiative als erfolgreiche Absolventen wieder verlassen. In weiteren zehn Städten und Kreisen soll die Initiative bis Ende 2021 ebenfalls an den Start gehen.

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