Termine in sechs Wochen Langes Warten auf Führerscheinprüfungen in der Region
Rhein-Sieg-Kreis · Sechs Wochen und mehr müssen Fahrschüler auf ihre Theorieprüfung beim TÜV warten. Das führt zu Ärger und höheren Kosten für die meist jungen Menschen. Der TÜV verteidigt sich – und erklärt das Problem mit Corona.
Wer Ende Juli die theoretische Führerscheinprüfung in der Region Bonn/Rhein-Sieg ablegen will, kann für Mitte September online einen Termin buchen. Über die lange Wartezeit von sechs Wochen und mehr ärgert sich eine Mutter aus Niederkassel. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“
Ihre 17-jährige Tochter Antje hatte die Theorieprüfung zwei Mal nicht bestanden. Dass sie wochenlang auf die Prüfung warten müsste, hätte auch zusätzliche Kosten zur Folge. „Zum Auffrischen braucht sie dann noch ein paar Fahrstunden vor der praktischen Prüfung.“ Gerade während der Pandemie seien junge Menschen ohnehin schon psychische belastet. „Viele sind echt weichgekocht“, sagt die Mutter. Ihr Nachname soll nicht in der Zeitung stehen.
Kandidaten können überall zur Prüfung
Doch die Pandemie ist auch schuld an der langen Wartezeit. „Das ist schon das ganze Jahr so“, erklärt Oliver Flink. Der Kreisobmann des Fahrlehrerverbandes Nordrhein betreibt drei Fahrschulen in Troisdorf-Sieglar, Niederkassel-Mondorf sowie in Sankt Augustin-Menden. Durch pandemiebeschränkte Schließungen von zehn Wochen hätten sich bei ihm rund 1800 Fahrstunden aufgestaut. „Der Rückstau ist beim TÜV nicht anders.“
Außerdem können seit vergangenem Jahr Prüflinge unabhängig von ihrem Wohnort die Prüfung im Zuständigkeitsbereich des TÜV Rheinland ablegen. Zuvor konnten Fahrschüler aus dem Rhein-Sieg-Kreis nur zum TÜV in Bonn oder Siegburg gehen, erklärt Flink. „Das führt nicht zu einer Verbesserung der Situation.“
Vielfältige Gründe für Wartezeit
„Begeistert sind die Fahrschüler nicht davon“, sagt Flink. Immerhin habe sich aber die Situation bei praktischen Prüfungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert. Aktuell gebe es eine Vorlaufzeit von rund drei Wochen. 2020 wurden hingegen teilweise Termine vom TÜV komplett storniert.
Vom TÜV heißt es, dass diese Probleme „deutschlandweit in sehr vielen Regionen“ auftreten. Die Gründe sind vielfältig, haben aber alle mit der Pandemie zu tun: der „immer noch vorhandene Arbeitsvorrat“ aus den Lockdown-Phasen, die verringerte Platzkapazität vor Ort wegen Abstands-Regelungen, Prüfer in Quarantäne sowie häufige Absagen von Prüfungskandidaten.
„Bestmögliche Balance der vorhandenen Ressourcen“
„Wir arbeiten mit allen vorhandene Prüfer*innen, die wir im Fahrerlaubnisbereich einsetzen können, setzen Mitarbeiter von den Prüfstellen und Führungskräfte ein und bieten an mehreren Stellen auch Prüfungen an Samstagen an“, schreibt Arne Böhne, Geschäftsfeldkoordinator Führerschein, auf Anfrage. Laut TÜV werden in Siegburg wöchentlich 260 bis 275 Theorieprüfungen angeboten, in Bonn 335 bis 350.
Man versuche, „eine bestmögliche Balance der vorhandenen Prüfungsressourcen zwischen den theoretischen und praktischen Prüfungen zu erzielen“, um einen „akzeptablen Ablauf zu gewährleisten“. Immer dann, ergänzt Böhne, wenn die Wartezeit „unangemessen lang“ wird, würden kurzfristig weitere Termine hinzugefügt.
„Das war eine große Erleichterung“
Nur durch solch einen kurzfristigen Termin musste die Tochter der Niederkasslerin doch nicht so lange warten. Sie habe vom TÜV vor Ort den Tipp bekommen, dass täglich um 9 Uhr abgesagte Termine online wieder verfügbar sind. Für 10 Uhr konnte sie dann einen Termin in Siegburg buchen. „Das war ein Glücksgriff.“
Zum Glück hatte sie Urlaub, sagt die Mutter, und konnte ihre Tochter nach Siegburg fahren. Mit dem Bus hätte sie es in einer Stunde von Niederkassel nach Siegburg eher nicht geschafft. Dass sie so spontan zur Prüfung musste, hat Antje offenbar nicht geschadet. Sie hat bestanden. „Das war eine große Erleichterung.“