GA-Serie "Auf dem Beifahrersitz" "Man muss ein Ohr für alles haben"

BORNHEIM · In der Serie "Auf dem Beifahrersitz" stellt der GA in loser Folge Menschen aus Vorgebirge und Voreifel, die beruflich unterwegs sind, und ihr Fahrzeug vor. In dieser Ausgabe steht ein Taxi im Mittelpunkt.

 Am Steuer: Kamo Ali (28). Oft fährt er Kunden zu Ärzten und Krankenhäusern oder auch einfach nur zum Einkaufen.

Am Steuer: Kamo Ali (28). Oft fährt er Kunden zu Ärzten und Krankenhäusern oder auch einfach nur zum Einkaufen.

Foto: WOLFGANG HENRY

Ein paar Minuten hat Kamo Ali sich in der Zentrale aufgehalten, dann wird er zu seinem nächsten Einsatz geschickt. Gerda Meier (die Namen der Fahrgäste wurden auf Wunsch geändert), eine Rentnerin aus Widdig, wartet.

Ali begrüßt sie wie eine alte Bekannte. Sie ist Stammkundin, zwei- bis dreimal die Woche fährt sie mit dem Taxi zum Arzt oder zum Einkaufen. Heute lässt sie sich in die Bonner Innenstadt fahren, um Besorgungen zu machen.

Am Nachmittag wird Ali oder ein anderer Fahrer sie bei ihrem Friseur in Kessenich wieder abholen. Früher, so erzählt sie, sei sie mit der Stadtbahnlinie 16 gefahren. Aber mit dem Rollator komme sie in Widdig wegen der Stufen nicht in die Bahn.

Dann geht es über die B 9. Gerda Meier erkundigt sich nach einem Kollegen der Taxizentrale, den sie lange nicht gesehen hat. "Mehmed fährt nur noch nachts, er geht wieder zur Schule", berichtet Ali.

Jetzt dreht sich das Gespräch um die Strecke und Frau Meiers Besorgungen. In der Innenstadt wird der Verkehr dichter. Für den 28-jährigen Fahrer ist es trotzdem eine vergleichsweise entspannte Tour.

"Stressig wird es, wenn man sich beeilen muss. Als Taxifahrer muss man immer einen kühlen Kopf bewahren", sagt er. In der Bonner Innenstadt hält er schließlich und holt den Rollator aus dem Kofferraum. Eine kurze Verabschiedung, dann reiht sich Ali wieder in den Verkehr ein, Richtung Bornheim.

"Man sitzt relativ viel allein im Auto", ist seine Erfahrung. Oft bringt er Kunden zu Krankenhäusern, in denen sie Dialyse oder Bestrahlungstermine wahrnehmen und wartet, während sie behandelt werden. "Eine Beschäftigung für die Wartezeit hat jeder Taxifahrer."

Er selbst vertreibt sich die Zeit meist mit Handy-Spielen. Unterdessen nähert er sich immer weiter der Königstraße an. "Birgit, ich bin frei, Dransdorf", meldet er sich über Funk bei der Zentrale. Und wird direkt nach Brenig geschickt, zur nächsten Stammkundin. Sie lässt sich von ihrer Wohnung zur Stadtbahnhaltestelle bringen. Von dort fährt sie mit der Bahn weiter ins Regierungsviertel, wo sie arbeitet.

Ali setzt sie ab und fährt weiter Richtung Bornheim-Zentrum zu einem Orthopäden. Frau Becker steigt ein, ihre Stimmung ist gedrückt. Gerade hat ihr der Arzt zu einer Knie-Operation geraten. Der Taxifahrer ist ihr erster Gesprächspartner nach dem Arztbesuch.

"Man muss ein Ohr für alles haben", meint Ali. Schnell springt er noch in eine Apotheke, um das Rezept der Kundin einzulösen. Weiter geht die Fahrt nach Dersdorf. 9,70 Euro steht auf dem Taxameter, der Tarif ist im Rhein-Sieg-Kreis einheitlich festgelegt. Ali hilft der Dame noch die Treppen zu ihrer Wohnung hoch, dann geht es zur Zentrale. Zeit für eine kleine Pause.

"Die Fahrer fahren in einer Acht-Stunden-Schicht etwa drei Stunden", sagt sein Chef Wahid Sidiqi. Denn wann die meisten Kunden ein Taxi bestellen, ist nicht vorhersehbar. "Gerade in Zeiten, wenn man denkt, es ist ruhig, kann's knallen", ist seine Erfahrung.

Er beschäftigt insgesamt 14 Arbeitskräfte, teils fest, teils als Aushilfen. Die drei Frauen in der Mannschaft sitzen am Telefon und teilen die Fahrer ein. Heute hat Birgit Haas Schicht.

Seit 15 Jahren arbeitet sie für das Taxiunternehmen, schon unter dem Vorbesitzer hat sie Kunden und Taxifahrer zusammengebracht. Sie kann viele Geschichten erzählen. Einmal rief in der Nachtschicht ein Kunde an, dessen einzige Ortsangabe war: "Ich bin hier in Bornheim am Stoppschild." Und natürlich konnte er vom Fahrer aufgenommen werden.

Fakten zum Fahrzeug

  • Marke: Mercedes-Benz
  • Bezeichnung: E-Klasse
  • Alter: zwei Jahre
  • Kilometerstand:
  • 350 000 Kilometer
  • Durchschnittliche Einsatzdauer: Vier bis fünf Jahre
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