Amphibien sterben im Rhein-Sieg-Kreis Tödliche Gefahr für Salamander & Co.

Rhein-Sieg-Kreis · Ein eingeschleppter Pilz wird zur Gefahr für die Amphibienpopulation in der Region. Besondere Hygieneregeln sollen sie mindern. Das Umweltschutzamt ruft auf, den Fund toter oder verhaltensauffälliger Amphibien zu melden

 Auch Teichfrösche können von der Amphibienkrankheit befallen werden

Auch Teichfrösche können von der Amphibienkrankheit befallen werden

Foto: Inga Sprünken

Er verbreitet sich rasend schnell und ist tödlich. Der Pilz namens Chytrid, der bislang in rund 60 Ländern nachgewiesen wurde, ist eine Gefahr für Amphibien. Vermutlich wurde er aus Asien eingeschleppt, wo die Amphibien immun dagegen sind.

 Feuersalamander sind am schlimmsten durch die Krankheit bedroht.

Feuersalamander sind am schlimmsten durch die Krankheit bedroht.

Foto: Inga Sprünken

In unseren Gefilden jedoch löst die erst 2013 entdeckte Unterart Batrachochytrium salamandrivorans bei Feuersalamandern die sogenannte Chytridiomykose aus. Das sowie eine Viruserkrankung mit dem Ranavirus führte in Belgien und den Niederlanden bereits dazu, dass Feuersalamander als so gut wie ausgestorben gelten. Denn die Erkrankung befällt die Haut der Tiere. Und da bei ihnen der Stoffwechsel über die Haut abläuft, vergiften sich die Amphibien selbst.

 Molche sind neben Feuersalamandern am meisten gefährdet.

Molche sind neben Feuersalamandern am meisten gefährdet.

Foto: Inga Sprünken

Nicht nur Feuersalamander sind betroffen, sondern auch Kamm-Molche und Kröten. Aus diesem Grund hat das Amt für Umwelt- und Naturschutz des Rhein-Sieg-Kreises an die Kommunen in einem Schreiben appelliert, zur Vermeidung der Ausbreitung der Krankheit ein Hygiene-Protokoll zu führen.

Amphibien: Salamander und Frösche im Rhein-Sieg-Kreis in Gefahr
Foto: Inga Sprünken

Das Lanuv (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) und die Universität Trier haben dieses entwickelt. Demnach sollen Mitarbeiter bei Außendiensttätigkeiten insbesondere im Bereich von Ufern, Gewässern und Feuchtlebensräumen Baugeräte und Schuhe mit Ethanol desinfizieren.

Amphibien: Salamander und Frösche im Rhein-Sieg-Kreis in Gefahr
Foto: Inga Sprünken

Denn die Pilzsporen haften an allen Materialien, insbesondere menschlichem Schuhwerk. Sie verbreiten sich sogar über Automatten, auf denen die Schuhe gestanden haben. Das Umweltschutzamt empfiehlt, den Fund toter oder verhaltensauffälliger Amphibien zu melden.

Amphibien: Salamander und Frösche im Rhein-Sieg-Kreis in Gefahr
Foto: Inga Sprünken

Tödlicher Pilz ist in der Region noch nicht nachgewiesen

Bisher konnte der Pilz im Rhein-Sieg-Kreis noch nicht nachgewiesen werden. „Die zuständige Organisationseinheit, das Büro für Natur- und Umweltschutz, führt seit 2012 stichprobenartige Überprüfungen durch“, teilt Carolin Trost von der Stadt Sankt Augustin mit. Mit Hilfe von Ei

merreusen haben die Mitarbeiter der Pressesprecherin zufolge im Rahmen von Monitoring-Projekten die Molchbestände erfasst. „Bei diesen Überprüfungen ist bisher kein Auftreten der Krankheit aufgefallen“, so Trost. Da es sich aber nur um Stichproben gehandelt habe, sei ein Vorkommen in Sankt Augustin grundsätzlich nicht ausgeschlossen, so die Stadtsprecherin weiter.

Björn Langer, Pressesprecher der Stadt Siegburg, verweist auf den Wasserverband des Rhein-Sieg-Kreises sowie das Landesforstamt NRW. Diese seien für den Gewässerunterhalt zuständig. Die Stadt selbst führe keine gewässernahen Arbeiten durch. Das sagt auch die Hennefer Stadtsprecherin, Mira Steffan. Die Mitarbeiter des Baubetriebshofes würden lediglich in Zeiten der Krötenwanderung Straßensperrungen durchführen. Martina Noethen vom für den Gewässerschutz der Kommunen zuständigen Wasserverband gibt derzeit noch Entwarnung.

In jüngster Zeit seien noch keine Todesfälle von Amphibien auffällig geworden. „Wir setzen die Maßnahmen nach den Vorgaben wie Desinfizieren der Arbeitsschuhe und Trennung der Schuhwerke um, wenn Arbeiten in den Bächen erforderlich sind“, so Noethen. Derzeit seien die Mitarbeiter aber eher mit Gehölzarbeiten beschäftigt.

Handel mit Amphibien

Der Nabu zitiert auf seiner Seite einen auf Amphibien und Reptilien spezialisierten Tierarzt. Frank Mutschmann nennt als wesentliche Quelle der Verbreitung der Krankheit den Handel mit Amphibien. Denn die Pilzerkrankung ist laut dem Tierarzt die häufigste Todesursache bei Terrarien-Tieren. Allerdings vermutet er, dass Amphibien mit intakten Abwehrkräften nicht infiziert werden. Schlechte Umweltbedingungen, Klimaänderungen und Stress schwächen jedoch die Immunabwehr der Tiere, was zum Ausbruch der Krankheit führen könnte. Der Ranavirus, an dem Amphibien ebenfalls erkranken können, und der Chytridpilz ließen sich am sichersten im Labor nachweisen.

Sorge bereiten dem Nabu volle Fangeimer bei den Krötenwanderungen im Frühjahr. Denn diese könnten eine Ansteckungsquelle darstellen. Der Naturschutzbund hat daher ebenfalls Regeln für die mit dem Amphibienschutz befassten Ehrenamtler herausgegeben. So sollen Fließgewässer etwa nur stromabwärts begangen und nicht mehrere Gewässer gleichzeitig aufgesucht werden.

Molche möglichst nicht anfassen

Die Tiere sollte man nur anfassen, wenn es unbedingt nötig ist, die Ausrüstung sollte immer desinfiziert und getrocknet werden. Vor allen Dingen sollten kranke oder tote Tiere gemeldet werden. Als Öko-Desinfektionsmittel nennt der Nabu Peressigsäure.

Insgesamt ist ein Rückgang der Amphibien welt- und deutschlandweit zu verzeichnen. Aus Baden-Württemberg etwa wird berichtet, dass an den Fangzäunen im Frühjahr 2021 so wenig Tiere wie noch nie gezählt worden sind. Der Rückgang liege im Landesschnitt bei 50 Prozent, an manchen Stellen sogar bei bis zu 90 Prozent. Als Grund dafür werden allerdings nicht nur die Krankheiten genannt, sondern auch Agrargifte, die ebenfalls für das globale Insektensterben verantwortlich gemacht werden.

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