Würdevolle Folgenutzung angestrebt Kirche St. Josef in Eitorf wird verkauft
Eitorf · Die Kirche St. Josef in Eitorf soll verkauft werden. 2020 fand hier der letzte Gottesdienst statt. Das Gebäude gilt als wichtiger moderner Kirchenbau.
Man muss schon explizit danach suchen, aber dann findet man sie: die Kirche St. Josef in Eitorf. Als „außer Dienst gestelltes Kirchengebäude“ bietet der Vorstand der katholischen Kirchengemeinde St. Patricius das Gotteshaus unter dem Begriff „Spezialgewerbe“ im Bieterverfahren bei Immobilienscout24 an. „Weltlich, aber einem Kirchenbau würdig“ soll das Nachnutzungskonzept sein, wie in der Immobilienanzeige zu lesen ist. Mit diesem Angebot endet ein jahrelanges Ringen um den 1970 errichteten zwölfeckigen Backsteinbau des Siegburger Architekten Hans Lob.
Schon 2013 hatte sich auf Veranlassung von Pfarrer Johannes Mikrut eine 18-köpfige Konzeptgruppe gegründet, die St. Josef zukunftsfähig machen sollte. Diese erarbeitete Nutzungsvorschläge für den bis dato wegen seines modernen Aussehens ungeliebten Kirchenbau. Themengottesdienste, Ausstellungen und Bildungsveranstaltungen, aber auch eine ökumenische Nutzung wurden erörtert. Doch es half alles nichts. Das Interesse der Gemeindemitglieder reichte nicht aus. So gab es auf Initiative des ehemaligen Pfarrgemeinderatsmitglieds Marlies Schmitz und anderen 2017 eine Unterschriftensammlung, die einen Antrag auf Prüfung der Denkmalwürdigkeit des Kirchengebäudes zur Folge hatte. Es bestand bei den Unterstützern die Sorge, dass die Kirche, in der ab Ende 2020 keine Messfeiern mehr stattfinden sollten, abgerissen werden könnte.
Erhalt der Kirche „nicht wirtschaftlich“
Begeistert war der Kirchenvorstand über die Initiative nicht. Es gab auf Seiten der Kirchengemeinde die Befürchtung, dass die Nachnutzungsmöglichkeiten durch eine Unterdenkmalschutzstellung extrem eingeschränkt würden. Das Gebäude sei dann nur „bedingt veränderbar und damit schwer zu veräußern“, so der Kirchenvorstand in seiner Stellungnahme an die Gemeinde Eitorf als Untere Denkmalbehörde. Die Erhaltung der Kirche sei nicht wirtschaftlich, die Mauern marode, der Keller nass.
Die Kosten für die Sanierung bezifferte man auf mehr als 200.000 Euro. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Eitorf erstellte der Landschaftsverband (LVR) ein 29-seitiges Gutachten. Darin kamen die Fachleute zu dem Schluss, dass St. Josef der wichtigste Kirchenbau des Architekten Hans Lob, einem Schüler des berühmten Dominikus Böhm (er erbaute unter anderem das Bensberger Rathaus) sei. Der Kirchenbau veranschauliche die Entwicklungen innerhalb der katholischen Kirche im Rheinland, hieß es im Gutachten. Zudem kam in diesem die Besonderheit von St. Josef zur Sprache. Die Kirche wurde nämlich auf einer Bergbau-Halde „Alte Harmonie“ errichtet. Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte für die Bewohner des seit Beginn des 19. Jahrhunderts vom Kupfer- und Schwefelkiesabbau geprägten Eitorfer Ortsteils eine Kirche erbaut werden sollen. Der Bau von St. Josef war das Ergebnis.
Vergnügungsstätten sind ausgeschlossen
Auch die Gemeinde kam zu dem Schluss, dass die Kirche „wichtige Aspekte der jüngeren Geschichte von Eitorf veranschaulicht und aus städtebaulichen Gründen bedeutend ist, weil sie das Ortsbild prägt“, wie der Erste Beigeordnete Karl Heinz Sterzenbach während des Verfahrens urteilte (wir berichteten). „Die im vergangenen Jahr erfolgte Unterschutzstellung von St. Josef gründet auf dem wohl bislang in der Gemeinde sorgfältigsten Eintragungsverfahren überhaupt“, so Sterzenbach heute. Die Gemeinde sehe einer denkmalgerechten Folgenutzung positiv entgegen, sagte der Erste Beigeordnete.
Wer das Gebäude erwerben möchte, muss nun also nicht nur die Vorgaben des Denkmalschutzes bei Um- und Einbauten berücksichtigen, sondern auch die der Kirchengemeinde. Dazu gehört eine „würdevolle Folgenutzung“, wie es in der Immobilienanzeige heißt. Der künftige Eigentümer hat für das auf dem etwa 3000 Quadratmeter großen Erbbaurechtsgrundstück stehenden Gebäudes für einen respektvollen Umgang zu sorgen. Die Würde des Kirchenbaus soll auch in einem neuen Nutzungskonzept erhalten bleiben. „Einrichtungen zur Betreuung und Pflege, aber auch eine seriöse Gastronomie wären durchaus denkbar“, heißt es im Exposé. „Grundsätzlich ausgeschlossen sind Vergnügungsstätten wie Nachtlokale, Bordelle, Spielhallen und dergleichen sowie Nutzungen durch andere als christliche Religionsgemeinschaften“, heißt es weiter. Der Innenraum der Kirche solle möglichst erlebbar bleiben.
Weitere Bebauung auf dem Areal möglich
Zu dem 500 Quadratmeter großen Kirchengebäude gehört ein Glockenturm, dessen Holztreppe allerdings marode ist, sowie eine Umgebungsmauer. Das Gesamtbild steht zwar unter Denkmalschutz, lässt aber eine weitere Bebauung auf dem Areal zu. Denn in den Ursprungsplänen des Architekten waren noch zwei weitere Kuben im Kirchenvorfeld vorgesehen.
Alternativ zum Erbbaurecht kann das Grundstück auch von dem neuen Eigentümer käuflich erworben werden. Der Kauf von Teilflächen oder gar ein Abriss des Gebäudes sind durch den Eintrag in die Denkmalliste ausgeschlossen – eine Tatsache, die vielen Gläubigen einen Stein vom Herzen fallen lässt.