Der "singende Radiologe" aus Eitorf Engelbert Decker will die Herzen der Menschen erreichen

EITORF · Engelbert Decker hat zwei Vergangenheiten: Auf der einen Seite seine Kindheit und Jugend mit sieben Geschwistern, einem strengen Vater und erbarmungslosen Lehrern. Auf der anderen Seite die geborgte Vergangenheit. Wie ein Zeitreisender taucht er dabei in längst vergangene Epochen ein, in die Zeit von Goethe und Schiller, Beethoven, Offenbach, E.T.A Hofmann, Christian Morgenstern oder Georg Büchner.

 Mann mit vielen Talenten: Engelbert Decker ist als Radiologe und Vortragskünstler aktiv.

Mann mit vielen Talenten: Engelbert Decker ist als Radiologe und Vortragskünstler aktiv.

Foto: Christine Siefer

Wenn er über sie spricht, dann leuchten seine Augen und es klingt, als ob er über gute Freunde redet. Er macht sich ihre Kunst zu eigen. "Es ist, als würde ich mit dem Aufzug in die Vergangenheit fahren. Ich trete in einen Dialog mit der Kunst", erklärt der Sänger und Rezitator.

Die Widerstände, die die angesprochenen Künstler in ihrer Zeit überwinden mussten, kann er gut nachvollziehen. Sein Vater billigte seinen Berufswunsch Opernsänger nicht. Heute arbeitet er als Radiologe, unter anderem ist er im Krankenhaus in Eitorf tätig. Sein medizinischer Beruf und die Berufung zur musikalischen, literarischen Kunst sind für ihn zu einer Rolle verschmolzen. Seine Kollegen nennen ihn bereits scherzhaft den "singenden Radiologen".

Sowohl als Arzt als auch als Vortragskünstler verfolge der 59-Jährige dasselbe Ziel, erklärt er. "Ich will das Herz der Menschen erreichen." Nirgendwo wird sein Credo deutlicher als auf der Bühne. Ob humorvolles Liedgut, romantische Gedichte, bewegende Arien oder ironische Prosa: Engelbert Decker präsentiert es dem Publikum wie ein Geschenk.

Sein Programm soll die Zuschauer bewegen und dafür überlässt er nichts dem Zufall: weder die Reihenfolge der Texte und Lieder noch den Kontakt zum Publikum. Dieses lässt er nie aus den Augen, selbst wenn ihm alle Noten und Texte aus den Händen gleiten, wie etwa bei einem Konzert in Windeck. Ohne Unterbrechung setzte er danach den Vortrag fort.

Diese professionelle Herangehensweise ist ihm wichtig. "Ich übe so oft ich kann mit Sprechtrainern und verfeinere meine Gesangstechnik", sagt er. Schon früh wollte er seine Leidenschaft für die Musik professionalisieren. Neben dem Medizinstudium nahm er Gesangsunterricht und finanzierte es mit seinen Gehältern aus Krankenhausnachtschichten.

Kurz nach seiner Promotion bestand Engelbert Decker die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Freiburg und studierte dort ab 1980 Gesang. Nebenher arbeitete er weiter als Assistenzarzt. "Ich hatte Glück, dass ich im Studium und im Job Verständnis erfuhr, wenn ich Vorlesungen verschieben und Schichten tauschen musste." In Freiburg lernte er auch seine Frau kennen. 1984 kehrten sie ins Rheinland zurück und zogen nach Bonn. Fortan war Engelbert Decker Sänger und Arzt.

Ein Schicksalsschlag hat Engelbert Decker vor allem die Dichter und Schriftsteller näher gebracht und machte ihn auch zum Rezitator. 2004 erkrankte er an Krebs. "Viele bekannte Künstler sind früh gestorben und haben mit Hochspannung an ihren Werken gearbeitet", erzählt er, "diese Nahtod-Erfahrung verändert einen." Noch während der Behandlung besuchte er Vorträge. "Viele der Poeten haben ihre Schattenseiten des Lebens mit Humor verarbeitet."

Humor und Traurigkeit, Tod und Leben liegen in Engelbert Deckers Leben nah beieinander, sowohl im Beruf als auch auf der Bühne. Aus den Geschichten der Vergangenheit schöpft er Kraft. Seine Zukunft sieht der Vater von zwei erwachsenen Töchtern weiter auf der Bühne des Lebens mit direktem Kontakt zum Publikum.

Info: In der Region tritt Engelbert Decker das nächste Mal in Bad Godesberg auf (20. September, 19.30 Uhr, Marienforster Kirche). Die Homepage von Engelbert Decker: www.engelbertdecker.de

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