Prozess gegen syrischen Flüchtling „Er soll alleine wohnen und hoffentlich sterben“

Lohmar/Bonn · Im Prozess gegen den syrischen Vater, der seine Kinder aus dem Fenster einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar geworfen haben soll, haben jetzt die Kinder die dramatischen Minuten vor der Tat geschildert.

 Der 35-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozess vor dem Bonner Landgericht.

Der 35-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozess vor dem Bonner Landgericht.

Foto: Benjamin Westhoff

Er hat seinen damals fünfjährigen Sohn auf das Fensterbrett im Badezimmer gestellt, ihm zugeflüstert, er müsse keine Angst haben und ihn dann in die Tiefe gestürzt. Was die beiden ältesten Kinder des 35-jährigen Angeklagten in den Vernehmungsvideos der Polizei schildern, ist kaum vorstellbar. Am Freitag wurden die Videos im Gerichtssaal des Bonner Landgerichts gezeigt. Im Februar soll der Angeklagte seine Kinder im Alter von einem bis sieben Jahren nacheinander aus den Fenstern einer Flüchtlingsunterkunft in Lohmar geworfen haben. Sie erlitten teils schwere Verletzungen.

„Mein Vater bat mich, ins Badezimmer zu kommen“, erinnerte sich der heute Sechsjährige. In der Badewanne habe seine jüngere Schwester gesessen und mit dem Wasser gespielt. Plötzlich habe sein Vater ihn gepackt und auf die Fensterbank gestellt, bevor er ihn hinunterstieß. Kurz darauf warf er auch die erst einjährige Schwester hinterher, die glücklicherweise auf ihrem älteren Bruder landete. Zuvor habe der Junge mitbekommen, wie seine Eltern gestritten haben.

Sein Vater habe vorgehabt, ihn und seine Geschwister zu verkaufen und zurück nach Syrien zu gehen. „Damit er sich dort eine neue Frau kaufen kann“, schilderte der Junge recht munter. Anders war es um seine ältere Schwester bestellt. Die Achtjährige saß zusammengesunken und eingeschüchtert auf ihrem Stuhl. Immer wieder schaute sie abwesend auf die bunte Tischdecke. Was passiert sei, fragt sie die Polizistin mehrmals. „Ich weiß nichts“, beteuerte das Mädchen schulterzuckend. Noch zu gut erinnerte sie sich hingegen an den Tag, an dem ihr Vater ihre Mutter mit einem Kochtopf ins Gesicht schlug und die Familie immerhin für zehn Tage verlassen musste. An diesem Tag schlug er auch seine Tochter, als sie ihre Mutter beschützen wollte. Als er schließlich nach Hause zurückkam, habe sie ihn wütend gefragt: „Warum kommst du wieder?“ Sie habe nicht gewollt, dass er zurückkommt, sie möge nur ihre Mutter.

Beide Kinder schilderten jedoch, was die Mutter (31) bereits berichtet hatte: Schon lange, bevor der Vater angezeigt wurde, weil er seine Frau mit einem Kochtopf ins Gesicht geschlagen hatte, habe er sie und auch seine älteste Tochter immer wieder geschlagen. „Immer ohne Grund – mit der Hand, mit Stöckern oder Hausschuhen, einmal mit einer Cola-Flasche“, erinnerte sich der Sohn. Besonders erschreckend: Auf die Frage, ob sie ihren Vater mögen, antworteten beide Kinder ohne Umwege mit „Nein.“ Der Sechsjährige ist sich sogar sicher: „Wenn er noch einmal nach Hause kommt, wird er uns abschlachten.“ Sein Vater solle ins Gefängnis, dann werde er sicher „ganz brav“.

Auch seine Schwester beteuert, dass niemand den Vater mehr mag: „Er soll alleine wohnen und hoffentlich sterben.“ Doch selbst bei derart schlimmen Aussagen verzieht Abbas P. keine Miene. Hat er an den vergangenen Verhandlungstagen noch geweint und gejammert, war er am Freitag auffällig teilnahmslos. Erst am Ende begann er, sich zu rechtfertigen. „Die Kinder sind noch zu jung, sie wissen nicht, was sie erzählen“, war er überzeugt. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.

Aktenzeichen: 28 KLs 7/16 Landgericht Bonn

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