Opfer landet vor Gericht Erpresster Ex-Rocker fährt ohne gültigen Führerschein zu Geldübergabe

Bonn/Euskirchen · Ein ehemaliges Mitglied einer Rockergang wurde mit dem Tode bedroht und kam dann in eine Polizeikontrolle. Der Mann war in erster Instanz freigesprochen worden – nach einem Berufungsverfahren muss er nun eine Geldstrafe zahlen.

 Einem Ex-Rocker wurde eine Polizeikontrolle zum Verhängnis. Nun stand der Mann vor dem Bonner Landgericht.

Einem Ex-Rocker wurde eine Polizeikontrolle zum Verhängnis. Nun stand der Mann vor dem Bonner Landgericht.

Foto: dpa/Stefan Puchner

Mit einem außergewöhnlichen Fall hat sich am Mittwochmorgen eine Berufungskammer am Bonner Landgericht befasst: Ein ehemaliges Mitglied einer Voreifeler Rockergang war von seinen ehemaligen Kumpeln mit dem Tode bedroht worden, wenn er nicht 50 000 Euro Ablöse zahlen würde. Der Mann hatte keinen gültigen Führerschein und so „borgte“ er sich ohne das Wissen seines Arbeitgebers einen Dienstwagen, um einen Teilbetrag zu einem vereinbarten Übergabeort zu bringen. Auf der Rückfahrt geriet er aber in eine Polizeikontrolle und fand sich schließlich vor Gericht wieder.

Der zuständige Euskirchener Amtsrichter sprach den Mann vom Vorwurf des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis frei und berief sich dabei auf einen „rechtfertigenden Notstand“. Der Angeklagte habe Gefahr für Leib und Leben seiner Familie nicht anders abwenden können. Alternativen wie der Gang zur Polizei oder die Nutzung eines anderen Verkehrsmittels seien in der konkreten Situation nicht infrage gekommen.

Mann war rund 20 Jahre Mitglied des Motorradclubs

Gegen dieses Urteil war die Staatsanwaltschaft in Berufung gegangen und nun wurde der 45-Jährige zu einer Geldstrafe von 4 800 Euro verurteilt. „Das Amtsgerichtsurteil ist vertretbar, aber wir teilen die Ansicht, dass es sich hier um einen rechtfertigenden Notstand handelte nicht“, so der Richter. Die Tat sei zwar notstandsgleich, aber strafbar, begründete er die Entscheidung seiner Kammer.

Der Verurteilte war seit rund 20 Jahren Mitglied des Motorradclubs, der von den deutschen Behörden als kriminelle Vereinigung eingestuft wird. Als Kassenwart seines „Chapters“ hatte er zuletzt eine durchaus wichtige Position im Machtgefüge der Organisation inne. In den letzten Jahren sei ihm zunehmend klar geworden, dass er ein Teil des organisierten Verbrechens geworden war. Ein Austritt aus dem Verein ist allerdings nicht vorgesehen, und so gaben ihm seine ehemaligen Gefährten zu verstehen, dass er ihnen 50 000 Euro zahlen müsse, um sein Leben zu retten. Zur Unterstützung ihrer Forderungen hatten sie ihm kurz vor der gewünschten Zahlung von weiteren 5 000 Euro sechs Schrotpatronen mit den Initialen seiner Familienmitglieder zugeschickt.

(ga)
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