Nach dem Starkregen Wie geht es mit der Steinbachtalsperre weiter?

Euskirchen · Die Steinbachtalsperre wird vorerst nicht wieder gefüllt. Welche Funktion sie in Zukunft haben soll, entscheiden Verbandsversammlung, Politik und Bezirksregierung.

 Wie geht es nach dem Starkregen mit der Steinbachtalsperre weiter?

Wie geht es nach dem Starkregen mit der Steinbachtalsperre weiter?

Foto: dpa/David Young

Wie die Zukunft der Steinbachtalsperre aussieht, ist dreieinhalb Wochen nach der großen Hochwasserkatastrophe offen. Zurzeit ist das Wasser komplett abgelassen, die Talsperre leer. Befüllt wird sie erst einmal nicht mehr. Die Bauarbeiten für ein neues Überlaufbauwerk, eine sogenannte Scharte, haben bereits begonnen. „Auch wenn die Scharte Ende August fertig wird, bleibt die Talsperre trotzdem leer“, sagte Markus Böhm, Geschäftsführer des betriebsführenden Unternehmens e-regio, am Samstag beim gemeinsamen Pressegespräch mit Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt, zugleich Verbandsvorsteher des Wasserversorgungsverbandes Euskirchen-Swisttal (WES), Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner, zugleich Vorsitzende der WES-Verbandsversammlung, und Christian Lorenz, beauftragter Ingenieur der Ingenieurberatung Lorenz GmbH aus Bad Münstereifel. Böhm verwies auch auf die „klare Aussage der Bezirksregierung, dass kein Anstau stattfinden darf“. Wasser, das zurzeit in die Talsperre fließt, wird über den Grundablass abgeleitet. Für den Fall, dass mehr Wasser zufließen sollte, besteht noch ein Stauvolumen, ohne dass es zu einer Gefährdung der Standsicherheit des Dammes kommt, so die Erläuterungen. Alle Maßnahmen wurden und werden demnach mit zwischen Betreiber und Talsperrenaufsicht der Bezirksregierung sowie Gutachtern festgelegt.

Zukunft der Steinbachtalsperre ist offen

Welche Aufgabe die Talsperre, die in den Jahren 1934 bis 1936 zur Versorgung der Tuchindustrie mit Brauchwasser errichtet worden war, in Zukunft haben soll, werden nach Gutachten und Analysen die WES-Verbandsversammlung und die Politik gemeinsam mit der Bezirksregierung und weiteren Beteiligten wie dem Erftverband ausarbeiten. Möglich wären etwa so genannte „hybride Lösungen“, in denen die Funktion der Steinbachtalsperre für die Naherholung, für den Hochwasserschutz und für die Einspeisung ins Waldfreibad miteinander verbunden werden könnten. „Das alles wird im Herbst diskutiert werden“, sagte e-regio-Geschäftsführer Böhm. „Dann wird auch die Frage gestellt und beantwortet werden müssen, wer soll je nach Nutzung künftig der Betreiber sein und wer finanziert das.“

Zurzeit beziehen laut Böhm noch „drei größere Industriekunden und landwirtschaftliche Kunden“ in Euskirchen Brauchwasser aus der Steinbachtalsperre über in die Talsperre eingebaute Entnahmeleitungen und ein separates Netz. Die Tuchindustrie früherer Jahre existiert in Euskirchen nicht mehr.

„Unsere Menschen in Swisttal haben Angst vor der Steinbachtalsperre“, hielt Swisttals Bürgermeisterin Kalkbrenner fest. Die Bürger wollten wissen, was mit dem Überlauf der Talsperre gewesen sei sowie ob und wie die Katastrophe hätte verhindert werden können. Vor allem aber wollten die Menschen Sicherheit, dass so eine Katastrophe nie wieder passieren könne.

Als reiner Brauchwasserspeicher hat die Steinbachtalsperre bis dato keine direkte aktive Funktion für den Hochwasserschutz. Selbst wenn die Talsperre eine solche Funktion gehabt hätte, so Böhm, hätte man angesichts der Menge des Starkregenereignisses vom 14./15. Juli das Wasser gar nicht so schnell ablassen können. Dennoch stelle die Talsperre regelmäßig Stauvolumen als Puffer für Starkregenereignisse zur Verfügung. In der Summe hätten die Ereignisse mit der Steinbachtalsperre nicht verhindert werden können, stellte Christian Lorenz von der gleichnamigen Ingenieurberatung fest. Der große Wert der Steinbachtalsperre sei aber gewesen, dass sie mehr Wasser zurückgehalten habe, als sie hätte müssen.

Mängel, die die Sicherheit des Talsperrenbetriebs hätten beeinträchtigen können, seien nicht bekannt gewesen. Vom September 1988 bis April 1990 wurde die Steinbachtalsperre durch den WES aufwendig saniert und alle Sicherheitsüberprüfungen den Angaben zufolge regelmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt und der Talsperrenaufsicht der Bezirksregierung vorgelegt.

Die Ereignisse an der Steinbachtalsperre am 14., 15., 16. Juli

Vor dem Unwetter sei der Grundablass der Steinbachtalsperre funktionstüchtig gewesen, betonte e-regio-Geschäftsführer Böhm. Etwa um 20 Uhr kam es zum sogenannten Kronenstau (bei 281,00 m üNN) und anschließender Überflutung der Dammkrone gekommen. Mit der Überströmung türmten sich bis zu sechs Meter an Erd- und Geröllmassen auf dem ehemaligen Tosbecken, ein bremsendes Auffangbecken für abfließendes Wasser im Bauwerk, versperrten dieses und machten eine Ableitung von Wasser über den Grundablass unmöglich. Diese Erd- und Geröllmassen wurden dann am 16. Juli durch ein Tiefbauunternehmen mit einem schweren Kettenbagger geräumt. Zu diesem Zeitpunkt wurde weiterhin Wasser über die Hochwasserentlastung abgeführt. Dennoch lastete wegen des Vollstaus ein sehr hoher Druck auf dem Damm, dessen Standsicherheit durch die massiven Schäden infolge der Überflutung gefährdet war. Parallel lief das Abpumpen aus dem See durch Feuerwehr und THW. Betriebsmitarbeiter der Steinbachtalsperre konnten dann über den Kontrollgang einen Schieber öffnen und Wasser über den Grundablass ablassen.

Die Überflutung der Dammkrone hätte laut den Betreibern durch keine Maßnahme verhindert werden können bei einem Starkregenereignis dieses Ausmaßes.

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