Junbrunnen Eitorf Bald vier Hundertjährige unter einem Dach

Eitorf · Das „Haus am Eipbach“ in Eitorf kann mit einer Besonderheit aufwarten: In der Senioreneinrichtung leben gleich drei Damen unter einem Dach, die mehr als 100 Jahre alt sind. Ab März gesellt sich eine Vierte zu ihnen.

 Vier rüstige Damen, die das biblische Alter von 100 Jahren fast erreicht oder bereits überschritten haben: Käthe Gnacke (v.l.), Lotte Offermann, Anna Balke und Agnes Diegel.

Vier rüstige Damen, die das biblische Alter von 100 Jahren fast erreicht oder bereits überschritten haben: Käthe Gnacke (v.l.), Lotte Offermann, Anna Balke und Agnes Diegel.

Foto: Ingo Eisner

Im östlichen Rhein-Sieg Kreis gelegen zählt Eitorf derzeit knapp 19.000 Einwohner. Vier von ihnen scheint das Klima der Gemeinde besonders gut zu tun: Anna Balke, Käthe Gnacke, Agnes Diegel und ihre Freundin Lotte Offermann sind schon fast 100 Jahre alt oder haben den magischen runden Geburtstags bereits überschritten. Die vier rüstigen Damen leben gemeinsam im Seniorenheim „Haus am Eipbach" und scheinen angesichts ihres biblischen Alters der schlagende Beweis dafür zu sein, dass die Umgebung in Eitorf ein kleiner Jungbrunnen ist.

Anna Balke aus Gladbeck war vor sechs Jahren mit eine der ersten Bewohnerinnen, die in das neu eröffnete Seniorenheim zog. Bei einem Sturz hatte sie damals einen Oberschenkelhalsbruch erlitten und konnte anschließend nicht mehr alleine in ihrer Wohnung leben. „Das war nicht leicht für mich“, sagt Balke, die am 12. Juli 100 Jahre alt geworden ist. Ihr ganzes Leben hatte sie in Gladbeck verbracht. Nach dem Sturz wollte ihr Sohn sie aber in seiner Nähe haben, weswegen sie eines der Zimmer im „Haus am Eipbach" bezog.

Balke erlebte in ihrer Gladbecker Heimat den Zweiten Weltkrieg hautnah, als in der Nähe ihres damaligen Wohnortes ein Flugzeug abstürzte. Ihren Mann lernte sie 1948 kennen. Nach der Heirat und der Geburt von Sohn und Tochter war Balke, die als junges Mädchen im Großhandel gearbeitet hatte, fortan Hausfrau und Mutter und pflegte zudem den Schwiegervater, der im gleichen Haus lebte. Zur Hochzeit gab es eine Waschmaschine. „Das war zu dieser Zeit schon etwas Besonderes und viele haben mich darum beneidet“, erinnert sich die Seniorin.

In den 50er Jahren hatte die Familie sogar ein eigenes Auto. Den Führerschein hat Balke aber nie gemacht. „Das war auch nicht nötig. Ich bin stets dahin gekommen, wohin ich wollte. Nur aus Gladbeck rausgekommen bin ich so gut wie nie“. Politische Ereignisse kannte sie nicht nur aus dem Fernsehen, denn der ehemalige Bundesminister Siegfried Balke war der Cousin ihres Mannes. Bei Familienfeiern berichtete der dann auch schon mal über Ereignisse wie den Besuch des Schahs von Persien.

Lange Telefonate mit der Freundin in Australien

Nach 54 Ehejahren verstarb ihr Mann im Alter von 92 Jahren. Seitdem lebte Anna Balke alleine in ihrer Wohnung, bis sie nach ihrem Sturz im Januar 2016 ins Seniorenheim zog. Sie liest viel, sieht gern fern und telefoniert regelmäßig mit ihrer Freundin in Australien. „Solange, bis die Telefonkarte, die sich meine Freundin extra für ihre Auslandsgespräche zugelegt hat, leer ist“, erzählt sie.

Käthe Gnacke, die im Eitorfer Ortsteil Schiefen geboren wurde, ist schon 102 Jahre alt. Ihr erster Mann fiel während des Zweiten Weltkrieges in Russland. In den 1970er Jahren zog sie nach Windeck-Herchen und lernte dort ihren zweiten Mann kennen. „Wir sind uns oft auf der Straße begegnet. Irgendwann fragte er mich, ob ich auch so einsam sei und ob wir nicht gemeinsam einsam sein wollten. Da hab’ ich ‚Ja’ gesagt“, erinnert sich Gnacke, die seit 2017 im Seniorenheim lebt. Beide Ehen blieben kinderlos.

Die lebenslustige Seniorin war in verschiedenen Vereinen aktiv. Neben dem Reisen und Wandern gehörte ihr Herz dem Karneval. Ob Auftritte als Funkemariechen oder Büttenrednerin – all das machte Gnacke mit viel Leidenschaft. Nach einem Sturz im Sommer konnte sie nur unter starken Schmerzen laufen. Gnacke nahm aber tapfer an der Seniorengymnastik teil, um schnellstmöglich wieder fit zu werden.

Eine 80 Jahre währende Freundschaft

Eindrucksvoll ist auch die einzigartige 80 Jahre währende Freundschaft, die Agnes Diegel mit Lotte Offermann verbindet. Als die heute 101-jährige Agnes Diegel im Dezember 2018 nicht mehr alleine bleiben konnte, stand für sie fest, dass sie in der Nähe ihrer Freundin Lotte sein wollte. Die lebte zu diesem Zeitpunkt schon im Haus „Eipbach“.

Die beiden Freundinnen hatten sich vor mehr als 80 Jahren in Köln während ihrer Stickerinnen-Ausbildung kennengelernt. Als Köln während des Zweiten Weltkrieges bombardiert wurde, floh Lotte Offermann mit ihren Eltern und zwei Geschwistern nach Porz-Urbach zur Familie von Agnes Diegel. Die beiden rheinischen Frohnaturen blieben in Urbach, lernten dort ihre Männer kennen und zogen ihre Kinder groß. In ihrer Freizeit gingen sie tanzen und fuhren sogar gemeinsam in den Urlaub.

Auch im Haus am Eipbach sind die beiden Freundinnen unzertrennlich, leben im selben Wohnbereich und verbringen jeden Tag Zeit miteinander. Was sie auch im hohen Alter noch fit hält? Die Freundinnen glauben, dass es an der guten Eitorfer Luft liegen könnte. Aber auch gesunde Ernährung und Bewegung und ein wenig Glück dürften dazu beigetragen haben, dass Lotte Offermann am 3. März 2022 ihren 100. und Agnes Diegel am 18. März ihren 102. Geburtstag feiern. Eine gemeinsame Party ist bereits geplant.

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