Prozessauftakt nach Leichenfund in Eitorfer Wald Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig

Bonn/Eitorf · Vor dem Bonner Landgericht hat am Mittwoch der Prozess um zwei Obdachlose begonnen, die einen Bekannten in Eitorf umgebracht haben sollen. Der Mann wurde mit einer Schaufel erschlagen, die Leiche dann verbrannt.

 Der 30-jährige Angeklagte vor Gericht.

Der 30-jährige Angeklagte vor Gericht.

Foto: Peter Kölschbach

Die beiden Geschichten gleichen einander – bis auf einen wichtigen Unterschied: Bei der Frage, wer den tödlichen Schlag ausgeführt hat, weisen die beiden Angeklagten sich gegenseitig die Schuld zu. Vor der 8. Großen Jugendkammer am Bonner Landgericht hat am Mittwochvormittag der Prozess um einen gruseligen Fund in Eitorf im vergangenen Sommer begonnen. Im trocken gefallenen Bachlauf des Mosbachs hatte eine Joggerin damals die Leiche eines Mannes entdeckt. Nun müssen sich zwei 30 und 21 Jahre alte, drogensüchtige Obdachlose wegen Totschlags vor Gericht verantworten.

Der Tatort war ein selbstgebautes Sommerlager in einem Waldstück in der Nähe des Bahnhofs Eitorf-Merten. Das Camp habe er bereits im Frühjahr errichtet, so der ältere der beiden Angeklagten. Im Sommer habe er dann für ein, zwei Wochen dort übernachten wollen. So auch in der Tatnacht, die er seiner Erinnerung nach auf den 22. Juli 2020 datierte. Gemeinsam mit dem Mitangeklagten und dem späteren Opfer habe man dort zwei Nächte verbracht.

Streit um verbrannte Schuhe

Am Morgen vor der Tat sei das spätere Opfer aufgebrochen, bevor er und sein anderer Freund aufgewacht seien. In der Asche des mittlerweile erloschenen Lagerfeuers hätten sie allerdings ihre angekokelten Schuhe gefunden. Die Schuld gab man offenbar dem Frühaufsteher. Zu zweit sei man dann nach Bonn aufgebrochen, wo man auch den Übernachtungsgast wiedergetroffen habe. Über den Tag verteilt habe man Alkohol und Drogen konsumiert, bevor man sich per S-Bahn abends auf den Rückweg begeben hätte.

Im Wald angekommen habe kurz nach Mitternacht der Vorfall mit den verbrannten Schuhen zu einem erneuten Streit geführt: „Weil das Lager ein Ort der Ruhe sein sollte“, habe man dann das spätere Opfer zur Bahn bringen wollen, damit der Mann einen anderen Übernachtungsort finden könne. Er selber sei zu diesem Zeitpunkt etwa 100 Meter hinter den beiden Anderen gegangen, das wisse er noch genau, weil er einen schmerzhaften Abszess am Bein gehabt habe. Das spätere Opfer sei sehr aggressiv gewesen. „Ab diesem Zeitpunkt ging der eigentliche Albtraum los“, so der Ältere. Er habe beobachtet, wie sein Mitangeklagter das Opfer zunächst mit einer Schaufel geschlagen und ihm später mit dem abgebrochenen Stiel in das Auge gestochen habe.

Nachdem er den Tatort verlassen hatte, habe er dann später gehört, dass sein Kumpel den toten angeblich noch mit einem Holzstück „gepfählt“ und die Leiche mit Spiritus übergossen haben soll. „Obwohl ich ihn mochte, hatte ich danach Angst vor ihm“, schloss er die von seinem Anwalt vorgetragene Erklärung.

Auch der Jüngere ließ seine Darstellung des Tatabends von seiner Anwältin vorlesen: Bis zu dem Zeitpunkt, an dem man gemeinsam das Lager Richtung S-Bahn wieder verlassen haben will, decken sich die Schilderungen im Großen und Ganzen. Den Streit um die Schuhe habe man noch in Bonn beenden können, nicht zuletzt, weil eine Passantin dem älteren Mitangeklagten großzügigerweise ein neues Paar spendiert habe. Nicht er habe allerdings nach dem Wiederaufleben des Streit das Opfer erschlagen, sondern sein Kumpel. Und auch nicht mit der Schaufel, sondern mit einem großen Ast. Allerdings habe er dem Toten dann seinen Gürtel um den Hals gebunden und ihn damit in den trockenen Bachlauf gezogen. Den Rest der „schrecklichen Nacht“ habe man dann noch gemeinsam im Lager verbracht.

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