Überraschende Wende im Prozess Haftbefehl gegen Angeklagten im Mordfall Claudia O. aufgehoben

Lohmar · In dem aufsehenerregenden Prozess um die 1987 ermordete Wirtstochter Claudia O. gibt es eine überraschende Wende: Der Haftbefehl gegen den 66-jährigen Angeklagten wurde am Donnerstagmorgen aufgehoben.

Der Angeklagte im Mordfall Claudia O.

Der Angeklagte im Mordfall Claudia O.

Foto: Peter Kölschbach

Der Haftbefehl gegen den 66-jährigen Angeklagten wurde am Donnerstagmorgen aufgehoben und das Verfahren auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bei der Untersuchung von Genmaterial, das vor 35 Jahren an der Leiche sichergestellt worden war, konnte eine Kontamination aufgrund zwischenzeitlicher Untersuchungen nicht mehr ausgeschlossen werden. Die Proben bildeten aber die Grundlage der Anklage.

Claudia O. war am Morgen des 9. Mai 1987 tot in ihrem Schlafzimmer im Wohntrakt des Ausflugslokals Naafshäuschen in Lohmar aufgefunden worden. Der heute 66-jährige Angeklagte geriet als Dauergast des Wirtshauses schnell ins Visier der Fahnder – das Verbrechen wurde ihm aber nie nachgewiesen.

Im Jahr 1989 war er dann wegen eines im Sauerland begangenen Doppelmordes an einem 15 Monate alten Kleinkind und dessen Großmutter zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Als im Jahr 2017 dann die seinerzeit an der Lohmarer Leiche sichergestellten Gewebefasern erstmals auf DNA-Spuren untersucht wurden, geriet der Mann erneut ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft.

Nachdem eine zweite gefundene DNA-Spur zweifelsfrei einem LKA-Beamten zugeordnet werden konnte, erhoben die Bonner Staatsanwälte Anklage und der 2020 nach über dreißigjähriger Haft auf Bewährung entlassene Rentner musste sich seit Anfang November vor dem Bonner Schwurgericht verantworten. Er bestritt, die junge Frau umgebracht zu haben.

Ein offenbar nicht korrekter Vermerk in den Unterlagen des LKA führte nun zu der Wende: Dort hatte es geheißen, die Proben seien nie geöffnet worden. Das hatte auch ein Mitarbeiter als Zeuge dem Gericht am vorausgegangenen Verhandlungstag zunächst noch bestätigt. Auf Nachfrage sagte der 64-jährige Beamte der Kammer aber dann, dass man 1987 die Folien, zwischen denen die Faserspuren gesichert waren, eingeschnitten habe. Er habe das nicht als Öffnung angesehen. Außerdem seien seinerzeit Faserproben, die man von der Kleidung des Angeklagten gesichert hatte, in unmittelbarer Nähe zu den Tatortproben untersucht worden.

Nach Rücksprache mit der Gutachterin, die die Proben aktuell ausgewertet hat, kann die Strafkammer eine zwischenzeitliche Kontamination nun nicht mehr ausschließen. Eine Sichtweise, der sich auch die Staatsanwaltschaft anschloss: In der Anklage sei man von einem anderen Umgang der Polizei mit den Asservaten ausgegangen. Nun werden die Ermittler schauen, ob es noch unbeschädigte Faserproben gibt. Das „Damoklesschwert“ einer Wiederaufnahme des Verfahrens – wie es der Anwalt des Angeklagten Uwe Krechel ausdrückte, schwebt also weiterhin über dem 66-Jährigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort