Zukunft der Siegstrecke Nein zur "Lärm-Müllhalde"

WINDECK · Malerisch und idyllisch ist die Bahnstrecke zwischen Köln und Siegen, aber auch mit Problemen behaftet, die in Zukunft gelöst werden müssen: überfüllte und unkomfortable Züge, Verspätungen, verkommene Bahnhöfe und marode Brücken. Instandsetzungsarbeiten haben im Sommer Komplettsperrungen zwischen Hennef, Herchen und Au zur Folge.

Zudem ist ein zweigleisiger Ausbau der Siegstrecke vorgesehen, der auf lange Sicht deutlich mehr Güterzüge auf die Siegstrecke bringen wird. Dagegen haben sich die Grünen im Rhein-Sieg-Kreis klar positioniert (der GA berichtete). Am Samstag diskutierten deren Verkehrsexperten unter dem Titel "Ratschlag Lebensader Siegstrecke" mit den Verantwortlichen der Bahn in Windeck-Schladern über genau diese Probleme. Fünf Stunden lang.

Keine Alternative zu Arbeiten

Dass es zu den Bauarbeiten zwischen Juni und August keine Alternative gibt, machten Dirk Helfert, Leiter des Verkehrsbetriebes DB Regio, und Klaus Scheffer, Leiter des Verkehrsbetriebes Express-Netz NRW, schnell deutlich während der Diskussionsrunde, die von Martin Metz, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Rhein-Sieg-Kreis, moderiert wurde. Ohne die Instandsetzung der Siegstrecke sei eine Verlängerung der S 19 bis Herchen, die für Dezember geplant sei, nicht möglich. "Die Siegstrecke ist am Rande ihrer Kapazität", sagte Dirk Helfert. Er machte keinen Hehl daraus, dass er sich einen zweigleisigen, komplett elektrifizierten Ausbau der Strecke wünschen würde. "Es ist aber besser, in kleinen Schritten voran zu kommen, als auf eine große Lösung 20 Jahre warten zu müssen."

Während der Bauphase müssen die Fahrgäste auf Schienenersatzbusse ausweichen. Die Bahn lässt derzeit die Fahrgäste auf der Siegstrecke zählen und schickt Gelenkbusse auf Probetouren. So möchte sie ermitteln, wo Haltepunkte eingerichtet werden können und wie viele Fahrzeuge benötigt werden. Neben normalen und Gelenkbussen möchte die Bahn auch Taxen einsetzen. Bittere Pillen müssen die Pendler trotzdem schlucken: Eine Barrierefreiheit ist beim Schienenersatzverkehr nicht gegeben - und auch die Reisezeiten werden sich während der Bauphase deutlich verlängern. Dirk Helfert gab zu, dass die Bahn die Zuwachsraten an Fahrgästen auf der Siegstrecke unterschätzt hat.

Dass die Doppeldecker-Züge gegen die günstigeren Talent-Züge ausgetauscht worden sind, sei allerdings den Sparzwängen der Kommunen und Kreise geschuldet. Drei Doppeldeckerzüge würden allerdings nach wie vor auf der Strecke fahren.

Der von Dirk Helfert gewünschte zweigleisige Ausbau der Siegstrecke könnte allerdings - wenn er denn kommt - einen Pferdefuß haben. Geht es nach der vom Bund in Auftrag gegebenen Korridorstudie Mittelrhein, würde sich der bisherige Güterverkehr im Siegtal verdrei- oder sogar vervierfachen, um das viel befahrene Rheintal zu entlasten.

Der dreifache Güterverkehr

Mit diesem heiklen Thema beschäftigte sich die letzte Diskussionsrunde, die Horst Becker, Parlamentarischer Staatssekretär der Grünen im Landtag, moderierte.

Laut Rolf Beu, Verkehrspolitischer Sprecher der NRW-Landtagsfraktion der Grünen, würden die derzeit eingleisigen Abschnitte auf der Siegstrecke, die durch Kriegsschäden entstanden seien, für eine Halbierung der Leistung sorgen. "Die Chance für einen zweigleisigen Ausbau ist da, aber die Steigerung des Güterverkehrs ist nicht unproblematisch", sagte Beu. "Ein Zuwachs des Güterverkehrs auf der Siegstrecke bedeutet nur, dass es keine weiteren Zuwächse im Rheintal gibt. Von einer Entlastung kann keine Rede sein", sagte Ingo Steiner, Fraktionsvorsitzender der Kreistagfraktion der Grünen.

"Wir müssen besonders beim Thema Lärmschutz genau hinschauen", so Steiner. "Wir können hier nicht zur Lärm-Müllhalde der Region werden."

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