Warnung vor Schwimmen in Flüssen und Seen DLRG: Situation am Rhein wird oft falsch eingeschätzt

Rhein-Sieg-Kreis · Dieser Sommer treibt noch mehr Besucher an Seen und Flüsse wie den Rhein. Immer wieder stellen Helfer jedoch fest, dass die Menschen die Situation dort falsch einschätzen. DLRG und Feuerwehr warnen vor den Gefahren und erinnern an die Baderegeln.

 Bruno Schöneberg am Beckenrand des Rosbacher Freibads: Er ist Leiter des DLRG-Bezirks Rhein-Sieg.

Bruno Schöneberg am Beckenrand des Rosbacher Freibads: Er ist Leiter des DLRG-Bezirks Rhein-Sieg.

Foto: Bettina Köhl

Viele Badeunfälle passieren lautlos. Es gibt kein knirschendes Blech und keine splitternden Scheinwerfer. Menschen verschwinden in Seen oder Flüssen und werden erst Tage später gefunden. Erst am Dienstag ist im Rotter See in Troisdorf eine leblose Person entdeckt worden. Es handelte sich um einen 35-Jährigen, der seit Samstagabend vermisst worden war. Gewalteinwirkung habe es der Polizei zufolge nicht gegeben, die genauen Hintergründe sind noch unklar.

In den Wochen zuvor gab es immer wieder ähnliche Nachrichten: eine 84-Jährige ertrinkt in einem bayerischen See, eine Elfjährige in einem See in Hückelhoven und eine Mutter, die ihren fünfjährigen Sohn aus dem Rhein retten will, kommt dabei selbst ums Leben.

Mehr Besucher an Flüssen und Seen

Die Corona-Regeln in den Freibädern treiben noch mehr Besucher an die Flüsse und Seen, beob­achtet Bruno Schöneberg, Leiter des DLRG-Bezirks Rhein-Sieg. „Die Leute gehen lieber wo hin, wo es keine Einschränkungen gibt, aber da gibt es dann auch keine Aufsicht.“ Schöneberg steht im Freibad in Windeck-Rosbach am Beckenrand und beobachtet, wie die jungen Schwimmerinnen und Schwimmer der DLRG-Ortsgruppe Eitorf nach langer Trainingspause wieder ihre Bahnen ziehen. Unter ihnen ist der Taucher, der am 26. Juni einen 19-Jährigen aus dem Basaltsee in Hennef-Eulenberg geholt hat.

Die Retter vermuten, dass er eine halbe Stunde unter Wasser war, auch wenn der Einsatz nicht besser hätte laufen können. Freunde hatten schnell bemerkt, dass der 19-Jährige nah am Ufer des bis zu 20 Meter tiefen Sees versunken war. „22 Minuten nach der Alarmierung war der Taucher im Wasser. Wir hatten gerade einen Lehrgang in der Fahrzeughalle und konnten direkt losfahren“, berichtet Schöneberg. Als die DLRG-Helfer ankamen, hatte die Hennefer Feuerwehr den 19-Jährigen schon mit einem Sonargerät geortet, kam aber in mehreren Metern Wassertiefe nicht an ihn heran. „Nach drei Minuten hatten wir ihn“, berichtet der Taucher, der nicht mit seinem Namen in der Zeitung erscheinen möchte. Wie bei der Feuerwehr arbeiten bei der DLRG alle Hand in Hand.

Einsatzkräfte sind auf schwierige Situationen vorbereitet

Wie geht man damit um, wenn man einen leblosen Menschen an Land gebracht hat? „Wir haben, wenn notwendig auch kurzfristig, psychologische Betreuung. Das ist der Vorteil eines großen Verbandes“, sagt Schöneberg. Seine Leute seien topfit und wüssten, dass solch ein Einsatz irgendwann komme. „Wir sind im Katastrophenschutz tätig.“ Seine jahrzehntelange Erfahrung als Rettungsschwimmer hilft ihm, in der richtigen Situation das Gespräch mit den jüngeren Männern und Frauen zu suchen.

Bruno Schöneberg ist neben dem alten Eitorfer Freibad aufgewachsen, hat früh schwimmen gelernt und ist quasi automatisch in die rote DLRG-Uniform hineingewachsen. Er findet es „erschreckend, dass heute so wenig Kinder sicher schwimmen können“, und hofft, dass nach den Sommerferien die Hallenbäder wieder für Schwimmunterricht öffnen.

Kinder sind besonders gefährdet

Bundesweit sind im vergangenen Jahr 417 Menschen ertrunken, 87 Prozent von ihnen starben laut DLRG-Statistik in Flüssen, Seen oder Kanälen, die nur selten von Rettungsschwimmern bewacht werden. Aber ist es wirklich so gefährlich, an einer seichten Sandbank am Rhein die Füße ins Wasser zu halten oder die Kinder spielen zu lassen? „Selbst an ruhigen Stellen spürt man die Sogwirkung der Schiffe. Gerade spielende Kinder können sich nicht mehr halten, wenn eine größere Welle kommt“, sagt der Bezirksleiter.

Seine Strömungsretter gehen mit Neoprenanzug in den Rhein und werden angeleint. Sie kennen das Kehrwasser, das vor den Buhnen gefährliche Strudel bildet, und die Strömung an den Brückenpfeilern. Michael Grohe von der DLRG Nordrhein vergleicht den Rhein gerne mit einer Autobahn. Da gehen man ja auch nicht spazieren.

„Das Baden im Rhein ist gefährlich“

„Strandatmosphäre“ bescheinigt Lutz Schumacher, Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr Königswinter, einigen Uferabschnitten entlang des Rheins. Gute Wetteraussichten bereiten ihm Sorgen. „Das Baden im Rhein ist gefährlich“, bestätigt er. In Königswinter rücken bei Rettungseinsätzen je nach Rheinabschnitt die Löscheinheiten Altstadt und Niederdollendorf aus, die mit Rettungs- und Mehrzweckboot ausgestattet sind.

Zuschauer kämen bei diesen Einsätzen den Booten häufig bedenklich nahe und erschwerten den zügigen Ablauf des Einsatzes. Auch seien Fehlalarmierungen keine Seltenheit. „Aber besser einmal zu viel als zu wenig ausrücken“, betont Schumacher. Wer einen Notruf absetzt, sollte in jedem Fall vor Ort auf die Einsatzkräfte warten und ihnen seine Beobachtung schildern. „Das erleichtert uns die Arbeit.“

Auch Baggerseen können tückisch sein

Auch die Gefahr von Baggerseen wird oft unterschätzt, die steil abfallen können und verschiedene Temperaturschichten haben. „Wenn man ein paar Meter raus schwimmt, ist es plötzlich ganz kalt“, sagt Schöneberg. Der trainierte Schwimmer weiß aus eigener Erfahrung, wie sich ein Oberschenkelkrampf anfühlt. „Da hilft nur Ruhe bewahren und zurückschwimmen, ohne den Muskel zu belasten.“

Wer beim DLRG aktiv sein möchte, muss alle zwei Jahre das Rettungsschwimmabzeichen in Silber wiederholen. 70 bis 80 aktive Retter sind in Schönebergs Bezirks gemeldet. Es gibt auch genug Nachwuchs, für den die Kombination aus Training im Wasser und Spezialisierung reizvoll ist. Es gibt nämlich auch Rettungstaucher und Bootsführer, Funker und Kraftfahrer. „Das macht es auch so spannend“, findet der Leiter.

Und dann ist da noch die Öffentlichkeitsarbeit: Die gängigen Baderegeln sollten eigentlich jedem bekannt sein. Nicht mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser gehen, langsam abkühlen und Kinder auch am flachen Wasser nie aus den Augen lassen. Trotzdem stellen die Helfer immer wieder fest, dass Leute die Situation falsch einschätzen. Badeunfälle treffen nicht nur Kinder und alte Menschen, die die Kraft verlässt.

Warnung vor Alkoholgenuss beim Baden

Ein weiterer Rat vom Experten: „Lasst den Alkohol weg, wenn ihr schwimmen geht.“ Außerdem sollte man sich belebte Stellen aussuchen, wo Baden offiziell erlaubt ist. Die DLRG hätte genug Personal, um an heißen Sommertagen vorsorglich Präsenz zu zeigen, „aber die Kommunen wollen das nicht, was ich ein bisschen schade finde“, sagt Schöneberg. Seen, wo das Baden nur geduldet ist, bekommen durch die rot gekleideten Retter etwas Offizielles, was Erwartungen der Besucher in Bezug auf Sanitäranlagen und Müllentsorgung weckt.

Die DLRG-Schwimmer trainieren im Sommer nicht nur in den Flüssen und Seen der Region, um die Gegebenheiten kennenzulernen, sondern auch in der Ostsee. „Ich finde, der Umgang mit dem Wasser macht riesig viel Spaß“, sagt der Trainer.

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