Union Gestüt in Merten Seit mehr als 50 Jahren Vollblut-Rennpferde

EITORF · Wanderer laufen entlang der saftig grünen Wiesen der Siegauen unterhalb des Klosters Merten bei Eitorf. Aus der Ferne ertönt ein Wiehern, das von einem zweiten beantwortet wird.

 Fest im Griff: Walter Stürze leitet das Union Gestüt Merten.

Fest im Griff: Walter Stürze leitet das Union Gestüt Merten.

Foto: Elisa Miebach

Die Spaziergänger bleiben stehen und bewundern die großen, eleganten Vollblüter mit dem glänzenden Fell, die vor ihnen auf einer der weitläufigen Koppel stehen.

Bei einer kleinen Pferdeherde befindet sich Walter Stürze. Er leitet das auf die Rennpferdezucht spezialisierte Union Gestüt Merten und schaut sich jeden Morgen und Abend alle seine Schützlinge einzeln an. Mehr als dreißig Pferde stehen auf dem 65 Hektar großen Gelände - vom Fohlen bis zum Deckhengst.

Wenn diese Vollblüter über die Weide galoppieren, wird klar, wieso die Engländer vor rund 300 Jahren begannen, sie als Rennpferde zu züchten. Noch heute müssen die Pferde, die am internationalen Galopprennsport teilnehmen, Vollblüter sein. Das heißt, dass sie und alle ihre Vorfahren von drei bestimmten Stammhengsten aus dem 18. Jahrhundert abstammen.

Das Leben mit Vollblütern kennt Stürze, der selbst auf einem Gestüt im Sauerland aufwuchs, von klein auf. 1978 begann er seine Ausbildung als Pferdewirt in Merten und blieb seitdem dort. "Ich mag die Abwechslung in meiner Arbeit", sagt er, während er von der Weide in Richtung Stall läuft: "Eine besonders schöne Zeit im Jahr ist, wenn die jungen Fohlen geboren werden und man sie aufwachsen sieht."

Von Januar bis Mai bekam das Gestüt in diesem Jahr acht neue Fohlen. Stürze ist bei jeder Geburt dabei, auch wenn die meisten jungen Pferde mitten in der Nacht auf die Welt kommen. Mindestens ein Jahr bleiben sie dann auf dem Hof. "Einige Jährlinge und manche der zweijährigen Pferde bringen wir im Herbst zur Auktion nach Baden-Baden", so Stürze.

Die Preise für einen Vollblüter auf dieser Auktion lägen zwischen 10 000 und 400 000 Euro. Von ihren neuen Besitzern bekommen die Pferde dann ihre Namen und werden eingeritten. "Hier gewöhnen wir sie an das Führen, an den Sattel und die Trense", erzählt er und berät dann mit seiner Kollegin Claudia Seeck, wie die Muskeln der diesjährigen Auktionspferde in der zum Gestüt gehörenden Führanlage aufgebaut werden können. Seeck ist eine von vier angestellten Mitarbeitern auf dem Hof. Früher war sie selbst Rennpferdereiterin, heute bietet sie neben ihrer Arbeit auf dem Gestüt eine mobile Naturheilpraxis für Tiere an.

Manche Pferde, die in Merten aufgewachsen sind, bleiben gewissermaßen in der Familie, denn das Union Gestüt wird von der "Stall 5 Stars GmbH" betrieben, die eigene Rennställe etwa in Köln besitzt.

Der ganze Stolz von "Stall 5 Stars" ist der Deckhengst "It's Gino". Der elfjährige Braune hat laut Union Gestüt eine der höchsten Einschätzungen in Deutschland. "2008 wurde er Dritter beim 'Prix de l'Arc de Triomphe' in Paris, das ist so etwas wie die Weltmeisterschaft im Pferderennsport", so Stürze.

Im selben Jahr bekam der Hengst die Auszeichnung "Galopper des Jahres". Vor vier Jahren deckte er zum ersten Mal und mittlerweile sind 15 seiner ehemaligen Fohlen selbst Rennpferde, die Preise gewinnen. "Natürlich zählt bei einem Deckhengst vor allem seine Leistung. Für uns ist es jedoch schön, dass 'It's Gino' auch seinen braven Charakter an alle seine Fohlen vererbt hat", sagt Stürze und öffnet das Tor zu dessen Koppel. Er sagt: "Nicht auf jeden Hengst kann man so unbedarft zugehen."

Das Gestüt besitzt außerdem 13 Vollblutstuten. Bei der Gründung 1960 durch den Union Klub, dem damalige Dachverband des Pferderennsportes, standen einmal 40 Stuten in den umgebauten Ställen des ehemaligen Bauernhofes. Das alte Fachwerkhaus, die ehemalige Scheune und die Stallungen waren früher Teil der Burg und des Klosters Merten. Das Land des Gestüts gehört auch heute noch der Familie von Köckritz. Auf den Koppeln des Union Gestüts finden sich jedoch nicht nur Pferde. Manche Weiden werden an Bauern für ihre Rinderherden verpachtet.

Zum Leidwesen des Gestüts graben im Herbst manchmal Wildschweine eine Weide um. Einmal brachen die Pferde aus Schreck vor den Waldbewohnern aus ihrer Koppel aus. Mit Hilfe der anderen Dorfbewohner konnten sie jedoch eingefangen werden. "Wir haben eine sehr enge Dorfgemeinschaft", so Stürze. Selbst reitet er nicht mehr. Nur wenn er für den örtlichen Martinsumzug in die Rolle des berittenen Heiligen schlüpft, klettert er auf den Rücken der Pferde. Und auf diesem soll ja bekanntlich das Glück der Erde liegen.

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