Wolfsfamilie im Rhein-Sieg-Kreis Naturschützer sehen Nachweis von Wolfswelpen als kleine Sensation

Rhein-Sieg-Kreis · Im östlichen Rhein-Sieg-Kreis wurden die ersten Wolfswelpen in NRW nachgewiesen. Katharina Stenglein, Diplom-Biologin und Wolfsfachfrau beim Naturschutzbund, war ganz besonders überrascht.

 Wölfe suchen sich in der Regel ein Versteck. Deshalb gibt es nur selten Fotos wie hier aus dem Wildpark im brandenburgischen Groß Schönebeck.

Wölfe suchen sich in der Regel ein Versteck. Deshalb gibt es nur selten Fotos wie hier aus dem Wildpark im brandenburgischen Groß Schönebeck.

Foto: ZB/Patrick Pleul

Für Katharina Stenglein ist der Nachweis von Wolfswelpen in Eitorf eine kleine Sensation. Die Projektleiterin des Nabu-Bildungsprojekts „Der Wolf macht Schule“ hätte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet im östlichen Rhein-Sieg-Kreis die ersten Wolfswelpen in NRW nachgewiesen werden. „Am Niederrhein gibt es schon länger eine Wölfin, bei der man erwarten würde, dass sie aufgrund der Nähe zu Niedersachsen, in dem es ja mehr Wölfe gibt, einen Partner findet. Momentan hat diese Wölfin ihren Bruder bei sich. Bislang gibt es dort keine Anzeichen auf Welpen. In Rheinland-Pfalz hingegen wurde eine Wölfin mit Gesäuge nachgewiesen“, sagt sie. Gut möglich, dass das Tier dann nach Eitorf gewandert ist. „Um das aber eindeutig zu sagen, müsste dem Lanuv erst einmal DNA-Material vorliegen, welches dann ausgewertet werden kann“, sagt die Diplom-Biologin und Wolfsfachfrau beim Naturschutzbund.

Wie berichtet, haben das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) und die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf erstmals den Nachweis einer Wolfsfamilie in der Kommune Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis bestätigt. Aktuell werden durch das Lanuv weitere Hinweise aus dem Rhein-Sieg-Kreis überprüft und bewertet.

Mindestens zwei Welpen gesichtet

Zwei Welpen sind Stenglein zufolge auf jeden Fall bestätigt. Die Projektleiterin geht aber davon aus, dass es mehr sein könnten. Auf dem Video seien „mindestens zwei Welpen“ zu sehen, bestätigt Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann. Gesichtet worden sei zudem eine „laktierende Fähe“. Losungen und Haare seien sichergestellt worden und würden abgeglichen. Die Wissenschaftler des Lanuv seien mit Aussagen über die genaue Anzahl der Welpen „äußerst zurückhaltend“.

 Katharina Stenglein leitet beim Nabu NRW das Projekt „Der Wolf macht Schule“.

Katharina Stenglein leitet beim Nabu NRW das Projekt „Der Wolf macht Schule“.

Foto: NABU NRW/ISABEL FERJANI

Dass Wölfe in einem Gebiet Nachwuchs bekommen, sei ein sicheres Indiz dafür, dass sie sich wohl und sicher fühlten. „Man kann davon ausgehen, dass sie für eine gewisse Zeit in dieser Region bleibt. Die Aufzucht erfolgt dort, wo sich das Tier sicher fühlt.“ Wölfe bringen ihre Welpen gewöhnlich in Höhlen zur Welt. Auf dem sogenannten Rendezvous-Platz verbleiben die Welpen, bis sie herangewachsen sind, während Mutter- und Vatertier die Nahrung dorthin bringen. Es sei „super unwahrscheinlich, den Platz zu entdecken“, meint die Wolfsexpertin, und sie rät auch davon ab, ihn aufzusuchen. „Davon hat niemand etwas, die Tiere werden nur gestört. Und das gilt für alle Waldtiere“, sagt Stenglein. Ob sich jetzt daraus ein Rudel bildet, bleibt abzuwarten. Die Jungtiere bleiben etwa ein bis zwei Jahre bei den Eltern, bevor sie sich unter Umständen selbst auf Wanderschaft begeben.

Wenn sich jetzt Spaziergänger verunsichert fühlen, kann Stenglein das zwar verstehen, aber Gefahr gehe von Wölfen eigentlich nicht aus. „Wölfe sind Angsthasen. Die würden in einer Gefahrensituation teilweise sogar ihren Nachwuchs alleine zurücklassen“, sagt sie. Daher könnten Spaziergänger auch mit Kindern gefahrlos weiter auf den Waldwegen unterwegs sein. Nur die Hunde sollte selbstverständlich angeleint bleiben. Diese könnten von Wölfen entweder als Beute oder Eindringlinge betrachtet und angegriffen werden, sollten sie alleine in den Wäldern umherstromern. An der Leine droht Hunden in der Regel keine Gefahr.

Sollte dem einen oder anderen ein Welpe über den Weg laufen, so solle man ihn auf keinen Fall berühren oder gar füttern. „Die Kleinen können neugieriger als die Alttiere sein. Gut möglich, dass sie stehenbleiben und schauen. Aber dann trollen sie sich meist auch. Wer Wölfe sichtet, sollte in die Hände klatschen oder sonst irgendwie Lärm machen. Dann laufen sie weg. Wölfe finden Menschen nicht unbedingt spannend“, so Stenglein. Aber Fotos mit dem Handy sollte man doch gerne machen und ans Lanuv schicken. Auch Deitermann warnt davor, sich den Wölfen zu näheren oder sie zu füttern: „Das sind Wildtiere und sollten auch Wildtiere bleiben.“

Ebenso Verständnis hat Stenglein für Weidetierhalter, die sich Sorgen machen. In der Regel sind Ziegen und Schafe bevorzugte Beute, Pferde und Rinder eher selten, auch wenn es in Niedersachsen schon Fälle von Wolfsrissen gegeben habe, sagt sie und verweist auf Fördermöglichkeiten für spezielle Zäune für Schaf- und Ziegenhalter. Das Land Nordrhein-Westfalen bietet in sogenannten Wolfsverdachtsgebieten, Wolfsgebieten und Pufferzonen eine Förderung von Investitionen in vorbeugende Maßnahmen zum Herdenschutz an. Gefördert werden Elektrozäune und die Optimierung bestehender Zäune.

Wolfsberater Marc Redemann, der für die Überprüfung von Spuren zuständig ist, gibt zu bedenken, dass es nach Ausweisung einer Region als Wolfsgebiet eine Frist von einem halben Jahr gibt, in der Weidetierhalter präventive Schutzmaßnahmen beantragen und umsetzen müssen. „Wenn es danach zu Wolfsrissen kommt, wird es mit der Erstattung schwierig“, so Redemann, der auch mögliche Wolfsrisse bestätigt. Denn dieser Verlust wird den Tierhaltern vom Land ersetzt, im Verwaltungsdeutsch heißen sie „Billigkeitsleistungen“, die bei der Bezirksregierung Köln beantragt werden.

Wolfsriss schnell melden

Der Verlust muss innerhalb von 24 Stunden beim Wolfsberater gemeldet werden, der eine sogenannte Rissprotokollierung durchführt. Das Lanuv stellt dann eine amtliche Feststellung aus, dass der Wolf eindeutig der Verursacher ist. Danach erfolgt der Antrag bei der zuständigen Bezirksregierung.

Laut Dennis Heidel von der Pressestelle der Bezirksregierung Köln werden unter anderem auch Ausgaben für einen Tierarzt im Fall der Behandlung oder Einschläferung verletzter Tiere oder für die Tierkörperbeseitigung übernommen. Alle Anträge gehen an die Bezirksregierung Köln Dezernat 51 – Natur- und Landschaftsschutz.

Bei den Anträgen für Schutzzäune gibt es ebenfalls zunächst eine Beratung durch Fachleute der Landwirtschaftskammer, so Pressesprecher Bernhard Rüb. Die Anträge werden schließlich auch über die Bezirksregierung gestellt, die diese indes von der Landwirtschaftskammer überprüfen lässt. Sollte es eine akute Gefährdung der Weidetiere geben, so besteht laut Redemann auch die Möglichkeit, kurzfristig Elektrozäune kostenfrei auszuleihen, bis der eigentliche Schutzzaun fertiggestellt ist.

Bürger sollten jede Sichtung eines Wolfes an das Landesumweltamt (Lanuv NRW) unter 02361-3050 melden. Außerhalb der Geschäftszeiten und am Wochenende unter 0201-714488, E-Mail: wolf_nrw@lanuv.nrw.de