Statt Behördendeutsch Hennefer Initiative setzt sich für leichte Sprache ein

Hennef · Keine Fremdwörter, kein Fachchinesisch. Stattdessen einfache Sätze, die jeder versteht: Hennefs Pressesprecher Dominique Müller-Grote setzt sich mit Seminaren für eine leichte Sprache ein.

 Verfechter einer Sprache, die jeder versteht: Dominique Müller-Grote gibt auch seminare für Stadtmitarbeiter.

Verfechter einer Sprache, die jeder versteht: Dominique Müller-Grote gibt auch seminare für Stadtmitarbeiter.

Foto: Ingo Eisner

Selbst wer über eine hohe Lese-, Schreib- und Sprach-Kompetenz verfügt, kommt bei manchen Texten schon mal ins Schleudern. Um den Inhalt zu verstehen, müssen Sätze mehrfach gelesen werden, besonders bei verklausulierten, mit Fachbegriffen und Fremdwörtern gespickten Formulierungen. Menschen mit Schreib- und Leseschwächen, Personen mit geistigen Erkrankungen oder Demenz, Ausländer, die Deutsch als Fremdsprache lernen, stehen bei der Lektüre erst recht auf verlorenem Posten.

Für sie wurde die sogenannte leichte Sprache entwickelt, die im Gegensatz zur „Einfachen Sprache“ einem strengen Regelwerk folgt. Das wurde von dem seit 2006 bestehenden deutschen Verein „Netzwerk Leichte Sprache“ aufgestellt.

Zwölf Prozent der Deutschen nur einfache Sätze lesen und schreiben

Wie groß der Anteil der Betroffenen in Deutschland ist, zeigt eine Studie der Universität Hamburg. Demnach verfügen 12,1 Prozent aller erwachsenen Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren über eine sogenannte geringe Literalität. Sie können allenfalls einfache Sätze lesen und schreiben. 0,6 Prozent davon erreichen nur die Ebene von Buchstaben, 3,4 Prozent können einzelne Wörter lesen oder schreiben, aber keine vollständigen Sätze.

8,1 Prozent können zwar einzelne Sätze lesen und schreiben, nicht aber zusammenhängende Texte, selbst kürzere. Weitere 20,5 Prozent haben eine fehlerhafte Rechtschreibung. 67,5 Prozent erreichen ein höheres Niveau.

Leichte Sprache hat große Bedeutung für die Inklusion

Dominique Müller-Grote, Sprecher der Stadt Hennef sowie Leiter des Kultur- und Sportamtes, hat sich im Rahmen des Themas Inklusion mit dem Thema leichte Sprache beschäftigt. Er nahm an einer 80-stündigen Fortbildung samt Abschlussprüfung in Bremen teil und bietet mittlerweile Seminare für Mitarbeiter der Stadt an, besonders des Sozial- und Jugendamtes.

„Diese Seminare dienen aber nicht dazu, dass jeder Mitarbeiter jetzt alles nur noch in leichter Sprache schreibt. Aber jeder erhält viele Anregungen für verständlichere Formulierungen“, sagt Müller-Grote.

Alles fing mit dem Aktionsplan Inklusion an

Alles fing mit dem Aktionsplan Inklusion an, der Ende 2017 im Stadtrat verabschiedet wurde. „Mir war klar, dass die Informationsvermittlung dabei ein wichtiges Thema sein wird.“

Und es spielen auch rechtliche Vorgaben eine Rolle: Laut Paragraf 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen sollen Träger öffentlicher Belange mit Menschen mit geistiger oder kognitiver Beeinträchtigung in einer leicht verständlichen Sprache kommunizieren. „Sollen heißt natürlich nicht müssen, aber das wird eines Tages sicher kommen“, glaubt Müller-Grote.

Wichtig sei, dass die leichte Sprache einem Regelwerk folgt, damit Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Lese- und Sprachkompetenz verfügen, sie verstehen. Es gilt, kurze, eindeutige Aktivsätze zu verwenden, die nur eine Aussage enthalten.

Bei Formulierungen beschränkt man sich auf Subjekt, Prädikat und Objekt wie: „Das Kind streichelt den Hund“. Auf Konjunktiv und Genitiv oder sogar Genitivketten wird verzichtet. Regelwidrig sind auch sämtliche Synonyme und Sonderzeichen, die oftmals den Leser verwirren. Jeder Satz steht in einer eigenen Zeile. Auf Fachausdrücke und Abkürzungen wird verzichtet.

Leichte Sprache soll Alltagssprache nicht ersetzen

Müller-Grote liegt die leichte Sprache am Herzen. „Sie soll die Alltagssprache allerdings nie ersetzen. Es wird aber immer ein Ergänzungsangebot sein, damit Menschen mit Leseschwächen am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben und ihren Alltag meistern können.“

Auf der Homepage der Stadt informiert er bereits über einige Themen, etwa „Kommunalwahl 2020“, in leichter Sprache. Auch zu dem derzeit alles beherrschenden Thema Corona gibt es unter www.hennef.de/ls Infos in leichter Sprache.

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