47-Jähriger aus Niederkassel Angeklagter aus dem Bajonett-Prozess erneut vor Gericht

Niederkassel/Bonn · Nach dem spektakulären Heiratsantrag im Bajonett-Prozess vor zwei Jahren muss sich der Angeklagte (47) erneut vor Gericht verantworten. Wieder soll er seine Verlobte bedroht und verprügelt haben.

 Dem Angeklagten werden im Gerichtssaal die Handschellen abgenommen.

Dem Angeklagten werden im Gerichtssaal die Handschellen abgenommen.

Foto: Ulrike Schödel

Der Heiratsantrag im sogenannten Bajonett-Prozess war spektakulär gewesen: Ein 47-Jähriger aus Niederkassel, der wegen versuchten Totschlags an seiner Lebensgefährtin angeklagt war, hatte überraschend um ihre Hand angehalten. Der gesamte Schwurgerichtssaal hatte damals den Atem angehalten, um die Antwort der 35-Jährigen zu hören, die ihm - immerhin als Opfer seines Gewaltexzesses - noch als Nebenklägerin gegenübersaß. Die Angesprochene lächelte, sie schien die Antwort erwartet zu haben und hauchte ein „Ja“.

Nach diesem öffentlichen Eheversprechen wurde der Mann zu milden anderthalb Jahren Haft verurteilt. Ohne die Aussage der Zeugin - nunmehr Verlobte - war kein versuchter Totschlag mehr nachweisbar - nur eine Körperverletzung. Der Angeklagte kam nach dem Urteil im September 2020 auf freien Fuß - und verließ, mit der Braut im Arm, triumphierend das Gerichtsgebäude.

Durch die Balkontür eingedrungen

Das Verlöbnis jedoch war nicht von langer Dauer, wie jetzt in einem erneuten Prozess gegen den Angeklagten zu erfahren war. Zwei Wochen nach den öffentlich inszenierten Liebesschwüren soll die 35-Jährige den gelernten Schlosser wegen erneuter Übergriffe auf die Straße gesetzt haben. Aber der 47-Jährige ließ die Mutter von drei Kindern - davon ein gemeinsamer Sohn - nicht in Ruhe: Immer wieder stand er vor der Tür, einmal drang er sogar durch die geöffnete Balkontür ein. Doch die Ex-Verlobte stellte sich ihm in den Weg und verhinderte den Kontakt, auch zu den Kindern.

So kam es im Januar und Februar 2021 zu weiteren Straftaten: Wegen Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen verurteilte das Amtsgericht Siegburg ihn zu weiteren sechs Monaten Haft. Gegen das Urteil ist der heute 49-Jährige in Berufung zum Landgericht Bonn gegangen. Durchaus mit Erfolg: Denn am Ende wurde ihm die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, weil Sozialarbeiter - einer aus dem Knast, in dem er mittlerweile die Haftstrafe aus dem Bajonett-Prozess verbüßt hat - bestätigten, dass er sich derzeit mit seiner Alkohol- und Aggressionsproblematik auseinandersetze und dass er von der Zeit hinter Gittern „beeindruckt“ sei.

Der Berufungsrichter geht jetzt - laut Urteil - davon aus, dass er sich in Zukunft straffrei verhalten werde. Diese Überzeugung hatte das Bonner Schwurgericht nach dem prozess-strategischen Heiratsversprechen nicht. Immerhin hatte der Angeklagte seine Lebensgefährtin nach dem Rosenmontagszug 2020 in Mondorf schwer misshandelt und mit einem Bajonett fast tödlich verletzt. Der Angeklagte sei einer, so der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff im Urteil, „der gerne Frauen schlägt, ihnen die Nase bricht, wenn ihm was nicht passt“. Immerhin ist er neun Mal, auch einschlägig, vorbestraft.

Mit Blick auf die frisch Verlobte sagte Reinhoff: „Es ist kein gutes Zeichen, dass Frauen, die geprügelt und geschlagen werden, das dann immer noch gut finden und die Gewalttäter schützen.“ Die 35-Jährige war mit multiplen Hämatomen, Nasenbeinbruch, Würgemalen und zwei blau geschlagenen Augen so gerade noch davongekommen. Dieser Mann, so Reinhoff damals fast prophetisch, sei nicht zu bekehren, auch nicht was den Alkoholmissbrauch betrifft. Es sei nicht unwahrscheinlich, so die Sorge der Richter, dass „die Justiz Sie hier wiedersieht“.

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