Historie von Niederkassel Der Hüter der Vergangenheit

NIEDERKASSEL · Wenn er seine Anekdoten, gewürzt mit einer gehörigen Portion rheinischem Humor, zum Besten gibt, dann wird die Vergangenheit lebendig. Es sind die liebevollen Details, von denen Josef Schnabel, der ehrenamtliche Beauftragte für Denkmalpflege der Stadt, erzählt.

 Historische Bücher sind Josef Schnabels Schätze und prägen das Innere des Hauses.

Historische Bücher sind Josef Schnabels Schätze und prägen das Innere des Hauses.

Foto: Martina Welt

Es ist die Sprache seiner Heimat, und es sind die Befindlichkeiten seiner Zeitgenossen und deren Vorfahren, die Geschichte so nachvollziehbar und emotional erlebbar machen.

Das funktioniert bei Schnabel nur deshalb, weil er sich zum einen hervorragend auskennt, aber auch mit Herz und Seele bei der Sache ist. Es ist ihm ein Anliegen, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird, "sie erzählt von unserer Herkunft und zeigt uns gleichzeitig, wohin es geht", erläutert Schnabel. Vieles wiederhole sich im Laufe der Zeit, "das, was mein Opa einst gemacht hat, kann heute wieder ganz aktuell sein, wenn es darum geht, eine Stadt liebenswert und lebenswert zu machen", glaubt Schnabel.

Sein Schaffenswerk ist beachtlich: Schnabel referierte als Dozent zu Exkursionen mit historischen Themen des damaligen Volksbildungswerkes. Von 1975 bis 2005 übernahm er das im Auftrag der Volkshochschule. Schnabel hat in den 30 Jahren insgesamt 390 Fahrten zu unterschiedlichen historischen Themen und Stätten in der Region unternommen. Nicht mit eingerechnet sind die Vorabfahrten, um die Fahrt zu organisieren.

1993 bis voraussichtlich 2019 (er wurde für fünf Jahre wiedergewählt) wird der heute 80-Jährige als ehrenamtlicher Beauftragter für Denkmalpflege tätig sein. Zu seinen Aufgaben zählt es, einen Pflegeplan für die städtischen Denkmäler zu erstellen und darauf zu achten, dass dieser erfüllt wird. Diese Arbeit führt den alteingesessenen Niederkasseler auch in Privathäuser, wo er mit viel Fingerspitzengefühl versucht, Engagement für die oftmals heruntergekommenen Denkmäler zu wecken. In der Regel besuche er die Familien mehrere Male, um ihnen zunächst völlig andere Dinge zu erzählen, bevor er dann mit seinem eigentlichen Anliegen herausrücke. "Die Leute fragen sich dann manchmal schon, was ich eigentlich so oft bei ihnen will", meint Schnabel schmunzelnd.

Die Strategie geht jedoch in den meisten Fällen auf, auch wenn sie oftmals langwierig ist. Aktuell bemüht sich Schnabel um ein altes Kreuz in Stockem, das aus der Verankerung gerissen wurde und dabei zerbrach. Bestimmt schon seit 15 oder 16 Jahren versuche er, die Hofbesitzer davon zu überzeugen, das Hofkreuz, an dem die Knechte und Mägde früher vor der Arbeit beteten, dass sie den Tag heil überstehen, wieder zu restaurieren und aufzustellen. Das Kreuz zeige die Dreifaltigkeit und die Schmerzensmutter mit einem Schwert in der Brust, erzählt Schnabel. Dieses Bild des Elends diene auch dazu, die Knechte und Mägde aufzumuntern, indem man ihnen zeigt, dass es manchen eben noch schlechter gehe als ihnen, erklärt Schnabel das Motiv.

Besonders stolz ist der in der Niessengasse geborene Niederkasseler auf die sieben Fußfallstationen von Niederkassel nach Uckendorf. Je eine Station sei von einem der sieben Höfe erstellt worden und erinnere an die Zeiten der Pest in Niederkassel. Die Menschen beteten früher auf dem Weg zur Kapelle an jedem der sieben Fußfälle. Und auch heute findet alljährlich um den 15. September herum, am Tag der Schmerzen Marias, eine Prozession von Niederkassel zur Uckendorfer Kirche statt. Neben den rund 5000 Büchern mit historischen Inhalten, die den Denkmalpfleger zu Hause umgeben, ist er auch in der Stadt ein bekannter und gern gegrüßter Mann. "Wenn Väter mit ihren Kindern mir erzählen, dass sie mich in der Grundschule bei einer Führung durch die Stadt kennengelernt haben, dann freut mich das besonders." Denn das bedeutet: Die Arbeit, die Schnabel gegen das Vergessen der Vergangenheit verrichtet, trägt Früchte. Seine Bilanz sind zahlreiche Veröffentlichungen sowie die Mitwirkung an fünf Bänden der Niederkasseler Hefte. Gemeinsam mit Hans-Ulrich Busch von der Niederkasseler Verwaltung hat Josef Schnabel eine Liste mit 110 Denkmälern erstellt, und auch seine Niederkasseler Denkmalfahrten finden nach wie vor großen Anklang. Auch privat wird das Niederkasseler Original gerne für historische Rundgänge in der Stadt gebucht.

Zur Person

Josef Schnabel wurde am 29. Juni 1934 in der Niessengasse 4 geboren. Bis 1949 besuchte er die Niederkasseler Volksschule und danach die Handelsschule in Siegburg. Täglich fuhr Schnabel mit der Kleinbahn - "dem Rhabarberschlitten" - von Niederkassel nach Siegburg. 1951 begann er dann seine Lehre als Industriekaufmann in Troisdorf, 1955 wechselte er zur damaligen Hüls AG, wo er im Jahr 1992 als Abteilungsleiter der Datenverarbeitung ausschied. Josef Schnabel hat eine Tochter und einen Sohn.

Denkmalfahrt

Am Samstag, 13. September, lädt Josef Schnabel wieder ein zu einer Denkmalfahrt unter dem Motto "Farbe ist Trend". Abfahrt mit dem Denkmalbus ist um 13 Uhr am Niederkasseler Rathaus. In allen Stadtteilen wird der Bus Station machen. Gezeigt werden unter anderem das Niederkasseler Altenheim, die Lülsdorfer Burg, der Alte Kirchturm von Sankt Ägidius in Ranzel, die Höfe in Stockem, das Doktorhaus in Rheidt und die Farbenvielfalt der Rheinufer-Promenade in Mondorf. Die Fahrt endet um 18 Uhr am Rathaus.

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