Fundstück in Niederkassel Der Rhein gibt bei Niedrigwasser seine Geheimnisse preis

Niederkassel · Mitarbeiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes bergen eine Lore der ehemaligen Lülsdorfer Feldmühle. Das verrostetet Stück diente früher dazu, Korundsteine zu transportieren.

Die Wassertiefe des Rheins befindet sich im freien Fall und erreicht negative Rekordmarken. Das breite trockene Flussbett zieht auch immer mehr Spaziergänger an, die hier allerlei Dinge entdecken, die sonst unter der Wasserlinie verborgen waren.

Waren es in Köln letzte Woche Dutzende Fahrräder, die man aus dem Rhein barg, und Granaten in Bonn, so entdeckten Spaziergänger am Stromufer unterhalb der Lülsdorfer Burg ein merkwürdiges Eisengestell. Es ragte halb aus dem Schlick heraus und gab viele Rätsel auf. Die Finder posteten Fotos in Facebook, und die Raterunde begann. Ein alter Pferdeschlitten, die Sitzfläche einer Hollywoodschaukel oder gar ein altes Badewannengestell ohne Wanne waren nur einige der Vermutungen.

Nachdem das Fundstück von Mitarbeitern der Außenstelle des Kölner Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes in Mondorf geborgen und dort abgelegt wurde, kamen weitere Vermutungen in Richtung einer Lore auf. Licht ins Dunkel brachte nun Erwin Holst (83), ehemaliger Meister in der Korundanlage bei der Lülsdorfer Feldmühle, der heutigen Evonik Industries.

Er erkannte die Lore auf einem Foto sofort. Holst, seit 1995 im Ruhestand, erinnerte sich noch sehr gut an die Zeit, als man die Lore mit der voll beladenen Wanne im Handbetrieb über die Schienen im Werk schieben musste.

„Ich kam 1955 in die Feldmühle, und da gab es die Loren schon. So eine Wanne war mit faustgroßen Korundsteinen gefüllt und wog rund 500 Kilogramm. Die Steine waren vorher schon mit einem Kreiselbrecher zerkleinert worden, und wir schoben die Loren dann bis zu einem Aufzug. Dann ging es drei Stockwerke hinauf in den Siebturm der Korundschmelze“, so Holst.

Die Loren wurden dort ausgekippt und die Steine weiterverarbeitet. In einer Mahlstraße zerkleinerte man das Material immer weiter bis in den Mikrometerbereich.

Verwendet wurde das Endprodukt Korund dann zur Herstellung von Schleifpasten sowie als Schleifmittel (Schleifpapier und Trennscheiben) im Werkzeugbereich wegen seiner großen Härte. Korund wird auch als Strahlmedium zum Sandstrahlen benutzt. Was mit der Lore nun geschieht, ist zurzeit noch nicht bekannt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort