Eskalation auf dem Spielplatz Urteil im Fall eines missglückten Drogendeals in Niederkassel

Bonn/Niederkassel · Nach einem misslungener Drogendeal, der für einen der Angeklagten mit einem Messer im Kopf endete, verurteilt das Bonner Landgericht drei junge Angeklagte zu milden Strafen.

 Um ein Tütchen Marihuana eskalierte ein Streit unter jungen Leuten, der jetzt vor Gericht landete.

Um ein Tütchen Marihuana eskalierte ein Streit unter jungen Leuten, der jetzt vor Gericht landete.

Foto: Dieter Hombach

„Es war kein gezielter Hinterhalt“, was am 28. März 2019 in der späten Dämmerung auf einem Kinderspielplatz in Ranzel passiert ist. Davon ist die 8. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts überzeugt und hat am Freitag die drei angeklagten Protagonisten eines dilettantischen, am Ende auch blutigen Drogendeals zu milden Strafen verurteilt.

So erhielt ein 23-jähriger Marihuana-Dealer wegen bewaffneten Drogenhandels ein Jahr Haft zur Bewährung. Ein 24-Jähriger, der versucht hatte, dem Dealer eine Tüte mit Marihuana zu entreißen, hat wegen versuchten Raubes acht Monate Haft auf Bewährung bekommen. Und der damals 17-Jährige, der das ganze Geschäft um 100 Gramm Marihuana für 600 Euro initiiert hatte, bekam wegen versuchten unerlaubten Rauschgiftbesitzes keine Jugendstrafe, sondern - als erzieherische Maßnahme - 50 Sozialstunden.

„Es war eine Spontantat“, so Kammervorsitzender Volker Kunkel in der Urteilsbegründung, als der 24-jährige Angeklagte sich in den Deal zwischen seinem 17-jährigen Kumpel, und dem Verkäufer eingemischt und versucht hatte, an die Tüte mit drei Paketen Cannabis zu kommen, natürlich ohne zu bezahlen. Die spätere Schilderung des 23-Jährigen, so Kunkel, dass „plötzlich eine Horde mit Waffen und Schaufeln aus dem Gebüsch gesprungen“ sei und ihn attackiert hätte, sei eher eine Schutzbehauptung des Überfallenen gewesen, der seine Rolle in dem Fall wohl beschönigen wollte.

Angeklagte haben positive Sozialprognosen

Denn durch sein Taschenmesser, das er - zur Verteidigung seiner Drogen - in der Hosentasche trug, war der Fall gefährlich eskaliert: Nach dem heftigen Gezerre um die Tüte, war es zu einem wüsten Gerangel zwischen den beiden Männern gekommen. „In dieser aussichtslosen Lage“, so Kunkel, hatte er das Messer gezogen und sich mit einem kräftigen ungezielten Stich verteidigt. Dabei traf er den Angreifer just in der linken Schläfe: Der 24-Jährige erlitt eine Schädelfraktur, die furchtbar blutete und auch genäht werden musste.

Nach dem einen Stich war der ganze Spuk auf dem Spielplatz sofort vorbei: Der Dealer, selbst durch die Schläge benommen und verletzt, ergriff die Flucht; für den 24-Jährigen wurde der Krankenwagen alarmiert. Von der Tüte Marihuana, die beim Gerangel zu Boden gegangen sein soll, gibt es bis heute kein Spur.

Für die Bonner Richter gab es verschiedene Gründe einen milden Blick auf den Vorfall zu werfen: Zum einen, weil er bereits über zwei Jahre zurückliegt und alle drei Angeklagten sich derzeit auf „gefestigten Lebenswegen“ befinden - und ihre Sozialprognosen positiv sind. Aber auch, weil die ganze Geschichte eher einen jugendtypischen Anstrich habe, hieß es im Urteil.

Das Wichtigste, so Kunkel im Schlusswort an die durchaus erleichterten Angeklagten: „Alle Bewährungsauflagen einhalten - und natürlich keine Straftaten mehr begehen.“

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