Prozess gegen Bauunternehmer Niederkasseler wegen Untreue und Steuerhinterziehung erneut vor Gericht

Niederkassel · Ein Bauunternehmer aus Niederkassel war vor drei Jahren wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Nachdem der BGH das Urteil zum Teil aufgehoben hatte, wird der Fall seit Montag neu verhandelt.

 Ein langwieriges Verfahren gegen einen Bauunternehmer aus Niederkassel muss vor dem Bonner Landgericht erneut aufgerollt werden.

Ein langwieriges Verfahren gegen einen Bauunternehmer aus Niederkassel muss vor dem Bonner Landgericht erneut aufgerollt werden.

Foto: dpa/Oliver Berg

Blauer Anzug, blaue Krawatte und blaues Einstecktuch: Ähnlich seriös war der 59-jährige Angeklagte bereits vor drei Jahren vor dem Bonner Landgericht erschienen. Wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 115, Steuerhinterziehung in neun und Betrugs in 17 Fällen hatten die Richter den Niederkasseler Bauunternehmer seinerzeit zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Kern ging es darum, dass der früher in seiner Heimatstadt Niederkassel auch politisch aktive Unternehmer für hiesige Bauprojekte Bauarbeiter aus der Türkei einfliegen ließ, in Deutschland aber keine Steuern und Sozialabgaben für sie zahlte. Der entstandene Schaden für Steuerzahler und Sozialversicherungsträger soll 11,5 Millionen Euro betragen haben.

Das erstinstanzliche Urteil ist aber vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zum Teil aufgehoben worden, und nun muss sich seit Montagmorgen die 7. Große Strafkammer erneut des Falles annehmen. Ob es diesmal wieder so ein aufwendiges Verfahren wie im Jahr 2018 werden wird, bleibt abzuwarten.

Kein einfacher Stoff

Jedenfalls reichen die bisher angesetzten vier Verhandlungstage nicht annähernd an die rund 30 Verhandlungstage von vor drei Jahren heran. Die Taten selbst liegen noch deutlich weiter in der Vergangenheit: Sie fanden zwischen 2007 und 2016 statt. Sechs Jahre hatte die Bonner Staatsanwaltschaft seinerzeit ermittelt, bevor sie Anklage erhob.

Die BGH-Entscheidung ist jedenfalls kein einfacher Stoff, die Karlsruher Richter haben in ihrer ausführlichen Entscheidung viele Details des ersten Urteils angesprochen. So sind offenbar die ersten 16 Fälle der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt dank einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung verjährt, in den übrigbleibenden Fällen bemängelte Karlsruhe die Berechnung der Höhe der ersparten Sozialversicherungsbeiträge. Der grundsätzliche Schuldspruch bleibt von den Rügen aber unberührt.

Der Unternehmer glaubte sich im Recht

Ebenso bei der Steuerhinterziehung. Die Frage, ob der Vorwurf des Betrugs hingegen ganz vom Tisch ist, blieb zunächst noch offen: Die Anwälte des 59-Jährigen interpretieren den BGH-Spruch aber offenbar dahingehend.

Der Unternehmer glaubte sich jedenfalls auch damals im Recht, hatte sich auf das deutsch-türkische Sozialabkommen berufen, das 2002 sogar auf seine Initiative hin zustande gekommen war. Dem Sozialabkommen zufolge können die Bauarbeiter nämlich nur dann nach Deutschland entsendet werden, enn der Hauptsitz des Unternehmens sich in der Türkei befindet.

Beim damaligen Verfahren vor der 9. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts wurde klar, dass das zunächst deshalb funktionierte, weil der Angeklagte mit seinem Bruder kooperierte, der ein Bauimperium in der Türkei führte. Im Jahr 2002 jedoch zerstritten sich die Brüder. Von da an verschleierte der Angeklagte gegenüber deutschen Behörden, dass die in seiner alten Heimat gegründete GmbH nur ein kleines „Personalvermittlungsbüro“ mit vier Mitarbeitern war, aber keinesfalls ein großes Bauunternehmen mit 555 Baustellen. Für die angeblichen Bauvorhaben soll der Angeklagte, der in den 80er Jahren nach Deutschland gekommen war, um Bauingenieurwesen zu studieren, zunächst gefälschte Verträge vorgelegt haben. Alles Luftnummern, wie er im Prozess eingeräumt hatte.

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