Wettbewerbs-Teilnahme abgelehnt Radschnellweg stößt auf Skepsis

SANKT AUGUSTIN · Ein Radschnellwegenetz im Rhein-Sieg-Kreis hat ein "irres Potenzial", meint Ulrich Kalle, in Sankt Augustin lebender Geschäftsführer des ADFC-Landesverbandes NRW. Das sieht die Sankt Augustiner Politik in weiten Teilen anders: zu teuer, zu viele Engstellen und darüber hinaus eine nicht geklärte Finanzierung.

Aus diesen Gründen versagte der Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschuss die von der Verwaltung gewünschte Zustimmung zur Teilnahme am landessweiten Planungs-Wettbewerb "Radschnellwege".

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Die Verwaltung wird nun eine Informationsveranstaltung organisieren, bei der die offenen Fragen gemeinsam mit den Bürgern geklärt werden sollen. In der Ratssitzung am 10. Juli soll dann eine endgültige Entscheidung getroffen werden.

Die Zeit wird indes knapp. Schon am 22. Juli müssen die Bewerbungsunterlagen der Jury vorliegen. Der Rhein-Sieg-Kreis will sich federführend mit einem kompletten Netz mit mehreren Abschnitten bewerben und hat der Teilnahme ebenso wie die Stadt Siegburg schon zugestimmt. Hauptachse ist ein Schnellweg von Bornheim, Alfter über Bonn, Sankt Augustin nach Siegburg.

Dazu sollen ein Abzweig von Sankt Augustin nach Troisdorf und eine Route von Siegburg nach Troisdorf führen. Die Wege sollen, dort wo es möglich ist, vier Meter breit angelegt werden. Insgesamt werden die Kosten für die Rad-Routen auf rund 15,3 Millionen Euro geschätzt, wovon das Land NRW 80 Prozent übernimmt, inklusive der Grunderwerbskosten. Etwa 1,1 Millionen Euro kämen auf Sankt Augustin zu.

Dort soll die Route hauptsächlich entlang der Stadtbahnlinie 66 geführt werden. "Wir haben hier aber sehr viele problematische Punkte", meinte Grünen-Fraktionschef Martin Metz und wies etwa auf die Überquerung der A 560 und der Sieg Richtung Siegburg hin. Die Route sei äußerst schwierig umzusetzen. "Ich befürchte, dass wir da scheitern werden", so Metz. Das Projekt enthalte viel "Provokationspotenzial", meinte Wolfgang Köhler (Aufbruch). "Ich sehe darin aber auch eine Riesenchance."

Die Finanzierung müsse erst geregelt sein, meinte Claudia Feld-Wielpütz (CDU). "Was passiert, wenn wir den Zuschlag bekommen und dann feststellen, es geht doch nicht?", fragte Feld-Wielpütz. "Ich habe große Zweifel, dass uns das etwas bringt", sagte Rainer Frank (SPD). Laut Rainer Gleß, technischer Beigeordneter, gibt es positive Signale aus dem Kreishaus. Es sei gut möglich, dass der Kreis die Radschnellwege über eine Umlage für alle 19 Kommunen finanziere.

Laut Gutachter Wolfgang Kever vom Planungsbüro Kaulen stehen die Chancen gut, dass der Rhein-Sieg-Kreis den Zuschlag bekomme. Insgesamt werden fünf Radschnellwege in NRW gefördert.

Kurz gefragt

Ulrich Kalle (52) wohnt in Sankt Augustin. Mit dem ADFC-Landesgeschäftsführer sprach Michael Lehnberg.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass der Kreis und Bonn den Zuschlag bekommen?
Ulrich Kalle: Die Chancen stehen sicher gut, weil wir allein in Bonn, Sankt Augustin und Siegburg eine hohe städtebauliche Dichte haben und das Ziel ist, mehr Pendler für das Fahrrad zu gewinnen. Und dafür ist hier ein hohes Potenzial vorhanden. In Siegburg und in Sankt Augustin beläuft sich die Einwohnerdichte jeweils auf 1500 pro Quadratkilometer. Hier lohnt sich so ein Projekt. Und Sankt Augustin ist der Kern der Geschichte.

Aber durchgehend vier Meter breite Schnellwege geht doch gar nicht.
Kalle: Das kann man auch nicht überall schaffen. Es gibt aber viele Tricks und Kniffe, wie man dem Radfahrer an Engstellen Vorrang gewähren kann. Auf der "Route 66" in Sankt Augustin sehe ich wenig Probleme. Schwierig wird aber der Abschnitt von der Südstraße nach Siegburg.

Wann kann man denn über den ersten Radschnellweg fahren?
Kalle: Das Projekt wird sich über mehrere Jahre hinziehen. Im Herbst entscheidet erst einmal die Jury, und dann beginnen die eigentlichen Planungen.

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