Viele Fragen offen Kirchen im Rhein-Sieg-Kreis bereiten öffentliche Gottesdienste vor

Rhein-Sieg-Kreis · Mit Gesang oder ohne? Wie groß muss der Abstand sein? Wie funktioniert das mit dem Abendmahl? Ab Mai können in den Kirchen wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden, doch die Auflagen zum Corona-Schutz machen es den Gemeinden nicht leicht.

 Ausreichend Abstand: In der Pfarrkirche Liebfrauen in Hennef-Warth sind die Kirchenbänke mit Abstandsaufklebern versehen.

Ausreichend Abstand: In der Pfarrkirche Liebfrauen in Hennef-Warth sind die Kirchenbänke mit Abstandsaufklebern versehen.

Foto: Ingo Eisner

Für Pastor Christoph Jansen ist diese Woche eine entscheidende Woche. Zahlreiche Besprechungen standen oder stehen für den Leitenden Seelsorger des Seelsorgebereichs Hennef-Ost an – etwa mit dem Seelsorgeteam. „Wir müssen beraten, wie wir verfahren werden“, sagt Jansen. Denn ab Mai können in Nordrhein-Westfalen wieder öffentliche Gottesdienste mit Gläubigen in den Kirchen gefeiert werden. Unter strengen Auflagen wie etwa der Einhaltung des Mindestabstands und einer entsprechend begrenzten Besucherzahl, um die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu mindern. Darauf müssen sich die Kirchengemeinden nun einstellen.

Erster Gottesdienst mit 30 Gläubigen

Für Jansen sind dabei noch viele Fragen offen. Auch deshalb sollen die Gotteshäuser in seinem Seelsorgebereich nur ganz vorsichtig wieder für Messen geöffnet werden. Und das auch noch nicht an diesem Wochenende. Denn das sei in der Kürze der Zeit nicht zu schaffen. Den ersten öffentlichen Gottesdienst mit etwa 30 Gläubigen möchte Jansen am zweiten Mai-Wochenende feiern. „Und dann schauen wir, wie es angenommen wird.“

Viel Zuspruch für die Video-Angebote

Gottesdienste hat es in den vergangenen Wochen in der Liebfrauengemeinde Hennef-Warth auch gegeben – allerdings per Videoübertragung. „Da gab es viel Zuspruch“, erzählt der Pastor. Das Angebot soll es deshalb weiterhin geben. Über E-Mail und Telefon habe es dazu ganz viele Rückmeldungen gegeben, so Jansen. „Es hieß: Wenn ihr so einen schönen Gottesdienst streamt, dann brauchen wir nicht zu kommen und uns dem Risiko auszusetzen.“ Auch aus diesem Grund vermisse er öffentliche Gottesdienste derzeit nicht – „jedenfalls nicht, wenn sie so kommen, wie sie sollen“, sagt der Seelsorger.

Das eigene Gebetbuch mitbringen

Denn es müssten zahlreiche Anforderungen erfüllt werden. „In eine durchschnittliche Pfarrkirche passen ja mit den Abstandsregeln nur 30 Menschen rein.“ Die müssten sich dann vorher wie bei einem Ticketsystem anmelden, ihr eigenes Gebetbuch mitbringen und würden von Ordnern an ihre Plätze verwiesen. „In dem Moment müssten alle Masken tragen.“ Vor den Corona-Zeiten seien in seiner Pfarrgemeinde rund 150 der 300 Sitzplätze bei einem normalen Gottesdienst belegt gewesen.

Bischöfe empfehlen, auf lautes Singen zu verzichten

Hinzu kämen die Diskussionen, ob überhaupt gesungen werden dürfe. Die Deutsche Bischofskonferenz empfiehlt, zumindest auf lautes Singen zu verzichten. „Ich kann mir einen Gottesdienst ohne Gesang nur ganz schwer vorstellen“, sagt Jansen. Und auch um die Kommunion macht er sich Gedanken. Sie mit Handschuhen oder mit einer Zange zu verteilen, wären Möglichkeiten. Überlegt werde auch, die Kommunion zu den Gottesdienstbesuchern zu bringen, damit sich keine Warteschlange bildet. Pastor Jansen: „Ich möchte nicht, dass die Menschen krank werden, weil sie in der Kirche waren. Das wäre das Schlimmste.“

Open-Air-Gottesdienste wären eine Lösung

Mit dieser Verantwortung beschäftigt sich auch Britta Bongartz, Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Sankt Augustin Niederpleis und Mülldorf. „Es ist eine totale Gratwanderung, weil der Gottesdienst das Herzstück ist und wir weder die Gemeindemitglieder noch uns gefährden wollen.“ Sie bringt deshalb Gottesdienste unter freiem Himmel ins Spiel. „Das kann ich mir für die ersten vorstellen.“

Desinfektionsspender in der Kirche?

Man müsse nun insgesamt viele Dinge abwägen, etwa ob es Desinfektionsspender brauche. Wann in der Kirchengemeinde wieder öffentliche Gottesdienste gefeiert werden, ist noch offen. Eine Entscheidung dazu wird frühestens am 11. Mai gefällt. Dann kommt das Presbyterium zur nächsten Video-Konferenz zusammen. „Dann weiß man hoffentlich mehr“, sagt Bongartz. Sowohl zu noch bestehenden Unklarheiten als auch zur Ansteckungsrate nach den ersten Lockerungen.

Kirche hat sich ins Digitale verlagert

Was die Pfarrerin aber jetzt schon weiß: Die Kirchengemeinde möchte weiter auch digital unterwegs sein und Audio-Andachten, die Ohrenkirche für Kinder sowie Videobotschaften anbieten. „Auch weil es genug Menschen gibt, die sagen: Ich möchte mich dem Risiko nicht aussetzen“, so Britta Bongartz. Den ersten Gottesdienst vor die Kirche ins Freie zu verlegen, überlegt auch Pfarrer Joachim Knitter von der evangelischen Kirchengemeinde Siegburg.

Dort soll der erste Präsenzgottesdienst am 17. Mai stattfinden. „Es gibt einfach noch eine Menge offener Fragen“, sagt Knitter. Etwa wie der Gottesdienst gestaltet werden könne und ob gesungen werden dürfe. Laut Knitter empfiehlt die evangelische Kirche, auf Gesang zu verzichten. Mindestens bis zu den Sommerferien schließt der Pfarrer auf jeden Fall Abendmahlfeiern aus.

Derzeit ist der Küster laut dem Pfarrer dabei, die Kirche auszumessen und zu schauen, wie viele Gläubige Platz hätten bei einem Abstand von zwei Metern. „Vielleicht werden wir bestimmte Stühle markieren, auf die man sich dann setzen darf. Wir wollen auf keinen Fall den Kirchenraum ausräumen“, sagt Knitter und ergänzt: „Es ist überall ein Suchen und Basteln nach Formen in der Rückkehr zur Normalität.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort