Kameras in Linienbussen RSVG stattet ihre Flotte bis 2017 mit Videoüberwachung aus

SIEGBURG · Sie sehen nicht nur aus wie Augen, sie sehen tatsächlich alles, was im Bus geschieht. Und sie halten es fest, zumindest für 72 Stunden. Dann erlischt, was die hinter halbkreisförmigen Glasdeckeln verborgenen Kameras aufgezeichnet haben. Und was meinen Sie?

Es sei denn, es gibt einen Zwischenfall, der polizeiliche Ermittlungen erfordert. Was sich bei den Bonner Stadtwerken (SWB) seit Juni 2012 flächendeckend bewährt, wird nun auch für die Busse der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) Realität: Der Verkehrsbetrieb lässt bis 2017 seine 283 Busse für die Videoüberwachung umrüsten.

Das wird die RSVG voraussichtlich 938.600 Euro kosten, wie ihr Geschäftsführer Michael Reinhardt bestätigt. Eine Investition, die der Kreistag beschlossen und der der RSVG-Aufsichtsrat zugestimmt hat. "Und die der Nahverkehr Rheinland mit 379.500 Euro bezuschusst", ergänzt Reinhardt.

In diesem Jahr möchte das Unternehmen, das das System seit eineinhalb Jahren in zwei Bussen testet, mit dem Einbau der Kameras beginnen. 50 Fahrzeuge sind zunächst avisiert. Nach derzeitiger Planung sollen sechs Kameras in Gelenkbussen und je vier in Solobussen montiert werden.

Die Videodaten werden im Bus aufgezeichnet: auf einer verschlüsselten Festplatte, auf die selbst der Fahrer keinen Zugriff hat. Er kann indes über einen Monitor alle Kamerabilder einsehen und so jederzeit sehen, was in seinem Bus geschieht. Beobachtet er einen Zwischenfall, drückt er eine Alarmtaste. Diese sichert das Videomaterial mit je fünf Minuten Vor- und Nachlauf und verhindert so das automatische Überschreiben nach drei Tagen.

"Unser Ziel ist es, unsere Fahrgäste und unsere 300 Fahrer zu schützen", sagt Michael Reinhardt. Die Dokumentation möglicher Übergriffe solle potenzielle Täter abschrecken. Größere Zwischenfälle habe es in jüngster Vergangenheit nicht gegeben, räumt er ein. "Im vergangenen Jahr hatten wir 15 bis 20 Übergriffe ."

Zahlen, die Kritiker auf den Plan rufen. Die Piraten Rhein-Sieg stellen den Fällen 30 Millionen Fahrgäste im Jahr gegenüber und den Kosten-Nutzen-Effekt infrage. Auch die Linken im Kreis bezweifeln die Verhältnismäßigkeit. Der linke Landratskandidat Michael Lehmann fürchtet um die Persönlichkeitsrechte und spricht von "Verschwendung öffentlicher Gelder".

"Kameras sind ein reaktives Mittel und verhindern keine Straftaten, was die Übergriffe der vergangenen Jahre in Köln und Berlin eindrucksvoll beweisen", sagt Martin Zieroth, dessen Piratenpartei am Wochenende am Siegburger Busbahnhof gegen den Einsatz von Überwachungskameras in RSVG-Bussen protestiert hat. Daher plädiere er für den Einsatz von in Deeskalationstechniken geschultem Begleitpersonal.

Dass die Videoüberwachung in Bussen greift, zeigt der Blick nach Bonn. "Wir haben durchweg positive Rückmeldungen erhalten", sagt Veronika John, Sprecherin der Stadtwerke (SWB). Seit Juni 2012 sind deren 190 Busse videoüberwacht. Piktogramme informieren die Fahrgäste darüber. Das Videomaterial werde regelmäßig angefordert. Nicht nur bei Übergriffen.

"Videoaufzeichnungen spielen in unseren Ermittlungen eine große Rolle", bestätigt Daniela Lindemann von der Polizei Bonn. Mit Zahlen kann sie das nicht belegen, aber mit Beispielen. Da ist etwa der Taschendiebstahl beim Einstieg in den Bus. "Die Kamera hält den Tathergang fest." Liegt ein richterlicher Beschluss vor, dürfen Täterfotos veröffentlicht werden.

"So haben wir Hinweise auf einen Täter erhalten, der einer jungen Frau das Handy rauben wollte." Er war zuvor mit seinem Opfer in Bad Honnef Bahn gefahren.

Was halten Sie von Kameras in Linienbussen?

"Ich finde die Überwachung gut. Denn wenn beispielsweise jemand belästigt wird oder Hilfe braucht, kann man schneller eingreifen." Kurt Franzen, 53, Baufacharbeiter aus Niederkassel.

"Zum Selbstschutz für die Fahrer finde ich das okay. Mich selbst stört eine Kamera nicht, ich habe nichts gegen eine Überwachung." Simon Friedrichs, 20, FSJ-ler aus Siegburg.

"Ich fühle mich dann ständig beobachtet und daher belästigt. Es dient vielleicht der Sicherheit, aber ich halte nicht viel davon." Laura Goltz, 18, Schülerin aus Siegburg.

"Vor allem nachts und an Wochenenden macht eine Kamera Sinn, da sie dem Schutz und der Sicherheit dient." Dominik Stumpf, 26, Student aus Bonn.

Und was meinen Sie? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

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