Naturschutzgebiet Sankt Augustin: BUND hat frühere Tongrube Agrob erworben

Sankt Augustin · Wo einst nach Ton gegraben wurde, werden nun Amphibien, Reptilien, Insekten und seltene Pflanzen geschützt.

 Das Areal ist Teil eines bedeutenden europäischen Fauna-Flora-Habitats.

Das Areal ist Teil eines bedeutenden europäischen Fauna-Flora-Habitats.

Foto: MEIKE BÖSCHEMEYER

An Regen hat es dem Biotop in der Tongrube Niederpleis in den vergangenen Wochen wahrlich nicht gemangelt. Ganz anders ist dies in den Frühjahrs- und Sommermonaten der letzten Jahre gewesen: Den Amphibien, Reptilien, Libellen und anderen Insekten fehlte es auf dem insgesamt 21,66 Hektar großen Gelände an Feuchtigkeit. Hierum und um viele weitere Aspekte des Artenschutzes will sich die Kreisgruppe Rhein-Sieg des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in den nächsten Jahren kümmern.

Seit November 2016 hatte der BUND die Tongrube als Biotop gepachtet und Anfang Dezember von der RSAG, der das Areal gehörte und die neben der Tongrube ihre Kompostierungsanlage betreibt, erworben. Gearbeitet wurde in der Tongrube zuletzt im Jahr 2011, und auch die Bergaufsicht für den ehemaligen Tontagebau ist seit dem 30. November 2018 offiziell beendet worden.

Wo heute Rohböden, die besonders nährstoffarm sind, für die Artenvielfalt von besonderem Interesse sind, wurde im 19. Jahrhundert eifrig gearbeitet und Wertschöpfung betrieben: Mächtige Tonschichten mit eingelagerter Blätterkohle aus dem erdgeschichtlichen Zeitraum des Tertiärs, die von Sanden und Kiesen der rheinischen Mittelterrasse überlagert waren, ließen bereits im Jahr 1830 an der benachbarten Langstraße und der Ölgartenstraße erste kleinere Ziegeleien entstehen. Dachziegel, Kabelabdecksteine, feuerfeste Steine und Steinzeugrohre kamen aus dem im Volksmund „de Panneschopp“, der „Pfannenschuppen“, genannten Ecke am Ostrand von Niederpleis. In den Jahren ab 1920 bis Mitte des 20. Jahrhunderts hatte die „Grube Agrob“ genannte Tongrube, die nun ein Biotop ist, ihre größte Ausdehnung erreicht und war mit einer eigenen Kipploren-Bahn mit einer angrenzenden Ziegelei verbunden, die wiederum an die Bröltalbahn angeschlossen war.

Seltene Pflanzenarten zurückgekehrt

Ab den 1970er-Jahren fand eine Vertiefung der Grube und eine Nutzung durch wechselnde Unternehmen statt. Auch die RSAG nutzte das Grubenmaterial, um einen Großteil der Basisabdichtung der Deponie Niederpleis, dem heutigen Entsorgungs- und Verwertungspark, zu bauen. Zuletzt fand nur noch „ein sporadischer Tonabbau zum Eigengebrauch“ durch die Deutsche Steinzeug statt, wie der Biologe Christian Günther für sein Buch zur Geologie in der Stadtgeschichte von Sankt Augustin recherchiert hat.

Heute ist das Areal, auf dem einst rund 600 000 Kubikmeter Ton abgebaut worden waren, nicht nur als Naturschutzgebiet ausgewiesen, sondern Teil eines bedeutenden europäischen Fauna-Flora-Habitats, teilten nun BUND und RSAG mit: Mit dem Kauf übernehme der BUND die Mitverantwortung für die Pflege und Entwicklung des Areals und unterstützt damit zugleich auch die Naturschutzverpflichtungen des Landes und des Rhein-Sieg-Kreises.

Seitdem der BUND im Jahr 2016 die Pflege übernommen hatte, wurden nicht nur 41 Libellenarten auf dem Areal nachgewiesen, sondern sind auch seltene Pflanzenarten nach und nach zurückgekehrt. Flora und Fauna will der BUND hinsichtlich der vergangenen Sommerdürren besser schützen, kündigt Achim Baumgartner, Sprecher der BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg, an: „In den nächsten Jahren wollen wir noch einmal viel Geld investieren, die Wasserhaltung neu aufstellen und dadurch mehr Niederschlagswasser im Schutzgebiet zurückhalten.“ Unterstützt werden die Bemühungen von der RSAG-Vorständin Ludgera Decking und die Errichtung von sogenannten Trittsteinbiotopen auf dem Deponiegelände angekündigt: „Ziel ist die Realisierung einer Biotopvernetzung – vom Pleisbach über die Tongrube bis hin zur Siegaue.“

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