Buisdorfer Wehr 14 Lachse sind schon aufgestiegen

SANKT AUGUSTIN · Man stelle sich vor, man laufe einmal um die halbe Welt zur letzten Nacht seines Lebens mit der einen Frau des Lebens, meistere alle noch so bedrohliche Gefahren und widrige Hindernisse und stehe dann vor der zugemauerten Tür des Schlafzimmers. Kein Durchkommen auf dem letzten Meter - so in etwa geht es derzeit vielen Lachsen vom schwedischen Lachsstamm Ätran in der Sieg.

 Der Biologe registriert die gefangenen Langstrecken-Wanderfische am Wehr.

Der Biologe registriert die gefangenen Langstrecken-Wanderfische am Wehr.

Rund 5000 Kilometer haben sie von Grönland über die Nordsee vorbei an Fressfeinden und im Rhein mit Schiffsschrauben und Schleusen zurückgelegt, seit vielen tausend Kilometern nichts mehr gefressen, um dann an Stufen wie dem Buisdorfer Wehr zu scheitern, das den Weg zu ihrem Geburtsort versperrt, wo sie neuen Lachsnachwuchs in die Welt setzen möchten.

Dank der modernen und großzügigen Fischaufstiegsanlage ist das heute weniger ein Problem als früher, sagte Klaus Weisser, stellvertretender Vorsitzender des Fischschutzvereins Siegburg. Für Sonntag hatte der Verein gemeinsam mit dem Rheinischen Fischereiverband zur Besichtigung der Lachskontrollstation am Buisdorfer Wehr eingeladen.

Dort messen und markieren Biologen die in der Sieg wieder angesiedelten Lachse auf ihrem Heimweg. Denn nach zahlreichen Umweltsünden war jener bis zu 1,20 Meter lange und zehn Kilogramm schwere Langstrecken-Wanderfisch in der Sieg und auch im Rhein vollends ausgestorben. Doch das ändert sich nun dank des Wanderfischprogramms von Jahr zu Jahr, erklärte Klaus Weisser den Interessierten: "Ziel ist es, eine selbsterhaltende Population zu erreichen. Dafür bräuchten wir eine Rückkehrerquote von drei Prozent, aktuell liegen wir aber noch unter einem Prozent."

Bis Sonntag registrierte die Kontrollstation, die seit Neuestem über eine Videoüberwachung mit automatischer Infrarotvermessung der Fische verfügt, bereits 14 aufsteigende Lachse. "Rund 200 sollten es in diesem Herbst schon werden", hoffte Weisser und erklärte, dass man den Lachsen künstlich unter die Arme, besser: unter die Flossen, greift: Eine kleine Auswahl an Lachsen wird nicht nur zur Dokumentation gefangen, sondern in eine künstliche Elterntierhaltung gebracht. Dort wird der Fischlaich entnommen, befruchtet und der Lachnachwuchs herangezüchtet. Später werden die Lachse in der Sieg ausgesetzt. Ohne diese Hilfe würde der Lachs derzeit noch nicht an der Sieg überleben, sagt der Fischexperte Weisser: "Damit umgeht man viele Gefahren der Sterblichkeit, etwa die Fressfeinde, oder auch der nicht vorhandenen Laichgebiete."

Denn für letztere sind abwechslungsreiche Flussabschnitte mit Kies, sehr sauberes Wasser sowie möglichst keine Schwebstoffeinträge durch die Landwirtschaft notwendig. "Was der Sieg zurzeit fehlt, ist Struktur. Bislang ist ihr Lauf durch Blockwurf, durch das Steinufer, vorgegeben", so Weisser. Hoffnung setzen die Lachsfreunde daher auch auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.

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