Seniorentheater in Sankt Augustin Am Anfang stand das Casting im Kulturamt

SANKT AUGUSTIN · Sie nennen sich die "Bühnengeister". Aber mit dem Schlossgespenst "Hui Buh" oder dem "kleinen Gespenst" haben sie nicht viel gemeinsam. Nur eines: Sie sind genauso agil und umtriebig, trotz ihres mitunter hohen Alters.

 Musikalisch, kreativ und topfit: Das Sankt Augustiner Seniorentheater "Die Bühnengeister" spielt den Leichenschmaus-Sketch.

Musikalisch, kreativ und topfit: Das Sankt Augustiner Seniorentheater "Die Bühnengeister" spielt den Leichenschmaus-Sketch.

Foto: Holger Arndt

Sie nennen sich zwar Laien, aber auf der Bühne oder vor der Kamera werden sie zu Profis. Sie tanzen, sie singen, sie parodieren, sie musizieren und sie erzählen kleine Geschichten in Form von Sketchen. Mal liebevoll, mal zynisch, meistens lustig und immer mit dem liebevollen Blick auf die Unzulänglichkeiten der menschlichen Natur und die Unvollkommenheiten des Lebens.

Die Sankt Augustiner Seniorentheatergruppe ist überall auf den Bühnen im Rhein-Sieg-Kreis unterwegs. Jedes Jahr 15 Auftritte sind keine Seltenheit und natürlich auch anstrengend. Aber die Freude am Schauspiel federt vieles ab, auch von den Malaisen des Alterns. "Es macht einfach unglaublich viel Spaß", sagt Doris Sterzenbach. "Das Theaterspielen bedeutet mir alles und kommt sogar vor der Familie." Die 85-Jährige ist von Anfang an dabei und die älteste Darstellerin. Sie lächelt und erinnert sich an die Anfangszeit und Gründung der Theatergruppe mit einem Casting im Kulturamt. "Da haben wir im Amt vorspielen müssen", so Sterzenbach.

Der damalige Kulturamtsleiter Bert Stroß hatte die Idee, eine Seniorentheatergruppe ins Leben zu rufen, nachdem das Werkstatttheater Köln, ebenfalls eine Seniorentruppe, in Sankt Augustin mit großem Erfolg aufgetreten war. Im Herbst 1993 begannen dann die ersten Proben der "Bühnengeister", nachdem die Stadt Sankt Augustin die Volkshochschule Rhein-Sieg als Partner mit ins Boot geholt hatte. Ihre gute Stube und Probenheimat fanden die Laiendarsteller im Haus Menden, wo sie auch heute noch zu Hause sind.

Jeden Montag wird ab 17 Uhr geprobt. Chef im Ring ist dann Marianne Masche, die die fröhliche Truppe seit 1997 leitet. Sie hat selbst mehr als 30 Jahre Kabarett- und Schauspielerfahrung. "Es ist einfach eine tolle, aber auch eine anstrengende Truppe", sagt sie über ihre Motivation, mit den Senioren etwas auf die Beine zu stellen. Eine Truppe im Alter zwischen 55 und 85 Jahren, die schon zur Institution in Sankt Augustin geworden ist. Vor allem für ältere Menschen in Senioreneinrichtungen und Altenheimen spielen sie, sind aber auch bei Hochzeitsfeiern, Geburtstagen und Firmenfesten immer Garanten für eine gute Stimmung.

Sie haben eigentlich alles, was man so braucht, um mit Spaß Theater zu spielen und Kabarett zu machen. Das Einzige, was derzeit fehlt, sind männliche Darsteller. "Im Männerbereich sind wir etwas dezimiert", sagt Marianne Masche. Nur noch drei Herren sind fest mit dabei. Einer ist Heinz Grigat aus Hangelar, der sich wieder mehr Männer und damit auch mehr Abwechslung wünscht. "Man ist so auf gewisse Rollen fixiert", sagt Grigat, der so etwas wie ein "Youtube- Star" ist. Gemeinsam mit der Comedytruppe "Y-Titti" haben die "Bühnengeister" im Jahr 2012 den Hit "Ai seu te pego" von Michel Telo parodiert und sich selber auf die Schippe genommen. Bis heute ist das Video weit über sechs Millionen Mal aufgerufen worden.

Und Heinz Grigat ist dabei geblieben, verkörpert in einigen Sketchen der Comedians den "Sepp", der unter anderem erzählt "wie genau man ein Selfie macht". Aufrufe? 856 043. Er wird sogar von seinen zumeist jugendlichen Fans im Café erkannt. "Ich hab auch schon Autogramme geben müssen", sagt er.

Marianne Masche ist von ihren wenigen Männern ganz begeistert. "Sie sind grandios und sehr flexibel", schwärmt sie. Norbert Clemens etwa spielt nicht nur Akkordeon, er hat auch immer gute Ideen für die Kulisse. So baute er eine Wand mit Laken, vor der die Schauspieler Loriots Sketch "Der Bettenkauf" stehend spielen können. "Wir können ja zu unseren Auftritten keine Betten transportieren", sagt Clemens, der seit neun Jahren dabei ist.

Zum großen Loriot haben die "Bühnengeister" ein ganz besonderes Verhältnis. Um das Stück präsentieren zu können, holten sie sich einst eine Spielgenehmigung - unterzeichnet von Loriot persönlich, erzählt Clemens. Er freut sich immer auf die Auftritte. "Das bietet viel Abwechslung, weil wir für jeden Auftritt ein eigenes Programm zusammensetzen." Und jetzt werden weitere Männer gesucht. "Sie sollten schon Freude am Singen und Tanzen haben", sagt Conny Kokott. Im Oktober soll das neue Programm präsentiert werden, und da werden wieder einige eigene Stücke zu sehen sein. Auch welche, in denen der Tod eine Rolle spielt. "Aber keine Sorge, der ist unser Freund", sagt Conny Kokott.

Wer bei den Bühnengeistern mitspielen möchte, kann sich im Internet auf www.buehnengeister.de informieren oder sich an Conny Kokott, Tel. 0 22 41/33 76 64, wenden. Geprobt wird montags ab 17 Uhr im Haus Menden, An der alten Kirche.

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