Rautenstrauch-Siedlung Birlinghoven: Erleichterung im "Gallischen Dorf"

Sankt Augustin · Die Stadt Sankt Augustin will die Rautenstrauch-Siedlung nun doch nicht unter Denkmalschutz stellen. Die Anwohner freut es.

 Zurücklehnen: Hausbesitzer Paul-Michael Radermacher sitzt auf einer Bank in der Rautenstrauch-Siedlung.

Zurücklehnen: Hausbesitzer Paul-Michael Radermacher sitzt auf einer Bank in der Rautenstrauch-Siedlung.

Foto: Holger Arndt

Die „Gallier“ haben gewonnen – zumindest verstehen einige Anwohner der sogenannten Rautenstrauch-Siedlung so das Versprechen der Stadt, das Areal in Birlinghoven nicht unter Denkmalschutz zu stellen (der GA berichtete). Angelika Lietzmann wohnt seit 1980 dort, sie nennt die Siedlung laut eigener Aussage das „Asterix-Dorf“ – wohl in Anlehnung an die berühmten Comics, in denen ein kleines gallisches Dorf um einen Kämpfer namens Asterix der römischen Besatzungsmacht Widerstand leistet. Lietzmann sagte am Mittwoch dem General-Anzeiger: „Das ist gut so, ich bin sehr zufrieden mit der Lösung.“ Und Hausbesitzer Paul-Michael Radermacher sagte: „Unser Widerstand hat sich bezahlt gemacht.“

Am Dienstag hat Lietzmann laut eigener Aussage das Schreiben der Stadt erhalten, darin erklärt der Technische Beigeordnete Rainer Gleß, warum die Verwaltung nach heftigen Anwohnerprotesten die Siedlung aus den späten 1970er-Jahren doch nicht unter Denkmalschutz stellt. Die Bürger hatten unter anderem einen Wertverlust befürchtet und dass sie jegliche Änderung genehmigen lassen müssen. Am Dienstagabend informierte Gleß den Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschuss. Er sagte: „Die Siedlung ist durchaus prägend für die Baugeschichte der Stadt, aber nicht in einem solchen Ausmaß, das sie unter Denkmalschutz gestellt wird.“ Er wies aber auch darauf hin, dass einige Menschen die Denkmal-Pläne als gut empfunden hätten.

Wie berichtet, hatten gut 25 Zuschriften der Anwohner zur neuen Einschätzung beigetragen, darin dokumentierten sie die erfolgten Änderungen ihrer Häuser in der Vergangenheit. „Es gab zu viele Verfremdungen durch bauliche Veränderungen“, sagte Gleß, der betonte: „Es ist keine Goodwill-Entscheidung. Wir mussten so entscheiden.“ Lietzmann sagte dazu: „Die Stadt hat dadurch Vertrauen zurückgewonnen und Einsichtsfähigkeit gezeigt.“

Grundsätzlich begrüßen auch Christel und Rudolf Winter die neue Einschätzung der Stadt, beide wohnen in der Siedlung und hörten Gleß am Dienstagabend als Ausschussgäste zu. Sie kritisierten aber weiterhin das Gutachten des Architekturbüros Vogt-Werling als fehlerhaft und monierten einige fachliche Fehler, beispielsweise bei der Anzahl der Häuser oder der beschriebenen Kellergestaltung. Der Entwurf des Denkmalpflegeplans hatte insgesamt 389 Objekte ausgewiesen, davon 26 als denkmalverdächtig und 363 als erhaltenswert.

Auch Radermacher ist jetzt zufrieden, allerdings sagte er: „Warum nicht gleich so? Ich habe von Anfang an gesagt, dass das schlecht ausgeht für die Stadt. Sie muss die Leute vorher informieren. Warum kann man nicht erst miteinander reden, damit die Menschen nicht einen solchen Hass auf die Stadt bekommen?“ Zum Einwand, dass die Stadt möglicherweise nicht auf alle Bürger einzeln zugehen kann, sagte er: „Das ist schwierig, ja. Aber bei knapp 100 Häusern wäre es gut gewesen, die Leute vorher ins Boot zu holen.“ Die Rautenstrauch-Siedlung sei kein Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert, mit der Einstufung als denkmalverdächtig habe man nicht rechnen können.

Für Verunsicherung sorgte bei den Anwohnern die Gestaltungsfibel, die Gleß wie berichtet erarbeiten will. Sie soll den Besitzern helfen, etwa bei der Fassadengestaltung. Laut Gleß ist sie nicht verpflichtend. „Was soll es dann?“ sagte Lietzmann. „Ganz logisch erscheint mir das nicht. Aber so schlecht ist die Idee auch nicht.“

Radermacher lobte die Idee als guten Ansatz, findet den freiwilligen Charakter begrüßenswert: „Es ist eine Fibel und keine Bibel.“ Und allgemein sagte er: „In acht Wochen redet über das Thema keiner mehr.“ Eine Vorhersage, die vermutlich auch sehr im Interesse der Stadt wäre.

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