Heimatgeschichte zum Nachschlagen Buch über Denkmalschutz in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Die Stadt präsentiert das Buch als spannendes Nachschlagewerk zur Heimatgeschichte. Es entstand unter der Zusammenarbeit von Stadt und Stadtarchiv und ist 623 Seiten stark.

Das neue Buch zum Sankt Augustiner Denkmalpflegeplan stellen (von links) Michael Werling, Rainer Gleß und Stadtarchivar Michael Korn in der Stadtbücherei vor.

Das neue Buch zum Sankt Augustiner Denkmalpflegeplan stellen (von links) Michael Werling, Rainer Gleß und Stadtarchivar Michael Korn in der Stadtbücherei vor.

Foto: Thomas Heinemann

Werden die Hochhäuser der Ankerstraße irgendwann einmal zum Denkmal? Und sind die Häuser der Wohnsiedlung „Im Spichelsfeld“ in ihrer Eigenart so erhaltenswert, dass deren Umbauten und Umgestaltung in Zukunft unterbunden werden sollten? Fragen, denen sich die Ingenieurin Marianne Vogt-Werling und der Ingenieur Michael Werling mit ihrem gleichnamigen Architekturbüro in Bergisch Gladbach seit Oktober 2013 in der Stadt Sankt Augustin gewidmet haben. Gut drei Jahre lang recherchierte, katalogisierte und analysierte das Ehepaar die Bebauung der Stadt, um Denkmäler, Denkmalverdächtiges oder zumindest Erhaltenswertes für den Denkmalpflegeplan der Stadt zusammenzutragen, der im Dezember 2016 dem Stadtrat vorgestellt wurde.

Die gesammelten Erkenntnisse flossen nicht nur ins digitale Geodatenmanagement GIS ein: Seit Donnerstag ist der „Denkmalpflegeplan für die Stadt Sankt Augustin“ als zweiter Band der historischen Reihe „Geschichte in Sankt Augustin“ im Buchhandel erhältlich. Mit 623 Seiten im A4-Format und 795 Abbildungen ist es das umfangreichste Werk, dass bislang in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Stadtarchiv erschienen ist. „Das Buch ist nicht nur quantitativ hochwertig, sondern auch in einer ganz hervorragenden Qualität entstanden“, betonte Sankt Augustins technischer Beigeordneter Rainer Gleß: „Denkmäler sind ein hohes Gut, eine Chance, unserer Nachwelt etwas zu erklären. Sie sind aber auch eine Bürde mit der Frage: Wie geht man damit um?“

Dass Geschmack und Zeitgeist kein guter Berater seien, machte Gleß an den Theorien der Stadtplaner der 1920er Jahre und ihrer „funktionalen Stadt“ in der Charta von Athen von 1933 deutlich: „Damals hieß es, 'weg mit den gebauten Gemeinheiten' zu den Häusern der Gründerzeit, weil sie nicht ins damalige Bild passten.“ Heute zählten die damals wenig geliebten Häuser zu den teuersten und beliebtesten Wohngebäuden der Großstädte. „Wir müssen daraus lernen und verstehen, wie und warum solche Wohnanlagen wie an der Ankerstraße entstanden sind – das war eine Entwicklung mit langer Vorgeschichte. Damals war Sankt Augustin eine der am schnellsten wachsenden Städte in Deutschland – das war eine Entwicklung, für die man einen Preis zu zahlen hatte.“

Ob und welche Gebäude denkmalwürdig sind, das sei gar nicht so leicht zu beurteilen, erläuterte Buchautor Werling an einem jüngsten Beispiel aus seiner Heimatstadt: Am Bensberger Marktplatz wurde eine alte Gaststätte abgerissen. Wahrlich kein Baudenkmal, betonte Werling, „und doch war der Aufschrei groß: Es war identitätsstiftend, es gehörte zum Ortsbild dazu. Auch solche erhaltenswerten Gebäude, die eine Straße oder einen Ort prägen und für die Menschen identitätsstiftend sind, haben wir in unserem Buch miterfasst, auch wenn sie niemals ein Denkmal werden könnten.“ Die bauliche Qualität innen wie außen müsse vorhanden sein und schließlich den mehrstufigen Prüfungen bis hoch zum Landeskonservator standhalten. Umgekehrt seien auch die Eigentümer sowie die Stadt in der Pflicht, bereits deklarierte Denkmäler zu pflegen, wie etwa das Ehrenmal in Buisdorf oder den Kapellenplatz in Mülldorf, der eine neue Platzgestaltung verdient habe.

Überfällig seien auch Hinweistafeln, um auf besondere Denkmäler und Spuren vergangener Epochen hinzuweisen, wie etwa auf ein kleines Mäuerchen an der Waldstraße in Sankt Augustin- Ort, zeigt Werling mit imposanten Zeichnungen: „Hier stand früher die ehemalige Bonner Verblendstein- und Tonwarenfabrik. Das sieht und erkennt heute ohne Schild niemand mehr.“

So ist der Denkmalpflegeplan für die Stadt Sankt Augustin nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern auch zu einem Geschichtsbuch für Sankt Augustin geworden, das auch zeige, wo Denkmalschutz seine Grenzen habe, machte Werling deutlich: „Hier und da müssen wir auch Gebäude abreißen. Wir wollen nicht unter einer Käseglocke leben, wir müssen uns und unsere Städte baulich weiterentwickeln.“

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