Videochat statt Hörsaal So startet das Sommersemester in Bonn und der Region

Bonn/Region · Den Dozenten per Videochat in das WG-Zimmer holen oder als eine Art Podcast auf die Ohren: Am 20. April beginnt das Sommersemester – mit Online-Unterricht. Wie gut sind die Hochschulen in Bonn und der Region für das digitale Semester gerüstet?

 Die Hochschulen in Bonn und der Region setzen während der Coronakrise auf digitales Lernen (Symbolfoto).

Die Hochschulen in Bonn und der Region setzen während der Coronakrise auf digitales Lernen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Armin Weigel

Das Sommersemester für die etwa 780.000 Studierenden in Nordrhein-Westfalen hätte eigentlich schon am 6. April begonnen. Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus starten Vorlesungen, Seminare und Kolloquien auch in Bonn und der Region nun am 20. April, also am kommenden Montag.

Allerdings lernen die Studierenden vorerst aus dem Home Office. Wann die Hochschulen den regulären Präsenzbetrieb tatsächlich wieder aufnehmen können, ist immer noch nicht klar. Deswegen soll der Online-Unterricht zunächst den regulären Uni-Betrieb in Hörsälen oder Seminarräumen ersetzen.

Von Bildschirm zu Bildschirm: Uni Bonn nutzt „Zoom“

So auch an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, die dem digitalen Semester optimistisch, aber auch gebannt entgegenblickt. Die Hochschule sei für das neue Halbjahr gerüstet. „Das bedeutet, dass die Lehrveranstaltungen, soweit dies möglich ist, im Online-Modus stattfinden“, teilte Rektor Michael Hoch den Studierenden diese Woche mit. Inzwischen sind demnach alle Veranstaltungen für die rund 35.000 Studierenden auf die Lehr- und Lernplattform „eCampus“ eingestellt, die grundlegend für den Online-Betrieb sei. Dort können Dozenten etwa ihre Folien und Literatur für die Studierenden hochladen, die von Zuhause aus auf die Unterlagen zugreifen können.

Es gebe auch die Möglichkeit, bei großen Vorlesungen Folien zu vertonen und diese dann in den Kursordner zu stellen. Studierende der Rechtswissenschaften konnten etwa in der vorlesungsfreien Zeit pro Woche zwei Probeklausuren downloaden, lösen und per Mail zur Korrektur einreichen. Viele haben dieses Angebot laut Uni bereits genutzt.

Außerdem sollen MP3-Dateien, die Dozenten als eine Art Podcast bereitstellen, größere Veranstaltungen wie Vorlesungen ersetzen; Seminare und Übungen werden zum Teil online über Videokonferenz-Systeme wie dem Anbieter Zoom oder DFNconf, dem Videokonferenzdienst im Wissenschaftsnetz, abgehalten. Dozenten hätten dafür entsprechende Lizenzen bekommen.

Über das elektronische Vorlesungsverzeichnis BASIS können dazu Kurse belegt und Infos zu einzelnen Veranstaltungen abgerufen werden.

„Erstiwoche“ fällt aus

„Wenngleich Zoom wahrscheinlich keine langfristige Lösung darstellt, sind wir sicher, dass es uns anhand dieses Systems gelingen wird, das digitale Sommersemester erfolgreich durchzuführen“, sagte Hoch. Die Universität Bonn stehe weiter mit Bund und Ländern sowie den anderen Hochschulen im engen Austausch, um noch digitaler zu werden.

Für die sogenannte „Erstiwoche“, in der neue Studenten ihre Kommilitonen kennenlernen können, gibt es keinen digitalen Ersatz: Die geplanten Veranstaltungen fallen aus, teilten etwa die Fachschaftsräte der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaftslehre auf ihren Internetseiten mit. „Wir bemühen uns, euch zu einem späteren Zeitpunkt ein alternatives Programm vorzustellen, können diesbezüglich allerdings noch keine genaueren Informationen geben“, schrieben die Juristen.

Online-Betrieb bei HBRS schon in erster April-Woche

An der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS) hat der erste Online-Betrieb laut eigener Aussage schon Anfang April begonnen. Dabei handelte es sich um eine Anlaufphase, sagte eine HBRS-Sprecherin.

Auch dort gebe es eine Lern-Plattform im Netz, die schon in der Vergangenheit einen Großteil der Veranstaltungen gebündelt hatte: Bei „Lernen und arbeiten online“ (LEA) legen Professoren und Dozenten in ihren Kursordnern Skripte, Video-Tutorials oder anderes Arbeitsmaterial für die Studierenden ab, manchmal auch eine komplette Vorlesung. Die Studenten laden ihre gelösten Aufgaben und weitere Arbeiten dann hoch.

Resonanz bisher sehr positiv

Die Hochschule in Sankt Augustin berichtet, dass viele Professoren ihre Veranstaltungen erstmals online durchführen. So schildert etwa Professor Michael Heinzelmann, dass seine Veranstaltung zu Werkstoffauswahl und Leichtbau von heute auf morgen entstanden sei und er sie als „sehr improvisiert“ empfunden habe. Die Resonanz sei insgesamt bisher sehr positiv. „Viele Studierende haben den Wunsch geäußert, dass Online-Angebote auch nach der Corona-Krise fortgeführt werden“, so die Hochschule.

Doch es gibt auch kritische Stimmen zur technischen Umsetzung: Die Plattform LEA habe einen begrenzten Datenspeicher und sei daher als Hauptforum in der ständigen Benutzung schwierig, wie der GA aus internen Kreisen der HBRS erfuhr. „Die Datenmengen, die zu speichern und zu transferieren sind, sind dabei schon eine große Herausforderung, an der wir zur Zeit arbeiten“, teilte die Hochschule auf GA-Anfrage mit. Man arbeite mit Hochdruck weiter an der technischen Ausrüstung. Es werde etwa auch versucht, große Datenmengen extern zu speichern und nicht alle Daten über die Hochschule abzuwickeln.

Ein virtueller Hörsaal aus dem Home Office an der IUBH

Auch die Internationale Hochschule Bonn (IUBH) fährt mittlerweile den digitalen Kurs: Bereits die Prüfungen für das duale Studium, das am Dienstag bundesweit in 20 Städten gestartet war, können online abgelegt werden, wie die IUBH mitteilte. Das habe so schnell funktioniert, weil die Hochschule auf die Infrastruktur seiner ‚digitalen Schwester‘, dem IUBH Fernstudium, zurückgreifen könne.

Statt der Bibliothek vor Ort sei Literatur im digitalen Campus „mycampus“ verfügbar, genauso wie Lern-Apps und Tutorien. Auch die Prüfungen können als Online-Klausur abgelegt werden. Nicola Zech, Professorin für Tourismuswirtschaft, bereitet zum Beispiel ihre Vorlesungen im Homeoffice vor. Diese hält sie dann in einem virtuellen Hörsaal „live“, führt Diskussionen und beantwortet Fragen direkt. Sie sehe in der aktuellen Situation auch Vorteile: „Die Studierenden können ihre digitalen Kompetenzen schulen, Selbstorganisation üben und zum Beispiel Präsentationen via Videokonferenz trainieren.“

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