Serie "Augustiner Köpfe" „Das Publikum ist wie meine große Familie“

SANKT AUGUSTIN · Kerstin Haase ist in Sankt Augustin für die Kulturplanung und -verwaltung zuständig. Das Publikum bezeichnet sie als ihre große Familie.

 Sie liebt das Verhandeln mit Agenturen, das Kreative, die Improvisation und die Fürsorge für die Künstler: Kerstin Haase.

Sie liebt das Verhandeln mit Agenturen, das Kreative, die Improvisation und die Fürsorge für die Künstler: Kerstin Haase.

Foto: Holger Arndt

Vorhang auf, Bühne frei und viel Applaus: So liebt es Kerstin Haase, wenn Künstler nach Sankt Augustin kommen und das Publikum begeistern. Haase ist die Frau hinter den Kulissen, die den Kontakt zu den Kultur-Abonnenten wie auch zu den Künstlern und deren Agenturen pflegt. Organisieren und auch Improvisieren, das liegt ihr im Blut. Unvergessen ist ihr Gong vor einigen Jahren: Weil der elektrische Pausengong streikte, lief sie laut „Gong“ rufend durch das Foyer des Rhein-Sieg-Gymnasiums. Für solche Momente, viele Herzlichkeiten, spontane Reden und flotte Sprüche hat das Publikum „die Kerstin“ längst in ihr Herz geschlossen.

Dabei liegen die Wurzeln der 45-Jährigen eigentlich ganz woanders: in dicken Aktenbergen. Nach der Ausbildung in Bonn landete sie in der Abteilung „Ratsbüro und zentrale Dienste“ im Augustiner Rathaus. Dort war sie zehn Jahre lang – „und dann war die Stelle im Kulturamt ausgeschrieben. Für die war ich wirklich prädestiniert. Es hat sich kein anderer beworben, obwohl die Stelle damals vergleichsweise hoch dotiert war.“

Zuständig für "den Bürokram"

Im Fachbereich Kultur ist sie für „den Bürokram“ zuständig: „Die Gema, die Künstlersozialkasse, manchmal auch die Ausländersteuer, die kaum einer kennt. Das ist ein großes Verwaltungsgebiet, und ich bin ein klassischer Büromensch. Ich liebe Ordnung und Ordner, auch zu Hause. Als Kind habe ich gern 'Knicken, Lochen, Abheften' gespielt. Das macht mir bis heute wirklich Spaß.“ Das Größte seien aber, und da bekommt sie glänzende Augen, die Kulturveranstaltungen – mit den Agenturen zu verhandeln, das Administrative, das Kreative, die Improvisation und auch die Fürsorge für Künstler.

Der Name „Aula des Rhein-Sieg-Gymnasiums“ schrecke beispielsweise Agenturen und Künstler zuweilen ab. Weil sie nicht wüssten, dass sie hier ein richtiges Theater mit Bestuhlung und Technik vorfinden. Doch die meisten Künstler seien unkompliziert, betont Haase, die bei der obligatorischen Frage nach Star-Allüren tief durchatmet. „Oft sind die Künstler ganz offen, die Bühnenanweisungen ihrer Agenturen sind aber acht Seiten lang. Da ist alles gelistet, von der Anzahl und Farbe der Handtücher bis zur Stärke des Klopapiers.

Chatten über Whatsapp mit Senta Berger

Haase, die private Handynummern deutscher Stars in ihrem Handy hat und mit Senta Berger über Whatsapp chattet, könnte zu zahlreichen Künstlern schöne wie schräge Geschichten erzählen – doch über all jenes fernab der Bühne schweigt sie vornehm.

In ihrem Job fühlt sie sich pudelwohl. „Ich mache das ja seit 17 Jahren, und das Publikum ist wirklich wie meine große Familie. Viele Stammgäste kenne ich seit Jahren mit Namen und sie sprechen mich an, wenn ich in der Stadt unterwegs bin und bedanken sich. Das ist immer sehr schön.“

Langeweile hat sie selten

Privat – Haase liebt leichte, komödiantische Beiträge – bleibe dagegen nicht so viel Zeit für Kulturbesuche oder auch nur zum Fernsehen. Stören tut sie das aber nicht, Langeweile habe sie selten. Denn selbst wenn der Vorhang auf der Bühne gefallen ist, sei ja abends meist noch lange nicht Schluss: „Viele Künstler wollen noch etwas warmes Essen gehen.“ Oder aber, das komme allerdings nur ganz selten vor, man versackt mit anregenden Gesprächen an einer Bar.

In ganz besonderer Erinnerung ist ihr ein nächtlicher Ausflug in den hohen Norden geblieben: Schauspielerin Senta Berger hatte samstags ein Gastspiel in Sankt Augustin, aber sonntags um 10 Uhr Dreharbeiten in Hamburg. „Also haben mein Mann und ich sie nach dem Auftritt in unserem Auto nach Hamburg gefahren. Wir haben noch am Schloss Röttgen den weltbesten Leberkäse und eine Dose Bier gekauft, und im Morgengrauen waren wir da.“ Kerstin Haase strahlt und ist auch stolz, dass das alles so geklappt hat: „Das war schon eine irre Nummer.“

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