Zu Gast auf dem Sofa in Sankt Augustin Ein „Blind Date“ für das Publikum

Sankt Augustin · Philipp Winkler kommt als Überraschungsgast zur Lesung in die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Der Autor aus Leipzig ist für den Deutschen Buchpreis nominiert.

 Fußballfans: Mitarbeiterinnen der Kreisbibliothek überraschen Philipp Winkler im Fussballoutfit.

Fußballfans: Mitarbeiterinnen der Kreisbibliothek überraschen Philipp Winkler im Fussballoutfit.

Foto: Holger Arndt

In der Bibliothek in der Fachhochschule Bonn/Rhein-Sieg war es am Donnerstagabend ziemlich voll. Geöffnete Fenster und Ventilatoren sorgten für etwas Abkühlung. Die Besucher der Lesereihe „Zu Gast auf dem Sofa“ rätselten bis zum Schluss: Wer der 20 nominierten Autoren für den Deutschen Buchpreis 2017 wird aus seinem neuen Werk lesen? Viele hatten die so genannte Longlist, auf der die potenziellen Preisträger aufgelistet werden, auf dem Schoß und ließen unterschiedliche Vermutungen hören. Und dann lüftete sich endlich das Geheimnis.

Die Bücherstube Sankt Augustin konnte für diesen Abend Philipp Winkler gewinnen, der aus seinem Debütroman „Hool“ vorlas. Gemeinsam mit dem Protagonisten Heiko Kolbe tauchten die Zuhörer in die Welt der Hooligans ein. Dem Publikum drängt sich angesichts der authentisch und sehr plastisch geschrieben Geschichte die Frage auf, warum sich ein Autor mit diesem Thema beschäftigt. „Ich bin von klein auf Fußballfan“, erklärt Winkler. „Ich bin also fußballsozialisiert aufgewachsen. Außerdem interessiere ich mich für Extrem- und Randgebiete. So bin ich auf die Idee gekommen.“

Die Idee kam während der Studienzeit

Den Entschluss, einen Roman zu schreiben, traf er bereits im dritten Semester seines Bachelorstudiums. Etwas größenwahnsinnig, findet er heute selbst. Das Außergewöhnliche an „Hool“ ist, dass die Handlung in der Ich-Perspektive geschrieben ist. „Das hat zum einen den Grund, dass viele potenzielle Leser mit der Welt der Hooligans nichts anfangen können“, erläutert der 30-jährige Autor und fügt hinzu: „Und es steckt auch etwas schriftstellerischer Sadismus dahinter, den Leser in die Perspektive von Kolbe zu zwingen, um aber auch Sympathie und Empathie mit ihm zu empfinden.“

Die plastischen Schilderungen der Kampfszenen und die genaue Beschreibung der Abläufe führe oft dazu, dass er sich mit dem Vorurteil konfrontiert sähe, selbst Mitglied der Hooliganszene zu sein. Doch da winkt Winkler direkt ab: „Mein Anliegen war, ein Licht von Innen auf die Szene zu werfen. Aber das ist alles fiktiv und auch kein Günter Wallraff-Bericht.“ Vielmehr habe er ausführlich recherchiert und mit Fanbeauftragten von Fußballclubs gesprochen, die immer wieder mit Hooligans zu tun haben. Leute aus der Szene seien da nicht so gesprächig.

Mehr als nur Klopperei

Doch die Geschichte um Heiko Kolbe beinhaltet mehr als die Beschreibung von Massenschlägereien. Es geht um die tragische Geschichte eines gescheiterten jungen Mannes, seine familiären Schwierigkeiten und den Wunsch nach Zusammenhalt.

Der Erfolg gibt Philipp Winkler Recht, die Nominierung für den Deutschen Buchpreis kam dann aber doch überraschend. „Das ist eine krasse Auszeichnung. Das hätte ich mir nicht ausgemalt.“ Doch wie sieht er seine Chancen? „Wenn, dann will ich auch gewinnen“, sagt der Wahl-Leipziger lachend. „Ich glaub es zwar nicht, es wäre aber schon schön.“ Verliehen wird der Preis zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse am 17. Oktober. Ein neuer Roman ist auch in Arbeit. Gibt es denn schon mal einen kleinen Tipp? „Das Thema wird Transhumanismus sein. Also die Aufbesserung des menschlichen Körpers durch Technik.“

Philipp Winklers Roman „Hool“ erscheint am 19. September im Aufbau-Verlag.

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