Huma-Einkaufscenter in Sankt Augustin Ein Streit mit Geschichte

SANKT AUGUSTIN · Am Donnerstag ist es soweit: Der erste Teil des neuen Huma-Einkaufscenters feiert Eröffnung, 28 Geschäfte ziehen ein. Bis Herbst 2017 soll der Bau komplett abgeschlossen sein. Für Sankt Augustin ist es ein Meilenstein in der Entwicklung seines Zentrums, für die Nachbarstädte Siegburg und Troisdorf ein Ärgernis. Sie klagen gegen den Huma-Neubau.

Der GA beantwortet die wichtigsten Fragen zum Rechtsstreit.

Warum klagen Siegburg und Troisdorf?

  • Die beiden Städte stören sich an der geplanten Einzelhandelsfläche für Textilien im Huma. Sie beträgt laut Huma-Projektleiter Lars Johannsen 17.200 Quadratmeter.

Gab es nicht beim ersten Huma-Bau in den 1970er Jahren bereits Klagen?

  • Ja, die Stadt Troisdorf klagte damals vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln gegen die Baugenehmigung, vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster strengte sie ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan an. Die Klage in Köln wurde abgewiesen, das OVG hingegen hob laut Troisdorfs Stadtsprecher Peter Sonnet den Bebauungsplan wegen formaler Fehler auf - allerdings erst 1981 und vier Jahre nach der Eröffnung des Huma. "Die Baugenehmigung war da beschlusskräftig, und der Huma stand schon, das hatte keine Auswirkungen", sagt Sonnet. Die Stadt Siegburg beschwerte sich laut des damaligen Ersten Beigeordneten Konrad Machens ohne Erfolg bei der Bezirksregierung Köln.

Wo klagen die beiden Städte?

  • Die beiden Städte klagen vor dem VG Köln gegen die Baugenehmigung, vor dem OVG Münster strengen sie ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan an.

Wie ist der aktuelle Stand vor dem OVG Münster?

  • Die Stadt Siegburg hat ihre Klage vor dem OVG am 20. November 2013 eingereicht (Aktenzeichen 10 D 91/13), Troisdorf folgte fünf Tage später (10 D 92/13). Am 1. Dezember, 11 Uhr, findet nun die mündliche Verhandlung in Münster statt. "In 99,9 Prozent der Fälle wird es dann auch eine Entscheidung geben", sagt Pressedezernent Ulrich Lau. Die Verwaltung der Stadt Sankt Augustin ist mit der Klageerwiderung gerade auf der Zielgeraden.

Wie ist der aktuelle Stand vor dem VG Köln?

  • "Eine Terminierung ist derzeit noch nicht absehbar", sagt die stellvertretende Pressedezernentin Stefanie Seifert. Siegburg hat die Klage am 20. November 2013 eingereicht (Aktenzeichen 8 K 7269/13), Troisdorf zwei Tage danach (8 K 7316/13).

Wer trägt die Gerichtskosten?

  • In beiden Fällen jeweils der Verlierer.

Wie steht Huma-Investor Hurler zu der Klage?

  • Keine Sorgen macht sich Huma-Projektleiter Lars Johannsen mit Blick auf den mündlichen Termin vor dem OVG. "Ich habe eine hohe Zuversicht, dass das gut für uns ausgeht", sagt Johannsen. Er erklärt, dass 55 Prozent eines Einkaufscenters dieser Größe mit Textilienverkauf bestückt sein müssten, um zu funktionieren. Beim Huma seien es 17 200 Quadratmeter bei einer Gesamtfläche von 39 000 Quadratmetern. Das entspricht knapp 44 Prozent. "Wir liegen also deutlich unter dem Richtmaß", sagt Johannsen.

Was meint die Stadt Sankt Augustin?

  • Gelassen sei er, sagt der Technische Beigeordnete Rainer Gleß. "Wir haben bei allen Planungen sichergestellt, dass der Huma verträglich für die Region ist", sagt er. Er teile die Sorgen der Nachbarstädte nicht. "Wenn ich sehe, was in Siegburg entsteht, kann der Huma nicht wirklich schädlich sein."

Angenommen, das OVG Münster weist die Klage ab: Was heißt das?

  • Das kommt auch auf das Urteil an, sagt Michael Oerder, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Verwaltungsrecht NRW im Deutschen Anwaltverein. "In der Regel lässt das OVG keine Revision zu", sagt er. Dagegen müssten Siegburg und Troisdorf also Beschwerde einlegen, darüber entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.

Angenommen, das OVG Münster gibt der Klage statt: Was hat das für Konsequenzen?

  • Dann hat die Stadt Sankt Augustin dieselben Rechtsmittel wie ihre Nachbarn. Oerder unterscheidet zwischen zwei Begründungen. Sind es rein formale Gründe, also beispielsweise eine mangelhafte Offenlage des Bebauungsplans, können diese korrigiert werden. Dies gilt laut Oerder auch für die zweite Möglichkeit, dabei geht es um das interkommunale Abstimmungsgebot. Es besagt, dass die Interessen der Nachbargemeinden berücksichtig werden müssen. Sieht das Gericht dieses verletzt, etwa, weil die Fläche mit Textilien tatsächlich zu groß ist, kann das auch ausgemerzt werden, beispielsweise in dem sie verkleinert wird. Oerder sagt: "Wenn der Betrieb einmal aufgenommen wurde, dann ist eine Nutzungsuntersagung sehr selten." Ein teilweiser Abriss stehe nicht zur Debatte: "Es ist ja nicht das Gebäude, das die Rechte der Nachbarn verletzt."

Warum ist noch keine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Köln terminiert?

  • Oerder glaubt, dass das VG das Urteil in Münster abwartet. "In der Regel sieht das Verwaltungsgericht sich daran auch gebunden."

Was sagen die Einzelhändler in Siegburg?

  • "Eine Einkaufsmall ist etwas anderes als eine gewachsene Innenstadt. Und eine Mall zieht auch ein anderes Publikum an", sagt Christoph-Konrad Machens, Vorsitzender des Verkehrsvereins. Aber: "Wie die Kundenströme sich jetzt entwickeln, weiß ich nicht." Sorge bereitet ihm die "Riesen-Werbepower" des Huma.

Wie schätzen die Einzelhändler in Troisdorf die Lage ein?

  • Stephanie Lottis ist Vorsitzende der Werbe- und Interessengemeinschaft Innenstadt "Troisdorf Aktiv". Sie sagt: "Ich empfinde den Huma nicht als bedrohlich. Er ist keine unbeachtliche Konkurrenz, aber schön ist er nicht."

Warum konnte man sich vorher nicht außergerichtlich einigen?

  • Es gab mehrere Gespräche, sogar der Rhein-Sieg-Kreis schaltete sich ein. Aber zwei Schlichtungstreffen endeten ergebnislos. Huma-Projektleiter Johannsen hat laut eigener Darstellung auch Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn aufgesucht. "Da war aber nicht mal Gesprächsbereitschaft vorhanden", sagt Johannsen. Huhn selbst wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern. Troisdorfs Bürgermeister Klaus-Werner Jablonski war für eine Stellungnahme ebenfalls nicht zu erreichen.
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