Mehrgenerationenhaus in Menden Ein Wohnmodell mit Zukunft

SANKT AUGUSTIN · Sie wohnen in Oberpleis, aber nicht mehr lange. Marie Luise und Ulrich Tepper, 74 und 76 Jahre alt, wollen raus aus ihrem großen Haus, aus dem die Kinder längst ausgezogen sind. Sie ziehen in eine "WG" nach Menden, wo an der Ecke Marktstraße/Auf dem Acker schon kräftig an ihrem neuen Heim gebaut wird.

"Eine Kellerwand steht schon", freut sich Ulrich Tepper. "Gemeinsam leben mit Jung und Alt" - so lautet der Titel einer ganz besonderen Wohnform, die erstmalig in Sankt Augustin realisiert wird.

Es ist eine schöne Vorstellung: Gemeinsam leben in einem gemeinsam finanzierten Mehrfamilienhaus, sich gegenseitig helfen, zusammen Projekte anstoßen oder einfach nur grillen und ansonsten für den anderen da sein, und das alles "Generationen übergreifend" und ohne Zwang, sprich: mit jungen, älteren und alten Bewohnern. Nur mit dem "Jung" hakt es noch. "Wir haben leider noch keine jungen Familien und nur ein Kind dabei", bedauert Marie Luise Tepper, Sprecherin der eigens für das Projekt gegründeten Genossenschaft. Den Grund kennt sie. "Vor allem die jungen Leute wollen flexibel sein und sich nicht zu fest binden."

Das Grundstück im Mendener Ortskern, wo das dreigeschossige Gebäude mit Staffelgeschoss gebaut wird, hat die Genossenschaft von der Gärtnerei Werner erworben. Es ist etwa 2770 Quadratmeter groß. Alles innerhalb und außerhalb der Wohnungen wird barrierefrei angelegt. Die 28 Wohnungen sind zwischen 45 und 110 Quadratmeter groß. Stellplätze gibt es neben dem Haus und in einer Tiefgarage, insgesamt 29.

Geplant sind zusätzlich ein großer Gemeinschaftsbereich mit Küche, Büro, Gäste-Appartement und Werkraum sowie ein Aufzug. Zudem soll die Außenanlage mit Platz und Garten gemeinschaftlich zum Spielen, Grillen und Entspannen genutzt werden. "Sechs Wohnungen sind noch frei, für drei haben wir aber bereits ernsthafte Interessenten", sagt Marie Luise Tepper.

Der Standort im Mendener Ortskern ist für sie ideal. "Alle Versorgungseinrichtungen für den täglichen Bedarf sind zu Fuß zu erreichen. Die Infrastruktur ist hervorragend." Nicht zuletzt will die Genossenschaft auch zum Klimaschutz beitragen. Das Haus wird energieeffizient gebaut, im Stile eines Passivhauses. Dazu soll ein nachbarschaftliches Car-Sharing organisiert werden. "Aber niemand wird gezwungen, an den gemeinschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen. Jeder kann, keiner muss", sagt Ulrich Tepper. Eine Gemeinschaftsordnung werde gerade erarbeitet.

Regelmäßig treffen sich die Genossenschaftsmitglieder schon, um sich besser kennenzulernen. Es wird zusammen gekegelt, Fußball geguckt oder geradelt. Auch ein Hauskonzert bei einem der künftigen Mitbewohner war schon im Angebot. "Es werden viele unterschiedliche Talente und Temperamente unter einem Dach sein. "Das ist alles andere als langweilig", freut sich Ulrich Tepper schon auf den Einzug und eine bunt gewürfelte Truppe, zu der etwa ein Pfarrer und ein Braumeister zählen. "Im Frühjahr 2014 soll es so weit sein." Dann wohnen er und seine Frau gemeinsam mit Menschen, die nicht nur aus der Region kommen.

"Wir werden dann Mitbewohner aus Solingen und sogar aus Pforzheim dabei haben", so Ulrich Tepper, der ausdrücklich der Stadtverwaltung für die große Unterstützung dankt. Ohne den Willen der Stadt ginge so etwas auch gar nicht. "In Königswinter haben wir es jahrelang vergeblich versucht. Aber die Stadt zeigt kein Interesse an dieser Wohnform", so der gelernte Architekt. Mit dem Kollegen Klaus Fischer und der Projektentwicklerin und Sozialwissenschaftlerin Lisa Huger hat die Genossenschaft erfahrene Planer und Berater an ihrer Seite.

Fischer hat das Mehrgenerationenprojekt Karmelkloster in Beuel-Pützchen mit initiiert, und Huger hat bereits mehrere andere Projekte dieser Art begleitet. Das Projekt werde im Übrigen als Modellprojekt des Landes NRW gefördert. "Es ist unsere Antwort auf den demografischen Wandel: eine Gemeinschaft von Menschen, die sich im täglichen Leben gegenseitig unterstützen und in einer Wohnanlage selbstbestimmt leben", sagt Marie Luise Tepper. Und auf die Mendener freut sie sich schon.

Das Modell

2200 Euro kostet der Quadratmeter in dem Haus der Wohngemeinschaft. 20 oder 50 Prozent der Kosten für eine Wohnung werden als Erstellungskosten in die Genossenschaft eingezahlt, der Rest wird als "Miete" an die Genossenschaft abgezahlt. Sie reduziert sich im Laufe der Jahre. Wichtig dabei: Die gekaufte Wohnung bleibt vererbbar, und bei einem Verkauf wird die Einlage wieder zurück gezahlt. mic

Das nächste Interessententreffen ist am Sonntag, 5.Mai, ab 11 Uhr im Club, Markt 1, in Sankt Augustin. Weitere Informationen unter http://gemeinsamwohnen.com.

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