Neues Leben Erweiterung der "Grünen Mitte" in Sankt Augustin

Sankt Augustin · Jagdaufseher Torben Reiske und Biologe Andreas Fey aus Sankt Augustin sorgen sich um die Artenvielfalt auf den Feldern zwischen Menden und Mülldorf. Inmitten der Felder "Grüne Mitte" soll deshalb ein 10.000 Quadratmeter großer Lebensraum für Tiere und Pflanzen entstehen.

 Diplom-Biologe Andreas Fey (links) und der neue Jagdpächter Achim Neumeister wollen den Lebensraum auf den Feldern zwischen Menden und Mülldorf aufwerten.

Diplom-Biologe Andreas Fey (links) und der neue Jagdpächter Achim Neumeister wollen den Lebensraum auf den Feldern zwischen Menden und Mülldorf aufwerten.

Foto: Thomas Heinemann

Saftige Wiesen, im Wind rauschendes Getreide auf den Feldern, ein paar Bäume, hin und wieder ein Kaninchen, das die Spazierwege kreuzt: Sie mutet idyllisch an, die Grüne Mitte, wie die Felder zwischen der Rathausallee in Mülldorf und Kreisverkehr an der Siegstraße Ecke Meindorfer Straße in Menden genannt werden. Feldhase und Rebhuhn schauen von den Hinweistafeln, die im Rahmen des Grünen-C-Projekts entlang der Wege aufgestellt wurden. Tiere, die Spaziergänger in der Wirklichkeit aber kaum mehr zu Gesicht bekommen: Die intensive Landwirtschaft, fehlende Rückzugs- und Lebensräume sowie auf den Feldern freilaufende und mitunter jagende Hunde haben die Artenvielfalt in der Grünen Mitte über Jahre verändert.

Wenn es nach dem Sankt Augustiner Diplombiologen Andreas Fey geht und nach Jagdaufseher Achim Neumeister, der mit Torben Reiske vor Kurzem die Jagdpacht des weitläufigen Areals übernommen hat, soll das bald anders werden. „Es muss sich einfach etwas tun. Alle reden über Artenvielfalt, tatsächlich ändert sich aber wenig“, kritisiert Fey, der bereits im Norden der Felder eine etwa 15.000 Quadratmeter große Streuobstwiese mit Naturteich und verschiedenen Kleinbiotopen betreibt: „Wir wollen jetzt mit gutem Beispiel vorangehen.“

10.000 Quadratmeter großer Lebensraum für Tiere und Pflanzen

Inmitten der Felder wird in den nächsten Monaten ein weiterer, 10.000 Quadratmeter großer, wilder Lebensraum für Tiere und Pflanzen entstehen, zeigt Fey an ersten Skizzen für das Projekt „Im Heidfeld“: „Mit diesem Naturprojekt möchte ich die Lücke schließen zwischen dem natürlichen Lebensraum rund um die Missionarsgrube und meiner Streuobstwiese in dann nur noch rund 600 Metern Entfernung.“

Südlich des Feldwegs, der offiziell Teil der Meindorfer Straße ist, wird Fey eine landwirtschaftliche Fläche nach der Tradition der Dreifelderwirtschaft anlegen. Alte Getreidearten wie Emmer und Einkorn, vielleicht auch Kartoffeln oder Rüben sollen dort gedeihen, frei von Dünger, Herbiziden oder Pestiziden, so Fey. „Dafür dürfen dort viele Acker- und Wildkräuter wachsen“. Ein Drittel der Fläche soll brachliegen. Der südlichste Bereich ist drei trockenfallenden Teichen vorbehalten, die für Insekten und Amphibien einen Lebensraum bieten sollen, der auf den anderen landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr vorhanden ist. Dank einer künstlichen Traktorspur und hochwachsenden Blühstreifen am Rand, den Feldrainen, sollen auch Hasen, Rebhühner und Fasane einen Rückzugsort finden.

Futtermangel macht Tieren Probleme

Denn daran mangelt es derzeit, sodass diese Tiere auf dem Feld nicht oder kaum noch zu finden sind, bedauert Jagdaufseher Neumeister: „Früher gab es die Tiere hier überall. Es ist ein heimliches Sterben, das in unserer Landschaft stattfindet. Den Rebhühnern fehlt es zum Beispiel an Insekten, die sie zur Aufzucht ihres Nachwuchses brauchen. Gemeinhin ist es der Futtermangel, der den Tieren Probleme bereitet, weil Wildkräuter, Klee und Blühstreifen fehlen.“ Immerhin ein Rebhuhn-Gockel konnte jüngst bei einem „Verhör“ gefunden werden.

Dabei werden mit Lautsprechern Rebhuhn-Rufe ausgesandt, worauf die gut versteckten Tiere mit Rufen antworten. Wesentlich einfacher sei da die Suche nach Wildschweinen, die bereits über die Siegaue auf die von Wohnbebauung umgebenen Felder eingedrungen seien und sich am Mais bedienten, so der Jagdaufseher. „Auch etwa fünf Füchse leben hier, davon mindestens ein Tier mit Räude. Deren Lebensraum reicht an oder sogar in die Wohngebiete, weil sie dort Nahrung finden. Das Ansteckungsrisiko für Hunde ist groß, ein Hund hat sich auch bereits infiziert. Hunde sollten daher an die Leine genommen werden.“

Streuobstwiese als Rückzugsort für Tiere

Ohnehin sei das wichtig, damit Hunde die Felder nicht mit Kot verschmutzen und nicht auf die Jagd nach Feldhasen und Kaninchen gehen. „Es ist leider einiges aus dem Gleichgewicht geraten“, erklärt Neumeister, den man übrigens nur selten mit der Flinte auf dem Feld sehen wird: „Das ist ein altes Klischee, hat aber auch seine Geschichte. Wir jungen Jagdaufseher verstehen uns als Heger und Pfleger, so wie es das Jagdgesetz vorsieht.“ Eine Bestandskontrolle bei Kaninchen, die sich rasch vermehren und große Fressschäden hinterlassen, sei notwendig, so der Jagdpächter. „Aber hier wird es keine Treibjagden mehr mit zehn, zwanzig oder mehr Jägern geben, sondern ganz gezielte Eingriffe.“

Das freut auch den Diplombiologe Andreas Fey, dessen Streuobstwiese bei solchen Jagden der einzige geschützte Rückzugsort für die Tiere war: „Die Zusammenarbeit mit den neuen Jagdpächtern ist mit der vorherigen Situation nicht vergleichbar und sehr konstruktiv. Wir wollen nun die Landwirte mit ins Boot holen, aber auch die Spaziergänger und Hundehalter. Artenvielfalt und Naturschutz gelingen nur, wenn wirklich alle Beteiligten an einem Strang ziehen.“

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