Rhein-Sieg-Kreis Feuerwehr will weiblicher werden

SANKT AUGUSTIN/KREIS · 14 Frauen bei aktuell 232 Aktiven - weil sie diese Quote für ausbaufähig halten, haben Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Sankt Augustin als erste Wehrleute des Kreises eine Kampagne gestartet. Das Ziel: weibliche Verstärkung.

 Neu dabei bei der Feuerwehr ist die Henneferin Laura Anders.

Neu dabei bei der Feuerwehr ist die Henneferin Laura Anders.

Foto: Jens Kleinert

Rund sechs Prozent beträgt der Frauenanteil in ihren Reihen. Die Sankt Augustiner glauben, dass es besser geht: "Gegenüber den übrigen 94 Prozent ist das kein Verhältnis, aber da kann man ja etwas dran tun", sagt ihr Sprecher Sascha Lienesch. "Wir sind der Meinung, dass Frauen genauso in die Feuerwehr gehören wie Männer und wollen den Frauen deshalb zeigen, dass sie bei uns willkommen sind."

Erreichen wollen die Wehrleute ihr Ziel unter anderem mit gezielter, nutzerbasierter Werbung auf Facebook. Interviews mit fünf langjährigen Feuerwehrfrauen und eine Internetseite mit weiteren Infos sollen Lust auf mehr machen und potenzielle Kandidatinnen zum Hineinschnuppern animieren. "Wenn die Frauen dann nach zwei, drei Malen sagen, dass es sie interessiert und es auch zwischenmenschlich passt, kleiden wir sie ein und sie können an den Übungen teilnehmen", sagt Lienesch.

Entscheiden sich die Interessentinnen endgültig für die Feuerwehr, steht ab Januar ein Grundlehrgang an, der verteilt auf das Jahr an mehreren Wochenenden stattfindet. Die zu erwartende Resonanz schätzt Lienesch aber zurückhaltend ein: "Wenn wir am Ende zwei, drei, vielleicht fünf Interessentinnen haben, die sich das Ganze einmal anschauen wollen, dann ist das schon ein Erfolg."

Kreisweiter Vergleich

Im kreisweiten Vergleich stehen die Sankt Augustiner dabei schon jetzt gar nicht schlecht da: 3318 aktive Feuerwehrleute gibt es derzeit nach Auskunft der 19 freiwilligen Wehren, 211 davon sind Frauen - das bedeutet einen durchschnittlichen Anteil von 6,36 Prozent. Sankt Augustin liegt mit 6,03 Prozent knapp unter diesem Wert, während man etwa in Much unter den 59 Aktiven vergebens nach einer Frau sucht. Spitzenreiter ist Alfter mit 12,14 Prozent.

Warum die Zahlen so unterschiedlich ausfallen, dafür hat auch Dirk Engstenberg keine eindeutige Erklärung. Der Kreisbrandmeister vermutet, dass dort, wo sich einzelne Frauen etabliert hätten, auch anderen der Schritt leichter falle. Dass es mancherorts Widerstände gegen Feuerwehrfrauen geben könnte, glaubt er nicht: "Die Zeiten, dass es Feuerwehren oder einzelne Einheiten gibt, die sagen 'Wir möchten keine Frauen in der Feuerwehr haben', sind zum Glück vorbei."

Das einschlägige Feuerschutzgesetz sei vor nicht allzu langer Zeit dahingehend geändert worden, dass auch Frauen der Eintritt in die Feuerwehr offen stand. Doch nicht wenige Feuerwehrmänner hätten den Frauen die Bewältigung der körperlichen und psychischen Anforderungen nicht zugetraut, so Engstenberg.

In die Männerdömane vorgewagt

Voll anerkannt sind Carina Hassels und Laura Anders. Beide Frauen haben sich in die Männerdomäne vorgewagt und gehören den freiwilligen Wehren ihrer Heimatstädte Sankt Augustin und Hennef an. Während sich die 33-jährige Bankkauffrau Hassels seit fast 17 Jahren in der Löschgruppe Niederpleis engagiert und auch an der Kampagne der Sankt Augustiner teilnimmt, ist Anders erst seit Kurzem im Löschzug Hennef-Stadt aktiv. Über ihren Freund ist die 23-jährige Rettungsassistentin zur Feuerwehr gekommen.

Aufgenommen worden sei sie dann von ihren Kameraden sehr positiv. "Die haben sich alle gefreut, dass mal eine Frau in die Feuerwehr kommt." Klar falle hin und wieder mal ein Spruch - "aber das gehört dazu und ist auch nicht ernst gemeint", so Anders. Leute, die sie kennenlerne, seien trotzdem hin und wieder erstaunt, wenn sie von ihrer Tätigkeit erzähle. Hassels bestätigt das: "So richtig mit Feuerlöschen?" sei meist die erste Frage, die sie sich anhören müsse. Oft angesprochen werde auch der körperliche Aspekt der Feuerwehrarbeit. Für die Frauen aber ist das kein Thema: "Es gibt männliche Kameraden, die kleiner oder schwächer sind als ich", sagt Hassels, "von daher macht jeder das, was er kann." Für sie ist es ganz normal, bei der Feuerwehr zu sein: "Vor ein paar Jahren meinte noch mal jemand zu mir, dass Frauen seiner Meinung nach in der Feuerwehr nichts verloren hätten. Aber das hört man heute eigentlich kaum noch. Das zu sagen kann man sich nicht mehr erlauben."

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