Grundschule Sankt Martin in Mülldorf Gemeinsam gehen statt mit Mutti fahren

SANKT AUGUSTIN · Die Katholische Grundschule Sankt Martin in Mülldorf will das Rad der Zeit zurückdrehen: Die Schüler sollen den morgendlichen Schulweg zusammen zurücklegen, anstatt von ihrer Mutter gefahren zu werden.

 Menschenschlange am Morgen: Die Laufgruppe auf dem Weg zur Schule.

Menschenschlange am Morgen: Die Laufgruppe auf dem Weg zur Schule.

Foto: Thomas Heinemann

Es ist 7.30 Uhr am frühen Morgen, die Sonne ist erst vor wenigen Minuten aufgegangen. Doch davon sehen die 21 Grundschüler nichts, die sich heute ein erstes Mal gemeinsam an einer Kreuzung in Mülldorf treffen. Es ist kalt, dichter Nebel liegt in den Straßen.

Im Licht der Scheinwerfer vorbeifahrender Autos leuchten die Reflexstreifen an den Schulranzen der Kinder. Die meisten Autofahrer bremsen sofort ab, schauen neugierig. Ebenso die Radfahrer, die meisten ohne Licht und im Nebel nur als Silhouette zu erkennen. Gemeinsam wollen die Schüler den Schulweg antreten, als Gruppe und zu Fuß.

Was über Jahrzehnte üblich war, ist heute an vielen Orten von autofahrenden Eltern abgelöst worden. Die Katholische Grundschule Sankt Martin in Mülldorf will das ein Stück weit rückgängig machen, sagt Schulleiterin Ingrid Röhl: "Es gibt verschiedene, ähnliche Aktionen von Verkehrswachten. Aber für uns ist es das erste Mal, dass wir als Schule Kinder dazu bewegen möchten, zu Fuß zur Schule zu kommen. Oftmals sind es die Eltern, die den Anstoß brauchen."

Die an der Kreuzung wartenden Kinder zumindest sind begeistert - und überrascht, welche Mitschüler noch alles in der unmittelbaren Nachbarschaft wohnen und eigentlich den gleichen Schulweg nutzen. "Wenn die Kinder sehen, mit wem sie gemeinsam gehen können, kann das Projekt Früchte tragen", sagt Ingrid Röhl, die zum Auftakt der Aktion selbst mit einer Gruppe mitläuft.

Absolutes Halteverbot wird täglich ignoriert

Die Gründe des gemeinsamen Laufens liegen auf der Hand, sagt die Schulleiterin: "Als Tut-mir-gut-Schule ist Bewegung ein wichtiges Element für uns. Bewegung an der frischen Luft tut gut, außerdem können die Kinder schon einmal erzählen und kommen entspannter an."

Und sicherer: In anderen Ländern ist der sogenannte "Walking Bus" für Schüler längst Tagesordnung. Dort, wo ein Fußweg zu lang oder zu gefährlich ist, werden "drop-off zones" oder "kiss and ride" eingerichtet - Stellen, an denen Autofahrer ihre Kinder sicher aussteigen lassen können. Eine solche Zone gibt es aus Platzgründen an der Mülldorfer Grundschule nicht.

Aus Gründen der Verkehrssicherheit wurde an der Gartenstraße im Bereich der Schule eigens ein absolutes Halteverbot ausgesprochen. Täglich wird es ignoriert, berichten Lehrer ebenso aus Erfahrung wie Bernd Sucker vom Ordnungsamt, der anlässlich der Aktion in voller Dienstkleidung vor der Schule steht.

Doch das hält nur wenige Autofahrer - in der Regel Mütter - vom Halten unmittelbar vor dem Schulhof, ja sogar unmittelbar vor dem Mitarbeiter des Ordnungsamts, ab. "Es ist unfassbar" entgleitet es Schulleiterin Ingrid Röhl, während Bernd Sucker zum wiederholten Male an diesem Morgen ein aufklärendes Gespräch führt.

Ob es hilft? Dazu will Bernd Sucker nichts sagen, nur: "Es ist überall so, bei Schulen wie bei Kindergärten. Wir sind aber regelmäßig vor Ort und kontrollieren." Bei einigen Eltern müsse man dicke Bretter bohren, gibt die Schulleiterin aus Erfahrung zu erkennen: "Wir sehen es ja täglich: Die Kinder schauen nicht auf den Verkehr, wenn sie aus den Autos herausgelassen werden. Gerade wenn mehrere Autos kommen, einige aneinander vorbei- oder rückwärts fahren und noch Kinder dazwischen durchhuschen, wird es gefährlich. Aber ich glaube, einige Eltern würden, wenn der Schulhof offen wäre, da mal eben drauffahren."

Dabei habe die Schule ihren Schülern und deren Eltern den Druck der Pünktlichkeit zur ersten Stunde vor Jahren genommen, den offenen Unterrichtsbeginn zwischen 8 und 8.15 Uhr eingeführt. "Damit können Kinder viel entspannter ankommen und in den Tag starten", sagt Röhl. Und am besten täten sie dies mit einem kurzen, gemeinsamen Spaziergang zur Schule.

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